[Spaltenumbruch]Ductus zwischen Haut und Fleisch habe, oder ob es innewendig hohl, perpetuir- lich, wie andere Geissen oder Ziegen, fe- ste aus der Hirn-Schale gewachsen, weilen sich, der Einwohner und Gemsen- [Spaltenumbruch]
Steiger Vorgeben nach, die Gems da- mit an die Klippen anhängen solle: Und weil dieses ein fremdes Thier, so mir niemahls zu Hand kommen, habe nichts gewisses melden können.
Anatomia eines Biebers.
[Spaltenumbruch]
Weil dieses Thier gleichfalls hier zu Lande sehr rar und man wenig oder kei- nes antreffen wird, hingegen Jemand ebenfalls curieux seyn mögte, dessen inne- re Beschaffenheit zu wissen, so habe so- viel hierzu für nöthig erachtet, aus einem Frantzösischen Autore colligiret. Der Bieber, von welchem itztbesagter Autor handelt, ist in der Jnsul Canada gefan- gen worden, dessen Structur einer Fisch- Otter ziemlich gleich gewesen, jedoch grös- ser, und dicker, am Gewicht 30. Pfund, die Länge war drey und ein halber Fuß, die Dicke des Leibes aber 10. Zoll, die Haa- re waren zweyerley, etliche lang, von ein und einen halben Zoll u. starck wie Pfer- de-Haar, von Farbe braun und glän- tzend, etliche kurtz, und weich, wie Sam- met, wovon die bekanten Castor- Hüthe und Strümpffe fabriciret wer- den: Der Kopff war 5. Zoll lang und eben soviel Zoll breit und hatte kurtze runde Ohren, wie eine Fisch-Otter. De- rer Vorder-Zähne waren 4. wovon die untersten länger und wie Meissel geschärf- fet stunden, von gelblichter Farbe, die o- bern aber kürtzer; am Kienbacken hatte er zu jeder Seiten acht Back-Zähne. Die Hinter-Füsse und Finger waren lang und zwischen denen Zehen, wie bey der Fisch-Otter, denen Gänse-Füssen ähnlich, mit einer Haut zusammen ge- füget und zu schwimmen sehr bequehm, die Vordersten hingegen hatten kein Häutgen, waren auch kürtzer und ge- stalt wie Menschen-Hände; Die Nägel waren krum und hohl wie eine Schrei- be-Feder. Der Schwantz hatte was besonders, maassen er gantz keine ähnlich- keit des Leibes, sondern eine Natur wie von Fischen componiret an sich hatte: Er war von einem zusammen gesetzten schuppichten Wesen, welches ein Häut- lein zusammen fügete, die Schuppen wa- ren meist sechseckigt, ungleicher Gestalt, darzwischen viel kleine gedrehete Härlein heraus giengen. Sobald der Balg ge- streiffet, fielen die Schuppen des Schwan- tzes von sich selbst herab, als man nun [Spaltenumbruch]
diesen Schwantz auffgeschnitten, hatte er ein fischigtes schwammigtes fleischig- tes Wesen und Geruch; Die Grösse war 11. Zoll lang, oben am Leibe 4. Zoll breit und dicke, in der Mitten 5. Zoll breit, 2. Zoll dick, welches sich mit einer ovalen Spitze endigte: Unter dem Schwantz war das Weydeloch zu sehen, welches länglicht rund, schwärtzlicht und ohne Haare war. Als nun die Ruthe und der Bauch geöffnet, fand man zwey klei- ne Höhlen zu jeder Seite, so sehr enge und klein waren, nicht weit davon sahe man zwey Hübel, darinnen unten die Biebergeyl waren. Als nun die Hübel eröffnet, fand man vier grosse Säckgen, wovon zwey unten, und zwey oben la- gen, welche fast einem Hertz ähnlich, die Breite und Dicke war zwey Zoll, von A- schegrauer Farbe, mit weissen Linien untermischet. Nach Eröffnung der Bla- se fand man die innerlichen gleichfalls grau und fleischicht, welche ziemlicher maassen gestuncken und oben zu sammen correspondirten; Die untersten beyden Geylen waren gestalt wie eine umbge- kehrte Birn, von einer eyterigten Ma- terie, darinnen eigentlich die rechten Gey- len von gelblichter Farbe colligiret la- gen, auch hefftiger von Gestanck waren: Die untersten waren drüßigt componi- ret, welche äusserlich mit kleinen Buckeln und schwammigtem weichen Fleisch ver- sehen und mit einem Häutgen eingewi- ckelt waren. Als nun diese unterste Gey- len eröffnet, gieng eine sehr hefftige un- angenehme stinckende Materie heraus, welche dick, wie Meth und gelb, wie Ho- nig, von terpentinischer hitziger Com- plexion oder Substanz war, maassen, als solches ins Feuer geworffen, es so- gleich in Flamme ausgeschlagen. Unter diesen am Grunde war abermahl ein Säckgen voll Liquoris dem Eyer-Dot- ter ähnlich. Die Testiculi oder Hoden dieses Thiers waren sehr verborgen, wel- che man äusserlich nicht so gar augen- scheinlich wahrnehmen können, als die Ruthe oder den Schwantz und das zeu-
gende
Anderer Theil/
[Spaltenumbruch]Ductus zwiſchen Haut und Fleiſch habe, oder ob es innewendig hohl, perpetuir- lich, wie andere Geiſſen oder Ziegen, fe- ſte aus der Hirn-Schale gewachſen, weilen ſich, der Einwohner und Gemſen- [Spaltenumbruch]
Steiger Vorgeben nach, die Gems da- mit an die Klippen anhaͤngen ſolle: Und weil dieſes ein fremdes Thier, ſo mir niemahls zu Hand kommen, habe nichts gewiſſes melden koͤnnen.
Anatomia eines Biebers.
[Spaltenumbruch]
Weil dieſes Thier gleichfalls hier zu Lande ſehr rar und man wenig oder kei- nes antreffen wird, hingegen Jemand ebenfalls curieux ſeyn moͤgte, deſſen inne- re Beſchaffenheit zu wiſſen, ſo habe ſo- viel hierzu fuͤr noͤthig erachtet, aus einem Frantzoͤſiſchen Autore colligiret. Der Bieber, von welchem itztbeſagter Autor handelt, iſt in der Jnſul Canada gefan- gen worden, deſſen Structur einer Fiſch- Otter ziemlich gleich geweſen, jedoch groͤſ- ſer, und dicker, am Gewicht 30. Pfund, die Laͤnge war drey und ein halber Fuß, die Dicke des Leibes aber 10. Zoll, die Haa- re waren zweyerley, etliche lang, von ein und einen halben Zoll u. ſtarck wie Pfer- de-Haar, von Farbe braun und glaͤn- tzend, etliche kurtz, und weich, wie Sam- met, wovon die bekanten Caſtor- Huͤthe und Struͤmpffe fabriciret wer- den: Der Kopff war 5. Zoll lang und eben ſoviel Zoll breit und hatte kurtze runde Ohren, wie eine Fiſch-Otter. De- rer Vorder-Zaͤhne waren 4. wovon die unterſten laͤnger und wie Meiſſel geſchaͤrf- fet ſtunden, von gelblichter Farbe, die o- bern aber kuͤrtzer; am Kienbacken hatte er zu jeder Seiten acht Back-Zaͤhne. Die Hinter-Fuͤſſe und Finger waren lang und zwiſchen denen Zehen, wie bey der Fiſch-Otter, denen Gaͤnſe-Fuͤſſen aͤhnlich, mit einer Haut zuſammen ge- fuͤget und zu ſchwimmen ſehr bequehm, die Vorderſten hingegen hatten kein Haͤutgen, waren auch kuͤrtzer und ge- ſtalt wie Menſchen-Haͤnde; Die Naͤgel waren krum und hohl wie eine Schrei- be-Feder. Der Schwantz hatte was beſonders, maaſſen er gantz keine aͤhnlich- keit des Leibes, ſondern eine Natur wie von Fiſchen componiret an ſich hatte: Er war von einem zuſammen geſetzten ſchuppichten Weſen, welches ein Haͤut- lein zuſammen fuͤgete, die Schuppen wa- ren meiſt ſechseckigt, ungleicher Geſtalt, darzwiſchen viel kleine gedrehete Haͤrlein heraus giengen. Sobald der Balg ge- ſtreiffet, fielen die Schuppen des Schwan- tzes von ſich ſelbſt herab, als man nun [Spaltenumbruch]
dieſen Schwantz auffgeſchnitten, hatte er ein fiſchigtes ſchwammigtes fleiſchig- tes Weſen und Geruch; Die Groͤſſe war 11. Zoll lang, oben am Leibe 4. Zoll breit und dicke, in der Mitten 5. Zoll breit, 2. Zoll dick, welches ſich mit einer ovalen Spitze endigte: Unter dem Schwantz war das Weydeloch zu ſehen, welches laͤnglicht rund, ſchwaͤrtzlicht und ohne Haare war. Als nun die Ruthe und der Bauch geoͤffnet, fand man zwey klei- ne Hoͤhlen zu jeder Seite, ſo ſehr enge und klein waren, nicht weit davon ſahe man zwey Huͤbel, darinnen unten die Biebergeyl waren. Als nun die Huͤbel eroͤffnet, fand man vier groſſe Saͤckgen, wovon zwey unten, und zwey oben la- gen, welche faſt einem Hertz aͤhnlich, die Breite und Dicke war zwey Zoll, von A- ſchegrauer Farbe, mit weiſſen Linien untermiſchet. Nach Eroͤffnung der Bla- ſe fand man die innerlichen gleichfalls grau und fleiſchicht, welche ziemlicher maaſſen geſtuncken und oben zu ſammen correſpondirten; Die unterſten beyden Geylen waren geſtalt wie eine umbge- kehrte Birn, von einer eyterigten Ma- terie, darinnen eigentlich die rechten Gey- len von gelblichter Farbe colligiret la- gen, auch hefftiger von Geſtanck waren: Die unterſten waren druͤßigt componi- ret, welche aͤuſſerlich mit kleinen Buckeln und ſchwammigtem weichen Fleiſch ver- ſehen und mit einem Haͤutgen eingewi- ckelt waren. Als nun dieſe unterſte Gey- len eroͤffnet, gieng eine ſehr hefftige un- angenehme ſtinckende Materie heraus, welche dick, wie Meth und gelb, wie Ho- nig, von terpentiniſcher hitziger Com- plexion oder Subſtanz war, maaſſen, als ſolches ins Feuer geworffen, es ſo- gleich in Flamme ausgeſchlagen. Unter dieſen am Grunde war abermahl ein Saͤckgen voll Liquoris dem Eyer-Dot- ter aͤhnlich. Die Teſticuli oder Hoden dieſes Thiers waren ſehr verborgen, wel- che man aͤuſſerlich nicht ſo gar augen- ſcheinlich wahrnehmen koͤnnen, als die Ruthe oder den Schwantz und das zeu-
gende
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[134/0236]
Anderer Theil/
Ductus zwiſchen Haut und Fleiſch habe,
oder ob es innewendig hohl, perpetuir-
lich, wie andere Geiſſen oder Ziegen, fe-
ſte aus der Hirn-Schale gewachſen,
weilen ſich, der Einwohner und Gemſen-
Steiger Vorgeben nach, die Gems da-
mit an die Klippen anhaͤngen ſolle: Und
weil dieſes ein fremdes Thier, ſo mir
niemahls zu Hand kommen, habe nichts
gewiſſes melden koͤnnen.
Anatomia eines Biebers.
Weil dieſes Thier gleichfalls hier zu
Lande ſehr rar und man wenig oder kei-
nes antreffen wird, hingegen Jemand
ebenfalls curieux ſeyn moͤgte, deſſen inne-
re Beſchaffenheit zu wiſſen, ſo habe ſo-
viel hierzu fuͤr noͤthig erachtet, aus einem
Frantzoͤſiſchen Autore colligiret. Der
Bieber, von welchem itztbeſagter Autor
handelt, iſt in der Jnſul Canada gefan-
gen worden, deſſen Structur einer Fiſch-
Otter ziemlich gleich geweſen, jedoch groͤſ-
ſer, und dicker, am Gewicht 30. Pfund,
die Laͤnge war drey und ein halber Fuß,
die Dicke des Leibes aber 10. Zoll, die Haa-
re waren zweyerley, etliche lang, von ein
und einen halben Zoll u. ſtarck wie Pfer-
de-Haar, von Farbe braun und glaͤn-
tzend, etliche kurtz, und weich, wie Sam-
met, wovon die bekanten Caſtor-
Huͤthe und Struͤmpffe fabriciret wer-
den: Der Kopff war 5. Zoll lang und
eben ſoviel Zoll breit und hatte kurtze
runde Ohren, wie eine Fiſch-Otter. De-
rer Vorder-Zaͤhne waren 4. wovon die
unterſten laͤnger und wie Meiſſel geſchaͤrf-
fet ſtunden, von gelblichter Farbe, die o-
bern aber kuͤrtzer; am Kienbacken hatte
er zu jeder Seiten acht Back-Zaͤhne.
Die Hinter-Fuͤſſe und Finger waren
lang und zwiſchen denen Zehen, wie bey
der Fiſch-Otter, denen Gaͤnſe-Fuͤſſen
aͤhnlich, mit einer Haut zuſammen ge-
fuͤget und zu ſchwimmen ſehr bequehm,
die Vorderſten hingegen hatten kein
Haͤutgen, waren auch kuͤrtzer und ge-
ſtalt wie Menſchen-Haͤnde; Die Naͤgel
waren krum und hohl wie eine Schrei-
be-Feder. Der Schwantz hatte was
beſonders, maaſſen er gantz keine aͤhnlich-
keit des Leibes, ſondern eine Natur wie
von Fiſchen componiret an ſich hatte: Er
war von einem zuſammen geſetzten
ſchuppichten Weſen, welches ein Haͤut-
lein zuſammen fuͤgete, die Schuppen wa-
ren meiſt ſechseckigt, ungleicher Geſtalt,
darzwiſchen viel kleine gedrehete Haͤrlein
heraus giengen. Sobald der Balg ge-
ſtreiffet, fielen die Schuppen des Schwan-
tzes von ſich ſelbſt herab, als man nun
dieſen Schwantz auffgeſchnitten, hatte er
ein fiſchigtes ſchwammigtes fleiſchig-
tes Weſen und Geruch; Die Groͤſſe war
11. Zoll lang, oben am Leibe 4. Zoll breit
und dicke, in der Mitten 5. Zoll breit, 2.
Zoll dick, welches ſich mit einer ovalen
Spitze endigte: Unter dem Schwantz
war das Weydeloch zu ſehen, welches
laͤnglicht rund, ſchwaͤrtzlicht und ohne
Haare war. Als nun die Ruthe und
der Bauch geoͤffnet, fand man zwey klei-
ne Hoͤhlen zu jeder Seite, ſo ſehr enge
und klein waren, nicht weit davon ſahe
man zwey Huͤbel, darinnen unten die
Biebergeyl waren. Als nun die Huͤbel
eroͤffnet, fand man vier groſſe Saͤckgen,
wovon zwey unten, und zwey oben la-
gen, welche faſt einem Hertz aͤhnlich, die
Breite und Dicke war zwey Zoll, von A-
ſchegrauer Farbe, mit weiſſen Linien
untermiſchet. Nach Eroͤffnung der Bla-
ſe fand man die innerlichen gleichfalls
grau und fleiſchicht, welche ziemlicher
maaſſen geſtuncken und oben zu ſammen
correſpondirten; Die unterſten beyden
Geylen waren geſtalt wie eine umbge-
kehrte Birn, von einer eyterigten Ma-
terie, darinnen eigentlich die rechten Gey-
len von gelblichter Farbe colligiret la-
gen, auch hefftiger von Geſtanck waren:
Die unterſten waren druͤßigt componi-
ret, welche aͤuſſerlich mit kleinen Buckeln
und ſchwammigtem weichen Fleiſch ver-
ſehen und mit einem Haͤutgen eingewi-
ckelt waren. Als nun dieſe unterſte Gey-
len eroͤffnet, gieng eine ſehr hefftige un-
angenehme ſtinckende Materie heraus,
welche dick, wie Meth und gelb, wie Ho-
nig, von terpentiniſcher hitziger Com-
plexion oder Subſtanz war, maaſſen,
als ſolches ins Feuer geworffen, es ſo-
gleich in Flamme ausgeſchlagen. Unter
dieſen am Grunde war abermahl ein
Saͤckgen voll Liquoris dem Eyer-Dot-
ter aͤhnlich. Die Teſticuli oder Hoden
dieſes Thiers waren ſehr verborgen, wel-
che man aͤuſſerlich nicht ſo gar augen-
ſcheinlich wahrnehmen koͤnnen, als die
Ruthe oder den Schwantz und das zeu-
gende
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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/236>, abgerufen am 30.12.2024.
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