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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719.

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Von denen Hunden.
[Spaltenumbruch] nem langen Riemen, das Henge-Seil
genannt, stets geführet oder geleitet wird,
wird er der Leit-Hund genennet. Er hat
an sich selbst einen strengen Orden und
muß, damit er seinen Geruch nicht ver-
derben möge, beständig gegen die Sonne
mit der Kette an einem trockenen Ort
angeleget seyn, dann er durch vieles Umb-
lauffen sich nicht allein das Hasen-Jagen
angewöhnen, sondern auch seinen Ge-
ruch durch herumbschnopern der Koch-
Töpffe von sauer und süsser Brüche ver-
derben würde, welche grobe Dünste sol-
cher Speisen verhindern, daß die reinen
Atomi des zarten Geruchs und gerin-
ge Empfindlichkeit der Spuhr des Wilds
Dunst nicht wenig schwächen und sehr
verhindern, dahero er von Jugend auf,
in solchem strengen Leben erhalten wird,
ihn desto nützlicher zu gebrauchen. Er
soll seyn von mittelmäßiger Grösse, gelb-
lichter Farbe, einem zierlichen förmli-
chen, doch dicken Kopff, weiten Nasen-
Löchern, grossen Lappen umb den Mund,
Spannenlang hangenden Ohren, starck
von Brust und Creutz, einem langen
Halß, starcken Läufften, deren die
vördern kürtzer, als die hintern, ei-
nem abhängigten Schwantz oder Ru-
the, und meistens gebildet, wie ein nie-
driger Mittel-Jagd-Hund aussiehet.
Jhre Art ist nicht zu bellen, anzuschlagen
oder laut zu seyn, wormit sie das Wild
verstöhren würden, sondern sie werden
von Jugend auf bey denen Menschen an-
gebunden zu seyn gewöhnet, das Wild
in der Stille zu spühren und ihren Wey-
[Spaltenumbruch] demann auf der Gefährd des Wilds an-
zuführen. Wann sie in der Jugend
noch klein sind, sind sie blöde und erschre-
cken, und fürchten sich vor allem, ver-
kriechen sich öffters in Stroh, schreyen
gantz wilde, sind sehr scheu und müssen
bey der Aufferziehung wohl in acht ge-
nommen werden, daß man sie ja nicht schla-
ge, oder von andern Hunden beissen las-
se. Sie lassen sich gerne liebeln und strei-
chen und müssen freundlich von Jugend
auf zum führen bändig gemacht wer-
den. Jhr Fraß ist einig und allein Brod
mit Milch und guter Brühe von zahmem
Fleisch zu ordentlicher Zeit, Frühe, Mit-
tags und Abends; Aber von keinem
Wildpräth müssen sie etwas bekommen,
es sey dann daß man Hirsch-Schweiß
hat. Sie müssen von Jugend auff zu
führen vor sich her gewöhnet werden,
auf lustigen Feldern und grünen Rasen,
nur daß sie ja keine Spuhr von Füchsen
oder Hasen finden, dann sie halten von
Natur die Nase zur Erden, welches
ihnen ja nicht durch schlagen verdor-
ben werden soll. Einige Jäger blen-
den ihnen die Augen durch einen brau-
nen Staub-Pültz, damit sie sich mehr
auf die Nase zu suchen, als mit denen
Augen zu gucken verlassen können, weiln
sie sonsten die Spuhr übergehen. Die
Nasen-Löcher muß man ihnen fleißig
mit altem Käse reiben, daß sie dieselben
ablecken, also reinigen und den Geruch
stärcken, damit sie nichts leichtlich von der
Spuhr übergehen, sondern alles an-
zeigen.

Von dem Schweiß-Hunde.
[Spaltenumbruch]

Dieser Hund ist nechst dem Leit-
Hund fast der nöthigste und nützlichste;
Maassen ohne denselben das sonsten oh-
ne diß sehr übel von einem unachtsamen
Weydemann zu Holtz geschossene Wild
wohl schwerlich würde gefunden, viel-
mehr aber von Füchsen, Krähen und
andern Thieren verzehret werden und
denen Menschen nicht zu Nutzen kom-
men, sondern, zumahl in der warmen
Sommers-Zeit leicht in wenig Stunden
anlauffen und verderben müssen, daß
nichts, als die verschimmelten Knochen
darvon übrig bleiben und mit der Zeit
ohngefehr gefunden werden würden.
Zu solchem Ende wird der Schweiß-
Hund, sobald ein wild Thier angeschos-
[Spaltenumbruch] sen, daß solches in der Angst vor Schmer-
tzen in einer Furie weit fortläufft, auff
der Fährd oder ausgelassenem Schweiß
angeführet; Und weiln dasselbe, indem
es insgemein weidewund, oder durch
den Wanst, Mast-Darm, oder Geschei-
de getroffen worden, hiervon je länger
je kräncker und matter wird, und, wann
man ihm Ruhe lässet, in dem nechsten
Behältniß sich nieder thut und verbir-
get, so gehet man ihm mit dem Schweiß-
Hunde nach, und suchet in der Stille so
lange, wenn es auch schon wieder zu
Walde gangen wäre, biß man es mit
allen Ein- und Ausgängen beschlossen,
und gleichsam bestättiget hat. Hierauff
kan man den Hund, der ebenfalls wie

der

Von denen Hunden.
[Spaltenumbruch] nem langen Riemen, das Henge-Seil
genannt, ſtets gefuͤhret oder geleitet wird,
wird er der Leit-Hund genennet. Er hat
an ſich ſelbſt einen ſtrengen Orden und
muß, damit er ſeinen Geruch nicht ver-
derben moͤge, beſtaͤndig gegen die Sonne
mit der Kette an einem trockenen Ort
angeleget ſeyn, dann er durch vieles Umb-
lauffen ſich nicht allein das Haſen-Jagen
angewoͤhnen, ſondern auch ſeinen Ge-
ruch durch herumbſchnopern der Koch-
Toͤpffe von ſauer und ſuͤſſer Bruͤche ver-
derben wuͤrde, welche grobe Duͤnſte ſol-
cher Speiſen verhindern, daß die reinen
Atomi des zarten Geruchs und gerin-
ge Empfindlichkeit der Spuhr des Wilds
Dunſt nicht wenig ſchwaͤchen und ſehr
verhindern, dahero er von Jugend auf,
in ſolchem ſtrengen Leben erhalten wird,
ihn deſto nuͤtzlicher zu gebrauchen. Er
ſoll ſeyn von mittelmaͤßiger Groͤſſe, gelb-
lichter Farbe, einem zierlichen foͤrmli-
chen, doch dicken Kopff, weiten Naſen-
Loͤchern, groſſen Lappen umb den Mund,
Spannenlang hangenden Ohren, ſtarck
von Bruſt und Creutz, einem langen
Halß, ſtarcken Laͤufften, deren die
voͤrdern kuͤrtzer, als die hintern, ei-
nem abhaͤngigten Schwantz oder Ru-
the, und meiſtens gebildet, wie ein nie-
driger Mittel-Jagd-Hund ausſiehet.
Jhre Art iſt nicht zu bellen, anzuſchlagen
oder laut zu ſeyn, wormit ſie das Wild
verſtoͤhren wuͤrden, ſondern ſie werden
von Jugend auf bey denen Menſchen an-
gebunden zu ſeyn gewoͤhnet, das Wild
in der Stille zu ſpuͤhren und ihren Wey-
[Spaltenumbruch] demann auf der Gefaͤhrd des Wilds an-
zufuͤhren. Wann ſie in der Jugend
noch klein ſind, ſind ſie bloͤde und erſchre-
cken, und fuͤrchten ſich vor allem, ver-
kriechen ſich oͤffters in Stroh, ſchreyen
gantz wilde, ſind ſehr ſcheu und muͤſſen
bey der Aufferziehung wohl in acht ge-
nom̃en werden, daß man ſie ja nicht ſchla-
ge, oder von andern Hunden beiſſen laſ-
ſe. Sie laſſen ſich gerne liebeln und ſtrei-
chen und muͤſſen freundlich von Jugend
auf zum fuͤhren baͤndig gemacht wer-
den. Jhr Fraß iſt einig und allein Brod
mit Milch und guter Bruͤhe von zahmem
Fleiſch zu ordentlicher Zeit, Fruͤhe, Mit-
tags und Abends; Aber von keinem
Wildpraͤth muͤſſen ſie etwas bekommen,
es ſey dann daß man Hirſch-Schweiß
hat. Sie muͤſſen von Jugend auff zu
fuͤhren vor ſich her gewoͤhnet werden,
auf luſtigen Feldern und gruͤnen Raſen,
nur daß ſie ja keine Spuhr von Fuͤchſen
oder Haſen finden, dann ſie halten von
Natur die Naſe zur Erden, welches
ihnen ja nicht durch ſchlagen verdor-
ben werden ſoll. Einige Jaͤger blen-
den ihnen die Augen durch einen brau-
nen Staub-Puͤltz, damit ſie ſich mehr
auf die Naſe zu ſuchen, als mit denen
Augen zu gucken verlaſſen koͤnnen, weiln
ſie ſonſten die Spuhr uͤbergehen. Die
Naſen-Loͤcher muß man ihnen fleißig
mit altem Kaͤſe reiben, daß ſie dieſelben
ablecken, alſo reinigen und den Geruch
ſtaͤrcken, damit ſie nichts leichtlich von der
Spuhr uͤbergehen, ſondern alles an-
zeigen.

Von dem Schweiß-Hunde.
[Spaltenumbruch]

Dieſer Hund iſt nechſt dem Leit-
Hund faſt der noͤthigſte und nuͤtzlichſte;
Maaſſen ohne denſelben das ſonſten oh-
ne diß ſehr uͤbel von einem unachtſamen
Weydemann zu Holtz geſchoſſene Wild
wohl ſchwerlich wuͤrde gefunden, viel-
mehr aber von Fuͤchſen, Kraͤhen und
andern Thieren verzehret werden und
denen Menſchen nicht zu Nutzen kom-
men, ſondern, zumahl in der warmen
Sommers-Zeit leicht in wenig Stunden
anlauffen und verderben muͤſſen, daß
nichts, als die verſchimmelten Knochen
darvon uͤbrig bleiben und mit der Zeit
ohngefehr gefunden werden wuͤrden.
Zu ſolchem Ende wird der Schweiß-
Hund, ſobald ein wild Thier angeſchoſ-
[Spaltenumbruch] ſen, daß ſolches in der Angſt vor Schmer-
tzen in einer Furie weit fortlaͤufft, auff
der Faͤhrd oder ausgelaſſenem Schweiß
angefuͤhret; Und weiln daſſelbe, indem
es insgemein weidewund, oder durch
den Wanſt, Maſt-Darm, oder Geſchei-
de getroffen worden, hiervon je laͤnger
je kraͤncker und matter wird, und, wann
man ihm Ruhe laͤſſet, in dem nechſten
Behaͤltniß ſich nieder thut und verbir-
get, ſo gehet man ihm mit dem Schweiß-
Hunde nach, und ſuchet in der Stille ſo
lange, wenn es auch ſchon wieder zu
Walde gangen waͤre, biß man es mit
allen Ein- und Ausgaͤngen beſchloſſen,
und gleichſam beſtaͤttiget hat. Hierauff
kan man den Hund, der ebenfalls wie

der
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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/301>, abgerufen am 21.11.2024.