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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719.

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Anderer Theil/
[Spaltenumbruch] gen wird, in unglaublicher Geschwindig-
keit, jedoch eine Art mehr, als die ande-
re, wodurch er sehr hoch in der Lufft, so
er abgeschicket, den Raub erhaschet, oder
unterschiedliche Vögel herab auf die Er-
den stösset. Er führet seine Jungen zu
fangen und rauben fleißig an und fänget
Vögel in der Lufft, drücket selbige u. lässet
sie wieder fliegen, damit sie die Jungen
desto leichter fangen können. Es pfleget
die Art aus Norden stärcker und kräff-
tiger, aber auch abzurichten härter zu
seyn. Das ist nur das schlimmste von ihm,
zumahl von hiesigen, was er im ersten
Fluge oder stossen nicht fänget, davon
läßet er ab, verdriesset ihn und setzet sich
auff die Bäume, so kommt manches um,
das man nicht erlanget. Wiewohl dieses
die Jungen nicht thun. Er wird von uns
Deutschen, Vabich als ob ich spreche, er
hätte es und von denen Lateinern, accipi-
ter ab accipiendo,
vom geschwinde zu greif-
fen, genennet. Vor andern Raub-Vö-
geln hiesiges Landes hat er billig den Vor-
[Spaltenumbruch] zug, ausser dem Blaufuß, welcher etwas
grösser und zu fangen und würgen ferti-
ger ist; indem er mit seinen Ballen oder
Ferse Klauen beym ersten Schlag der-
gestalt schläget, daß es gleich dumm wird
und so dann erstlich hinauff greiffet: Er
horstet zwar hier zu Lande wohl in Wäl-
dern, auch in altem Gemäuer, doch wird
er wenig gefunden; Wegen seiner wür-
gerischen Art aber von denen Falconie-
r
ern sonderlich gesuchet und zu Hasen,
Enten und Reb-Hühner peitzen gebrau-
chet, und abgetragen: Ziehet auch Herbst-
Zeit von uns hinweg und ist edler zu
schätzen, als der Habicht, weil er dauer-
haffter verfolget, der Habicht aber leicht
läunisch und überdrüssig wird. Diese
Raub-Vögel werden zu peitzen nach hie-
siger Landes Art gebrauchet und abge-
tragen, weßwegen solche mit dem bekan-
ten Habicht-Netz und einer weissen Tau-
ben gefangen werden, was aber rechte
Falcken heissen, werden aus Britanien
oder Jrrland zu uns meistens gebracht.

Vom Sperber und Baum-Falcken.
[Spaltenumbruch]

Dieser ist zwar etwas kleiner, auch
kleiner gesperbert von Federn, als der
Habicht und hat gelbe Fänge, kommt
aber sonst mit horsten, abstreichen und
wegziehen dem Habicht in allen gleich,
nur daß er graulichter von Farbe und
spitziger von Gewächs anzusehen. Er
wird auch abgetragen, und weil er schwä-
cher, braucht man ihn nur auf Rebhüh-
ner, so noch nicht flücke sind, Wachteln
und Lerchen. Der Sperber hat einen ü-
ber sich kleinen rundten Kopff, und einen
starcken Schnabel, die Aug-Aepffel
sind mit einem weißgrünlichten Creyß
umbgeben, der Halß ist länglicht und
starck, die Flügel sind lang und spitzig,
die Füsse kurtz, die Zehen lang und subtil,
die Klauen scharff und spitzig, die Schul-
tern der Flügel groß und breit und die
Schwingfedern so wohl als Schweiff
starck und schwartz: Jst auff dem Rü-
cken bräunlicht und hat auf der Brust
schwärtzlichte Flecke und Spitzen, wie ei-
ne Schnärr. Dieser Vogel ist so muthig
und greiffet alles frölich an, was man
ihm nur zeiget: wird auch seinem Herrn
nichts versagen, denn er im Flug schnell,
im Fangen geschickt, im Wiederkehren
willig, und mit seinem Häublein gedul-
tig ist, auch alles, was man mit ihm vor-
[Spaltenumbruch] nimmt, machen lässet und hat wegen sei-
ner sonderbaren Tugenden dis Privile-
gium:
wann ein Falcken-Verkäuffer
einen Sperber darbey hat, daß die an-
dern alle Zollfrey sind. Es ist auch der
Sperber ein hoffärtiger Vogel, von gu-
tem Gedächtniß; So ihm Verdruß ge-
schiehet, setzet er allen Gehorsam weg und
will vielmehr mit Liebe, als Furcht ge-
halten seyn. Er ist in seinem Fangen
beständig und lässet nicht ab seinen
Raub zu ergreiffen, biß ihn sein Falck-
ner begütiget und ihm seine Gebühr da-
vor giebet; Nistet gerne auff Tannen,
leget drey Eyer: So lang das Weiblein
brütet, bringet das Männlein den
Raub zu. Währender Zeit, da sie
maussen, von Martio biß August und
die Federn fallen lassen, fangen sie indeß
Mäuse, Frösche und junge kleine Vögel:
Ob zwar zwischen dem Sperber und
Baum-Falcken, von welchem jetzo mel-
den will, an Grösse, Horsten und Zuge
kein Unterscheid ist, so findet sich doch der-
selbe an der Farbe, maassen dieser auff
dem Rücken blaulicht und unterm Hal-
se gelblicht, in der mitten aber schwartz
siehet. Sie streichen am allerlängsten,
und zwar umb Jacobi erstlich von ihrem
Horste ab und sind zun Lerchen sonder-

lich

Anderer Theil/
[Spaltenumbruch] gen wird, in unglaublicher Geſchwindig-
keit, jedoch eine Art mehr, als die ande-
re, wodurch er ſehr hoch in der Lufft, ſo
er abgeſchicket, den Raub erhaſchet, oder
unterſchiedliche Voͤgel herab auf die Er-
den ſtoͤſſet. Er fuͤhret ſeine Jungen zu
fangen und rauben fleißig an und faͤnget
Voͤgel in der Lufft, druͤcket ſelbige u. laͤſſet
ſie wieder fliegen, damit ſie die Jungen
deſto leichter fangen koͤnnen. Es pfleget
die Art aus Norden ſtaͤrcker und kraͤff-
tiger, aber auch abzurichten haͤrter zu
ſeyn. Das iſt nur das ſchlimmſte von ihm,
zumahl von hieſigen, was er im erſten
Fluge oder ſtoſſen nicht faͤnget, davon
laͤßet er ab, verdrieſſet ihn und ſetzet ſich
auff die Baͤume, ſo kommt manches um,
das man nicht erlanget. Wiewohl dieſes
die Jungen nicht thun. Er wird von uns
Deutſchen, Vabich als ob ich ſpreche, er
haͤtte es und von denen Lateinern, accipi-
ter ab accipiendo,
vom geſchwinde zu gꝛeif-
fen, genennet. Vor andern Raub-Voͤ-
geln hieſiges Landes hat er billig den Vor-
[Spaltenumbruch] zug, auſſer dem Blaufuß, welcher etwas
groͤſſer und zu fangen und wuͤrgen ferti-
ger iſt; indem er mit ſeinen Ballen oder
Ferſe Klauen beym erſten Schlag der-
geſtalt ſchlaͤget, daß es gleich dumm wird
und ſo dann erſtlich hinauff greiffet: Er
horſtet zwar hier zu Lande wohl in Waͤl-
dern, auch in altem Gemaͤuer, doch wird
er wenig gefunden; Wegen ſeiner wuͤr-
geriſchen Art aber von denen Falconie-
r
ern ſonderlich geſuchet und zu Haſen,
Enten und Reb-Huͤhner peitzen gebrau-
chet, und abgetragen: Ziehet auch Herbſt-
Zeit von uns hinweg und iſt edler zu
ſchaͤtzen, als der Habicht, weil er dauer-
haffter verfolget, der Habicht aber leicht
laͤuniſch und uͤberdruͤſſig wird. Dieſe
Raub-Voͤgel werden zu peitzen nach hie-
ſiger Landes Art gebrauchet und abge-
tragen, weßwegen ſolche mit dem bekan-
ten Habicht-Netz und einer weiſſen Tau-
ben gefangen werden, was aber rechte
Falcken heiſſen, werden aus Britanien
oder Jrrland zu uns meiſtens gebracht.

Vom Sperber und Baum-Falcken.
[Spaltenumbruch]

Dieſer iſt zwar etwas kleiner, auch
kleiner geſperbert von Federn, als der
Habicht und hat gelbe Faͤnge, kommt
aber ſonſt mit horſten, abſtreichen und
wegziehen dem Habicht in allen gleich,
nur daß er graulichter von Farbe und
ſpitziger von Gewaͤchs anzuſehen. Er
wird auch abgetragen, und weil er ſchwaͤ-
cher, braucht man ihn nur auf Rebhuͤh-
ner, ſo noch nicht fluͤcke ſind, Wachteln
und Lerchen. Der Sperber hat einen uͤ-
ber ſich kleinen rundten Kopff, und einen
ſtarcken Schnabel, die Aug-Aepffel
ſind mit einem weißgruͤnlichten Creyß
umbgeben, der Halß iſt laͤnglicht und
ſtarck, die Fluͤgel ſind lang und ſpitzig,
die Fuͤſſe kurtz, die Zehen lang und ſubtil,
die Klauen ſcharff und ſpitzig, die Schul-
tern der Fluͤgel groß und breit und die
Schwingfedern ſo wohl als Schweiff
ſtarck und ſchwartz: Jſt auff dem Ruͤ-
cken braͤunlicht und hat auf der Bruſt
ſchwaͤrtzlichte Flecke und Spitzen, wie ei-
ne Schnaͤrr. Dieſer Vogel iſt ſo muthig
und greiffet alles froͤlich an, was man
ihm nur zeiget: wird auch ſeinem Herrn
nichts verſagen, denn er im Flug ſchnell,
im Fangen geſchickt, im Wiederkehren
willig, und mit ſeinem Haͤublein gedul-
tig iſt, auch alles, was man mit ihm vor-
[Spaltenumbruch] nimmt, machen laͤſſet und hat wegen ſei-
ner ſonderbaren Tugenden dis Privile-
gium:
wann ein Falcken-Verkaͤuffer
einen Sperber darbey hat, daß die an-
dern alle Zollfrey ſind. Es iſt auch der
Sperber ein hoffaͤrtiger Vogel, von gu-
tem Gedaͤchtniß; So ihm Verdruß ge-
ſchiehet, ſetzet er allen Gehorſam weg und
will vielmehr mit Liebe, als Furcht ge-
halten ſeyn. Er iſt in ſeinem Fangen
beſtaͤndig und laͤſſet nicht ab ſeinen
Raub zu ergreiffen, biß ihn ſein Falck-
ner beguͤtiget und ihm ſeine Gebuͤhr da-
vor giebet; Niſtet gerne auff Tannen,
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bruͤtet, bringet das Maͤnnlein den
Raub zu. Waͤhrender Zeit, da ſie
mauſſen, von Martio biß Auguſt und
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Maͤuſe, Froͤſche und junge kleine Voͤgel:
Ob zwar zwiſchen dem Sperber und
Baum-Falcken, von welchem jetzo mel-
den will, an Groͤſſe, Horſten und Zuge
kein Unterſcheid iſt, ſo findet ſich doch der-
ſelbe an der Farbe, maaſſen dieſer auff
dem Ruͤcken blaulicht und unterm Hal-
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ſiehet. Sie ſtreichen am allerlaͤngſten,
und zwar umb Jacobi erſtlich von ihrem
Horſte ab und ſind zun Lerchen ſonder-

lich
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[154/0270] Anderer Theil/ gen wird, in unglaublicher Geſchwindig- keit, jedoch eine Art mehr, als die ande- re, wodurch er ſehr hoch in der Lufft, ſo er abgeſchicket, den Raub erhaſchet, oder unterſchiedliche Voͤgel herab auf die Er- den ſtoͤſſet. Er fuͤhret ſeine Jungen zu fangen und rauben fleißig an und faͤnget Voͤgel in der Lufft, druͤcket ſelbige u. laͤſſet ſie wieder fliegen, damit ſie die Jungen deſto leichter fangen koͤnnen. Es pfleget die Art aus Norden ſtaͤrcker und kraͤff- tiger, aber auch abzurichten haͤrter zu ſeyn. Das iſt nur das ſchlimmſte von ihm, zumahl von hieſigen, was er im erſten Fluge oder ſtoſſen nicht faͤnget, davon laͤßet er ab, verdrieſſet ihn und ſetzet ſich auff die Baͤume, ſo kommt manches um, das man nicht erlanget. Wiewohl dieſes die Jungen nicht thun. Er wird von uns Deutſchen, Vabich als ob ich ſpreche, er haͤtte es und von denen Lateinern, accipi- ter ab accipiendo, vom geſchwinde zu gꝛeif- fen, genennet. Vor andern Raub-Voͤ- geln hieſiges Landes hat er billig den Vor- zug, auſſer dem Blaufuß, welcher etwas groͤſſer und zu fangen und wuͤrgen ferti- ger iſt; indem er mit ſeinen Ballen oder Ferſe Klauen beym erſten Schlag der- geſtalt ſchlaͤget, daß es gleich dumm wird und ſo dann erſtlich hinauff greiffet: Er horſtet zwar hier zu Lande wohl in Waͤl- dern, auch in altem Gemaͤuer, doch wird er wenig gefunden; Wegen ſeiner wuͤr- geriſchen Art aber von denen Falconie- rern ſonderlich geſuchet und zu Haſen, Enten und Reb-Huͤhner peitzen gebrau- chet, und abgetragen: Ziehet auch Herbſt- Zeit von uns hinweg und iſt edler zu ſchaͤtzen, als der Habicht, weil er dauer- haffter verfolget, der Habicht aber leicht laͤuniſch und uͤberdruͤſſig wird. Dieſe Raub-Voͤgel werden zu peitzen nach hie- ſiger Landes Art gebrauchet und abge- tragen, weßwegen ſolche mit dem bekan- ten Habicht-Netz und einer weiſſen Tau- ben gefangen werden, was aber rechte Falcken heiſſen, werden aus Britanien oder Jrrland zu uns meiſtens gebracht. Vom Sperber und Baum-Falcken. Dieſer iſt zwar etwas kleiner, auch kleiner geſperbert von Federn, als der Habicht und hat gelbe Faͤnge, kommt aber ſonſt mit horſten, abſtreichen und wegziehen dem Habicht in allen gleich, nur daß er graulichter von Farbe und ſpitziger von Gewaͤchs anzuſehen. Er wird auch abgetragen, und weil er ſchwaͤ- cher, braucht man ihn nur auf Rebhuͤh- ner, ſo noch nicht fluͤcke ſind, Wachteln und Lerchen. Der Sperber hat einen uͤ- ber ſich kleinen rundten Kopff, und einen ſtarcken Schnabel, die Aug-Aepffel ſind mit einem weißgruͤnlichten Creyß umbgeben, der Halß iſt laͤnglicht und ſtarck, die Fluͤgel ſind lang und ſpitzig, die Fuͤſſe kurtz, die Zehen lang und ſubtil, die Klauen ſcharff und ſpitzig, die Schul- tern der Fluͤgel groß und breit und die Schwingfedern ſo wohl als Schweiff ſtarck und ſchwartz: Jſt auff dem Ruͤ- cken braͤunlicht und hat auf der Bruſt ſchwaͤrtzlichte Flecke und Spitzen, wie ei- ne Schnaͤrr. Dieſer Vogel iſt ſo muthig und greiffet alles froͤlich an, was man ihm nur zeiget: wird auch ſeinem Herrn nichts verſagen, denn er im Flug ſchnell, im Fangen geſchickt, im Wiederkehren willig, und mit ſeinem Haͤublein gedul- tig iſt, auch alles, was man mit ihm vor- nimmt, machen laͤſſet und hat wegen ſei- ner ſonderbaren Tugenden dis Privile- gium: wann ein Falcken-Verkaͤuffer einen Sperber darbey hat, daß die an- dern alle Zollfrey ſind. Es iſt auch der Sperber ein hoffaͤrtiger Vogel, von gu- tem Gedaͤchtniß; So ihm Verdruß ge- ſchiehet, ſetzet er allen Gehorſam weg und will vielmehr mit Liebe, als Furcht ge- halten ſeyn. Er iſt in ſeinem Fangen beſtaͤndig und laͤſſet nicht ab ſeinen Raub zu ergreiffen, biß ihn ſein Falck- ner beguͤtiget und ihm ſeine Gebuͤhr da- vor giebet; Niſtet gerne auff Tannen, leget drey Eyer: So lang das Weiblein bruͤtet, bringet das Maͤnnlein den Raub zu. Waͤhrender Zeit, da ſie mauſſen, von Martio biß Auguſt und die Federn fallen laſſen, fangen ſie indeß Maͤuſe, Froͤſche und junge kleine Voͤgel: Ob zwar zwiſchen dem Sperber und Baum-Falcken, von welchem jetzo mel- den will, an Groͤſſe, Horſten und Zuge kein Unterſcheid iſt, ſo findet ſich doch der- ſelbe an der Farbe, maaſſen dieſer auff dem Ruͤcken blaulicht und unterm Hal- ſe gelblicht, in der mitten aber ſchwartz ſiehet. Sie ſtreichen am allerlaͤngſten, und zwar umb Jacobi erſtlich von ihrem Horſte ab und ſind zun Lerchen ſonder- lich

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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/270>, abgerufen am 21.12.2024.