REcht wundersam ist zu ersehen, wie unter allen Thieren, welche von dem Grossen GOTT er- schaffen worden, die Hunde eintzig und allein bey denen Menschen wohnen und sich zu dessen Dienst willig gebrauchen lassen, wovon, und wegen ihrer besondern Treue, Wachsamkeit, Gehorsam und Liebe zu denen Menschen unzehliche Exempla angeführet werden könten. Wie erzeigten nicht die Hunde ihr Mitleiden, als sich niemand des ar- men Lazari erbarmen wolte und leckten ihm die Schwären, damit sie seine Schmertzen linderten? War nicht des jungen Tobiä sein Hündlein so frölich, als er seinen Herrn wiederumb gesund nach Hause brachte? Wie zuversichtiglich verglieche sich nicht das Cananaeische Weib- lein einem Hündlein, so nur die Brosa- men von seines Herrn Tische aufflese? mehrere Exempla der Heiligen Schrifft Kürtze halber zu übergehen. Vor alters pflegten die Egyptier und Tabier, wann am Firmament des Himmels der Hunds- Stern auffgieng und zu solcher Zeit der Nilus-Fluß sich hefftig zu ergießen begun- te, und die Wiesen und Aecker derer Ein- wohner solcher Gegend fruchtbar befeuch- tete, die Hunde dergestalt in besondern Ehren zu halten, daß sie solche mit sich speissen liessen. Und wann der Isidis Fest war, darbey sie Procession hielten, mu- sten die Hunde voran gehen; So haben [Spaltenumbruch]
sie auch, wann ihnen ein Hund gestor- ben, denselben einbasalmiret und ordent- lich begraben, auch zu Bezeugung des Leidtragens und der Trauer ihr Haupt- Haar abgeschoren, weil sie solche insge- mein als ihre Oracula und Hauß-Gö- tzen, so ihnen verborgene Dinge praesa- giret, mit besonderm Eifer veneriret und in grossem Werth gehalten, wie Plutar- chus und AElianus hiervon ausführlicher geschrieben. Mit was vor grosser Be- trübniß betraurete doch der Lipsius Saphyrum seinen getreuen Hund, als sol- cher in siedendem Wasser verbrannt und gestorben war, so, daß er ihn auch über die Maassen beweinete, denselben mit ei- nem Sarg begraben ließ, und mit vie- len Grabschrifften beehrete, auch zum ste- tigen Andencken abmahlen liesse und die schönsten Verse darunter componirete. Ja es betrübet sich wohl annoch mancher Liebhaber der Hunde, zumahl das liebe Frauenzimmer, wann ihr Schoß- Hündgen, ihr Perlgen, kranck wird, da es denn gewartet und offt besser, als ein armer Mensch, gepfleget, auch, so es stir- bet, mit vielen Thränen beklaget und wohl gar begraben wird, darinnen aber die Menschen sich auch versündigen kön- nen, wie jener Hollsteinische von Adel, welcher vor seinem Ende alle Hunde, de- ren er eine ziemliche Menge hatte, kom- men ließ und da sie nach dem blasen heu- leten, dieselben mit Thränen beweinete, dabey hertzlich betaurete, daß er nach man- cher gehabten Lust nunmehro nach sei-
nem
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[Abbildung]
Dritter Theil/ handelt Von denen Hunden.
[Spaltenumbruch]
REcht wunderſam iſt zu erſehen, wie unter allen Thieren, welche von dem Groſſen GOTT er- ſchaffen worden, die Hunde eintzig und allein bey denen Menſchen wohnen und ſich zu deſſen Dienſt willig gebrauchen laſſen, wovon, und wegen ihrer beſondern Treue, Wachſamkeit, Gehorſam und Liebe zu denen Menſchen unzehliche Exempla angefuͤhret werden koͤnten. Wie erzeigten nicht die Hunde ihr Mitleiden, als ſich niemand des ar- men Lazari erbarmen wolte und leckten ihm die Schwaͤren, damit ſie ſeine Schmertzen linderten? War nicht des jungen Tobiaͤ ſein Huͤndlein ſo froͤlich, als er ſeinen Herrn wiederumb geſund nach Hauſe brachte? Wie zuverſichtiglich verglieche ſich nicht das Cananæiſche Weib- lein einem Huͤndlein, ſo nur die Broſa- men von ſeines Herrn Tiſche auffleſe? mehrere Exempla der Heiligen Schrifft Kuͤrtze halber zu uͤbergehen. Vor alters pflegten die Egyptier und Tabier, wann am Firmament des Him̃els der Hunds- Stern auffgieng und zu ſolcher Zeit der Nilus-Fluß ſich hefftig zu ergießen begun- te, und die Wieſen und Aecker derer Ein- wohner ſolcher Gegend fruchtbaꝛ befeuch- tete, die Hunde dergeſtalt in beſondern Ehren zu halten, daß ſie ſolche mit ſich ſpeiſſen lieſſen. Und wann der Iſidis Feſt war, darbey ſie Procesſion hielten, mu- ſten die Hunde voran gehen; So haben [Spaltenumbruch]
ſie auch, wann ihnen ein Hund geſtor- ben, denſelben einbaſalmiret und ordent- lich begraben, auch zu Bezeugung des Leidtragens und der Trauer ihr Haupt- Haar abgeſchoren, weil ſie ſolche insge- mein als ihre Oracula und Hauß-Goͤ- tzen, ſo ihnen verborgene Dinge præſa- giret, mit beſonderm Eifer veneriret und in groſſem Werth gehalten, wie Plutar- chus und Ælianus hiervon ausfuͤhrlicher geſchrieben. Mit was vor groſſer Be- truͤbniß betraurete doch der Lipſius Saphyrum ſeinen getreuen Hund, als ſol- cher in ſiedendem Waſſer verbrannt und geſtorben war, ſo, daß er ihn auch uͤber die Maaſſen beweinete, denſelben mit ei- nem Sarg begraben ließ, und mit vie- len Grabſchrifften beehrete, auch zum ſte- tigen Andencken abmahlen lieſſe und die ſchoͤnſten Verſe darunter componirete. Ja es betruͤbet ſich wohl annoch mancher Liebhaber der Hunde, zumahl das liebe Frauenzimmer, wann ihr Schoß- Huͤndgen, ihr Perlgen, kranck wird, da es denn gewartet und offt beſſer, als ein armer Menſch, gepfleget, auch, ſo es ſtir- bet, mit vielen Thraͤnen beklaget und wohl gar begraben wird, darinnen aber die Menſchen ſich auch verſuͤndigen koͤn- nen, wie jener Hollſteiniſche von Adel, welcher vor ſeinem Ende alle Hunde, de- ren er eine ziemliche Menge hatte, kom- men ließ und da ſie nach dem blaſen heu- leten, dieſelben mit Thraͤnen beweinete, dabey hertzlich betauꝛete, daß er nach man- cher gehabten Luſt nunmehro nach ſei-
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[[165]/0283]
[Abbildung]
Dritter Theil/
handelt
Von denen Hunden.
REcht wunderſam iſt zu
erſehen, wie unter allen
Thieren, welche von dem
Groſſen GOTT er-
ſchaffen worden, die
Hunde eintzig und allein
bey denen Menſchen
wohnen und ſich zu deſſen Dienſt willig
gebrauchen laſſen, wovon, und wegen
ihrer beſondern Treue, Wachſamkeit,
Gehorſam und Liebe zu denen Menſchen
unzehliche Exempla angefuͤhret werden
koͤnten. Wie erzeigten nicht die Hunde
ihr Mitleiden, als ſich niemand des ar-
men Lazari erbarmen wolte und leckten
ihm die Schwaͤren, damit ſie ſeine
Schmertzen linderten? War nicht des
jungen Tobiaͤ ſein Huͤndlein ſo froͤlich,
als er ſeinen Herrn wiederumb geſund
nach Hauſe brachte? Wie zuverſichtiglich
verglieche ſich nicht das Cananæiſche Weib-
lein einem Huͤndlein, ſo nur die Broſa-
men von ſeines Herrn Tiſche auffleſe?
mehrere Exempla der Heiligen Schrifft
Kuͤrtze halber zu uͤbergehen. Vor alters
pflegten die Egyptier und Tabier, wann
am Firmament des Him̃els der Hunds-
Stern auffgieng und zu ſolcher Zeit der
Nilus-Fluß ſich hefftig zu ergießen begun-
te, und die Wieſen und Aecker derer Ein-
wohner ſolcher Gegend fruchtbaꝛ befeuch-
tete, die Hunde dergeſtalt in beſondern
Ehren zu halten, daß ſie ſolche mit ſich
ſpeiſſen lieſſen. Und wann der Iſidis Feſt
war, darbey ſie Procesſion hielten, mu-
ſten die Hunde voran gehen; So haben
ſie auch, wann ihnen ein Hund geſtor-
ben, denſelben einbaſalmiret und ordent-
lich begraben, auch zu Bezeugung des
Leidtragens und der Trauer ihr Haupt-
Haar abgeſchoren, weil ſie ſolche insge-
mein als ihre Oracula und Hauß-Goͤ-
tzen, ſo ihnen verborgene Dinge præſa-
giret, mit beſonderm Eifer veneriret und
in groſſem Werth gehalten, wie Plutar-
chus und Ælianus hiervon ausfuͤhrlicher
geſchrieben. Mit was vor groſſer Be-
truͤbniß betraurete doch der Lipſius
Saphyrum ſeinen getreuen Hund, als ſol-
cher in ſiedendem Waſſer verbrannt und
geſtorben war, ſo, daß er ihn auch uͤber
die Maaſſen beweinete, denſelben mit ei-
nem Sarg begraben ließ, und mit vie-
len Grabſchrifften beehrete, auch zum ſte-
tigen Andencken abmahlen lieſſe und die
ſchoͤnſten Verſe darunter componirete.
Ja es betruͤbet ſich wohl annoch mancher
Liebhaber der Hunde, zumahl das liebe
Frauenzimmer, wann ihr Schoß-
Huͤndgen, ihr Perlgen, kranck wird, da
es denn gewartet und offt beſſer, als ein
armer Menſch, gepfleget, auch, ſo es ſtir-
bet, mit vielen Thraͤnen beklaget und
wohl gar begraben wird, darinnen aber
die Menſchen ſich auch verſuͤndigen koͤn-
nen, wie jener Hollſteiniſche von Adel,
welcher vor ſeinem Ende alle Hunde, de-
ren er eine ziemliche Menge hatte, kom-
men ließ und da ſie nach dem blaſen heu-
leten, dieſelben mit Thraͤnen beweinete,
dabey hertzlich betauꝛete, daß er nach man-
cher gehabten Luſt nunmehro nach ſei-
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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. [165]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/283>, abgerufen am 30.12.2024.
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