Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719.

Bild:
<< vorherige Seite

Von der Erden.
[Spaltenumbruch] wächst. Damit aber nicht allein der
Saame, sondern auch das bereits ver-
handene junge Holtz ungehindert desto
besser wachsen könne, muß solcher Ort
vor allen Dingen mit Viehhüthen und
Grasen verschonet werden: Denn sol-
cher junger Wuchs, weil er noch zart,
wird von dem Vieh sowohl des Winters,
wegen junger Rinde, als auch des Früh-
lings an seinem Jahr-Wuchs, vornehm-
lich am Gipffel abgebissen, daß es nicht
höher wachsen, sondern knorricht, kurtz
und krum bleiben muß; Durch das Gra-
sen aber wird der Schatten denen Wur-
tzeln benommen, und die jungen Pfläntz-
gen unvorsichtig ausgerissen, oder abge-
schnitten, darumb muß der Ort gleich
vom ersten Jahre an mit Viehhüthen
und Grasen verschonet werden, biß das
Vieh den Gipffel nicht mehr erreichen
kan. Die Schaafe aber, sonderlich die
Ziegen, müssen, weil sie ein schädlich Ge-
biß haben, gar vom Holtze wegbleiben;
Nicht weniger thun die Zimmer-Leute
mit ihren Spähnen und langwierigem
Trempeln, wie auch die Fuhr-Leute in
weichem und nassem Erdboden dem Wi-
derwachs Schaden, daß solcher nicht auf-
kommen oder wachsen kan; Jst dahero
am besten, wann das Bau-Holtz im
Winter bey dem harten Froste unbeschla-
gen an einen besondern Ort geführet
wird. Die alten Stämme und ver-
faulten Stöcke sind zwar vor Alters
ein langhergebrachtes Accidens derer
Forst-Bedienten gewesen; Weiln aber
durch Berechnung der angewiesenen
Bäume solche Stämme mit dem Stem-
[Spaltenumbruch] pel oder Eysen bezeichnet worden sind,
könte der Forst-Herr, oder der Obere
nicht wissen, was verkaufft oder gestoh-
len worden; Zudem werden heutiges
Tages die Kühn-Stämme denen Pech-
Brennern an Ofen-Zinß überlassen,
weiln darinnen der beste Kiehn, wodurch
mancher Baum erspahret wird. Es
würde auch nur denen Forst-Bedienten
einen Verdacht machen und durch das
Ausreissen derer Wurtzeln von alten
Stämmen viel jung Holtz zu Schaden
gehen. Wo das Holtz durch Unglück
oder Verwahrlosung des Feuers Scha-
den gethan, da will bey Mannsgeden-
cken der junge Saame nicht aufgehen,
sondern wird durch die verbrannte Erde
oder Asche gantz untüchtig und verbissen,
es werde dann die frische Erde aufgea-
ckert oder gehacket, so wurtzelt es noch
eher auf. Es kömmt öffters, daß, ob-
gleich eine Art Holtzes weggehauen, dan-
noch an selbigem Orte eine andere Art,
so vor langen Zeiten da gestanden, aus
verfaulter Holtz-Erde sich aus denen
Wurtzeln generiret, und wie die Kräu-
ter nach voriger Gestalt renasciret, und
wieder hervor wächset, woran die seltsa-
me Eigenschafft der Natur zu erkennen,
und göttliche Allmacht nicht genugsam
wundernswürdig zu preisen. Gleich-
falls schadet dem jungen Anflug und Wie-
derwachs nicht wenig das überflüßige
Mooß und allzu geitzige Streuling re-
chen, wormit man die kleinen Pfläntz-
gen unvorsichtig ausreisset und also hier-
durch grossen Schaden verursachet.

Von Besträuche und jungen Dickigten.
[Spaltenumbruch]

Gleichwie alle lebendige und leblose,
vernünfftige und unvernünfftige Crea-
turen, nemlich die Menschen, die wilden
Thiere, die Bäume und Kräuter, ja auch
wohl gar die Steine und unterirdische
uns meistens noch unbekante Gewächse,
nachdem sie aus ihrem Saamen generi-
ret, vermittelst der Erden Vegetation
und deren Nutriment auf die Welt kom-
men und das Tage-Licht erblicken oder
ihren Lebens-Geist oder Animam vege-
tativam
erhalten: also beginnen diesel-
ben allmählich je mehr und mehr durch
ihren erlangten Nahrungs-Safft ferner
zu wachsen, von Tage zu Tage in die Hö-
he und Stärcke mercklich zuzunehmen
und hierinnen den Anfang ihres Lebens
[Spaltenumbruch] oder die Kindheit und Jugend vorzustel-
len. Die fernere Zeit geschiehet mit Ver-
grösserung und Vermehrung ihres
Wachsthums und zunehmenden Kräff-
te, wird Adolescentiae oder eines Jüng-
lings Alter billig verglichen. Die Voll-
kommenheit der Natur in ihrem besten
und kräfftigsten erhaltenen Flor ist, wann
gleich dem Männlichen Alter auch Trieb
der Natur durch Früchte oder Saamen
jegliches nach seiner Art zu fernerer Ver-
mehrung und Propagation nunmehro
tüchtig worden ist; Und dann letztens der
Untergang oder Abnehmen der Natur,
wann die Blüth und Frucht, auch der
Safft und Krafft sich verringern, und
endlich zum Untergange neigen, kan

wohl
F

Von der Erden.
[Spaltenumbruch] waͤchſt. Damit aber nicht allein der
Saame, ſondern auch das bereits ver-
handene junge Holtz ungehindert deſto
beſſer wachſen koͤnne, muß ſolcher Ort
vor allen Dingen mit Viehhuͤthen und
Graſen verſchonet werden: Denn ſol-
cher junger Wuchs, weil er noch zart,
wird von dem Vieh ſowohl des Winters,
wegen junger Rinde, als auch des Fruͤh-
lings an ſeinem Jahr-Wuchs, vornehm-
lich am Gipffel abgebiſſen, daß es nicht
hoͤher wachſen, ſondern knorricht, kurtz
und krum bleiben muß; Durch das Gra-
ſen aber wird der Schatten denen Wur-
tzeln benommen, und die jungen Pflaͤntz-
gen unvorſichtig ausgeriſſen, oder abge-
ſchnitten, darumb muß der Ort gleich
vom erſten Jahre an mit Viehhuͤthen
und Graſen verſchonet werden, biß das
Vieh den Gipffel nicht mehr erreichen
kan. Die Schaafe aber, ſonderlich die
Ziegen, muͤſſen, weil ſie ein ſchaͤdlich Ge-
biß haben, gar vom Holtze wegbleiben;
Nicht weniger thun die Zimmer-Leute
mit ihren Spaͤhnen und langwierigem
Trempeln, wie auch die Fuhr-Leute in
weichem und naſſem Erdboden dem Wi-
derwachs Schaden, daß ſolcher nicht auf-
kommen oder wachſen kan; Jſt dahero
am beſten, wann das Bau-Holtz im
Winter bey dem harten Froſte unbeſchla-
gen an einen beſondern Ort gefuͤhret
wird. Die alten Staͤmme und ver-
faulten Stoͤcke ſind zwar vor Alters
ein langhergebrachtes Accidens derer
Forſt-Bedienten geweſen; Weiln aber
durch Berechnung der angewieſenen
Baͤume ſolche Staͤmme mit dem Stem-
[Spaltenumbruch] pel oder Eyſen bezeichnet worden ſind,
koͤnte der Forſt-Herr, oder der Obere
nicht wiſſen, was verkaufft oder geſtoh-
len worden; Zudem werden heutiges
Tages die Kuͤhn-Staͤmme denen Pech-
Brennern an Ofen-Zinß uͤberlaſſen,
weiln darinnen der beſte Kiehn, wodurch
mancher Baum erſpahret wird. Es
wuͤrde auch nur denen Forſt-Bedienten
einen Verdacht machen und durch das
Ausreiſſen derer Wurtzeln von alten
Staͤmmen viel jung Holtz zu Schaden
gehen. Wo das Holtz durch Ungluͤck
oder Verwahrloſung des Feuers Scha-
den gethan, da will bey Mannsgeden-
cken der junge Saame nicht aufgehen,
ſondern wird durch die verbrannte Erde
oder Aſche gantz untuͤchtig und verbiſſen,
es werde dann die friſche Erde aufgea-
ckert oder gehacket, ſo wurtzelt es noch
eher auf. Es koͤmmt oͤffters, daß, ob-
gleich eine Art Holtzes weggehauen, dan-
noch an ſelbigem Orte eine andere Art,
ſo vor langen Zeiten da geſtanden, aus
verfaulter Holtz-Erde ſich aus denen
Wurtzeln generiret, und wie die Kraͤu-
ter nach voriger Geſtalt renaſciret, und
wieder hervor waͤchſet, woran die ſeltſa-
me Eigenſchafft der Natur zu erkennen,
und goͤttliche Allmacht nicht genugſam
wundernswuͤrdig zu preiſen. Gleich-
falls ſchadet dem jungen Anflug und Wie-
derwachs nicht wenig das uͤberfluͤßige
Mooß und allzu geitzige Streuling re-
chen, wormit man die kleinen Pflaͤntz-
gen unvorſichtig ausreiſſet und alſo hier-
durch groſſen Schaden verurſachet.

Von Beſtraͤuche und jungen Dickigten.
[Spaltenumbruch]

Gleichwie alle lebendige und lebloſe,
vernuͤnfftige und unvernuͤnfftige Crea-
turen, nemlich die Menſchen, die wilden
Thiere, die Baͤume und Kraͤuter, ja auch
wohl gar die Steine und unterirdiſche
uns meiſtens noch unbekante Gewaͤchſe,
nachdem ſie aus ihrem Saamen generi-
ret, vermittelſt der Erden Vegetation
und deren Nutriment auf die Welt kom-
men und das Tage-Licht erblicken oder
ihren Lebens-Geiſt oder Animam vege-
tativam
erhalten: alſo beginnen dieſel-
ben allmaͤhlich je mehr und mehr durch
ihren erlangten Nahrungs-Safft ferner
zu wachſen, von Tage zu Tage in die Hoͤ-
he und Staͤrcke mercklich zuzunehmen
und hierinnen den Anfang ihres Lebens
[Spaltenumbruch] oder die Kindheit und Jugend vorzuſtel-
len. Die fernere Zeit geſchiehet mit Ver-
groͤſſerung und Vermehrung ihres
Wachsthums und zunehmenden Kraͤff-
te, wird Adoleſcentiae oder eines Juͤng-
lings Alter billig verglichen. Die Voll-
kommenheit der Natur in ihrem beſten
und kraͤfftigſten erhaltenen Flor iſt, wann
gleich dem Maͤnnlichen Alter auch Trieb
der Natur durch Fruͤchte oder Saamen
jegliches nach ſeiner Art zu fernerer Ver-
mehrung und Propagation nunmehro
tuͤchtig worden iſt; Und dann letztens der
Untergang oder Abnehmen der Natur,
wann die Bluͤth und Frucht, auch der
Safft und Krafft ſich verringern, und
endlich zum Untergange neigen, kan

wohl
F
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0117" n="41"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von der Erden.</hi></fw><lb/><cb/>
wa&#x0364;ch&#x017F;t. Damit aber nicht allein der<lb/>
Saame, &#x017F;ondern auch das bereits ver-<lb/>
handene junge Holtz ungehindert de&#x017F;to<lb/>
be&#x017F;&#x017F;er wach&#x017F;en ko&#x0364;nne, muß &#x017F;olcher Ort<lb/>
vor allen Dingen mit Viehhu&#x0364;then und<lb/>
Gra&#x017F;en ver&#x017F;chonet werden: Denn &#x017F;ol-<lb/>
cher junger Wuchs, weil er noch zart,<lb/>
wird von dem Vieh &#x017F;owohl des Winters,<lb/>
wegen junger Rinde, als auch des Fru&#x0364;h-<lb/>
lings an &#x017F;einem Jahr-Wuchs, vornehm-<lb/>
lich am Gipffel abgebi&#x017F;&#x017F;en, daß es nicht<lb/>
ho&#x0364;her wach&#x017F;en, &#x017F;ondern knorricht, kurtz<lb/>
und krum bleiben muß; Durch das Gra-<lb/>
&#x017F;en aber wird der Schatten denen Wur-<lb/>
tzeln benommen, und die jungen Pfla&#x0364;ntz-<lb/>
gen unvor&#x017F;ichtig ausgeri&#x017F;&#x017F;en, oder abge-<lb/>
&#x017F;chnitten, darumb muß der Ort gleich<lb/>
vom er&#x017F;ten Jahre an mit Viehhu&#x0364;then<lb/>
und Gra&#x017F;en ver&#x017F;chonet werden, biß das<lb/>
Vieh den Gipffel nicht mehr erreichen<lb/>
kan. Die Schaafe aber, &#x017F;onderlich die<lb/>
Ziegen, mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, weil &#x017F;ie ein &#x017F;cha&#x0364;dlich Ge-<lb/>
biß haben, gar vom Holtze wegbleiben;<lb/>
Nicht weniger thun die Zimmer-Leute<lb/>
mit ihren Spa&#x0364;hnen und langwierigem<lb/>
Trempeln, wie auch die Fuhr-Leute in<lb/>
weichem und na&#x017F;&#x017F;em Erdboden dem Wi-<lb/>
derwachs Schaden, daß &#x017F;olcher nicht auf-<lb/>
kommen oder wach&#x017F;en kan; J&#x017F;t dahero<lb/>
am be&#x017F;ten, wann das Bau-Holtz im<lb/>
Winter bey dem harten Fro&#x017F;te unbe&#x017F;chla-<lb/>
gen an einen be&#x017F;ondern Ort gefu&#x0364;hret<lb/>
wird. Die alten Sta&#x0364;mme und ver-<lb/>
faulten Sto&#x0364;cke &#x017F;ind zwar vor Alters<lb/>
ein langhergebrachtes <hi rendition="#aq">Accidens</hi> derer<lb/>
For&#x017F;t-Bedienten gewe&#x017F;en; Weiln aber<lb/>
durch Berechnung der angewie&#x017F;enen<lb/>
Ba&#x0364;ume &#x017F;olche Sta&#x0364;mme mit dem Stem-<lb/><cb/>
pel oder Ey&#x017F;en bezeichnet worden &#x017F;ind,<lb/>
ko&#x0364;nte der For&#x017F;t-Herr, oder der Obere<lb/>
nicht wi&#x017F;&#x017F;en, was verkaufft oder ge&#x017F;toh-<lb/>
len worden; Zudem werden heutiges<lb/>
Tages die Ku&#x0364;hn-Sta&#x0364;mme denen Pech-<lb/>
Brennern an Ofen-Zinß u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
weiln darinnen der be&#x017F;te Kiehn, wodurch<lb/>
mancher Baum er&#x017F;pahret wird. Es<lb/>
wu&#x0364;rde auch nur denen For&#x017F;t-Bedienten<lb/>
einen Verdacht machen und durch das<lb/>
Ausrei&#x017F;&#x017F;en derer Wurtzeln von alten<lb/>
Sta&#x0364;mmen viel jung Holtz zu Schaden<lb/>
gehen. Wo das Holtz durch Unglu&#x0364;ck<lb/>
oder Verwahrlo&#x017F;ung des Feuers Scha-<lb/>
den gethan, da will bey Mannsgeden-<lb/>
cken der junge Saame nicht aufgehen,<lb/>
&#x017F;ondern wird durch die verbrannte Erde<lb/>
oder A&#x017F;che gantz untu&#x0364;chtig und verbi&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
es werde dann die fri&#x017F;che Erde aufgea-<lb/>
ckert oder gehacket, &#x017F;o wurtzelt es noch<lb/>
eher auf. Es ko&#x0364;mmt o&#x0364;ffters, daß, ob-<lb/>
gleich eine Art Holtzes weggehauen, dan-<lb/>
noch an &#x017F;elbigem Orte eine andere Art,<lb/>
&#x017F;o vor langen Zeiten da ge&#x017F;tanden, aus<lb/>
verfaulter Holtz-Erde &#x017F;ich aus denen<lb/>
Wurtzeln <hi rendition="#aq">generir</hi>et, und wie die Kra&#x0364;u-<lb/>
ter nach voriger Ge&#x017F;talt <hi rendition="#aq">rena&#x017F;cir</hi>et, und<lb/>
wieder hervor wa&#x0364;ch&#x017F;et, woran die &#x017F;elt&#x017F;a-<lb/>
me Eigen&#x017F;chafft der Natur zu erkennen,<lb/>
und go&#x0364;ttliche Allmacht nicht genug&#x017F;am<lb/>
wundernswu&#x0364;rdig zu prei&#x017F;en. Gleich-<lb/>
falls &#x017F;chadet dem jungen Anflug und Wie-<lb/>
derwachs nicht wenig das u&#x0364;berflu&#x0364;ßige<lb/>
Mooß und allzu geitzige Streuling re-<lb/>
chen, wormit man die kleinen Pfla&#x0364;ntz-<lb/>
gen unvor&#x017F;ichtig ausrei&#x017F;&#x017F;et und al&#x017F;o hier-<lb/>
durch gro&#x017F;&#x017F;en Schaden verur&#x017F;achet.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Von <hi rendition="#in">B</hi>e&#x017F;tra&#x0364;uche und jungen <hi rendition="#in">D</hi>ickigten.</hi> </head><lb/>
          <cb/>
          <p>Gleichwie alle lebendige und leblo&#x017F;e,<lb/>
vernu&#x0364;nfftige und unvernu&#x0364;nfftige Crea-<lb/>
turen, nemlich die Men&#x017F;chen, die wilden<lb/>
Thiere, die Ba&#x0364;ume und Kra&#x0364;uter, ja auch<lb/>
wohl gar die Steine und unterirdi&#x017F;che<lb/>
uns mei&#x017F;tens noch unbekante Gewa&#x0364;ch&#x017F;e,<lb/>
nachdem &#x017F;ie aus ihrem Saamen <hi rendition="#aq">generi-</hi><lb/>
ret, vermittel&#x017F;t der Erden <hi rendition="#aq">Vegetation</hi><lb/>
und deren <hi rendition="#aq">Nutriment</hi> auf die Welt kom-<lb/>
men und das Tage-Licht erblicken oder<lb/>
ihren Lebens-Gei&#x017F;t oder <hi rendition="#aq">Animam vege-<lb/>
tativam</hi> erhalten: al&#x017F;o beginnen die&#x017F;el-<lb/>
ben allma&#x0364;hlich je mehr und mehr durch<lb/>
ihren erlangten Nahrungs-Safft ferner<lb/>
zu wach&#x017F;en, von Tage zu Tage in die Ho&#x0364;-<lb/>
he und Sta&#x0364;rcke mercklich zuzunehmen<lb/>
und hierinnen den Anfang ihres Lebens<lb/><cb/>
oder die Kindheit und Jugend vorzu&#x017F;tel-<lb/>
len. Die fernere Zeit ge&#x017F;chiehet mit Ver-<lb/>
gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;erung und Vermehrung ihres<lb/>
Wachsthums und zunehmenden Kra&#x0364;ff-<lb/>
te, wird <hi rendition="#aq">Adole&#x017F;centiae</hi> oder eines Ju&#x0364;ng-<lb/>
lings Alter billig verglichen. Die Voll-<lb/>
kommenheit der Natur in ihrem be&#x017F;ten<lb/>
und kra&#x0364;fftig&#x017F;ten erhaltenen Flor i&#x017F;t, wann<lb/>
gleich dem Ma&#x0364;nnlichen Alter auch Trieb<lb/>
der Natur durch Fru&#x0364;chte oder Saamen<lb/>
jegliches nach &#x017F;einer Art zu fernerer Ver-<lb/>
mehrung und <hi rendition="#aq">Propagation</hi> nunmehro<lb/>
tu&#x0364;chtig worden i&#x017F;t; Und dann letztens der<lb/>
Untergang oder Abnehmen der Natur,<lb/>
wann die Blu&#x0364;th und Frucht, auch der<lb/>
Safft und Krafft &#x017F;ich verringern, und<lb/>
endlich zum Untergange neigen, kan<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">F</fw><fw place="bottom" type="catch">wohl</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[41/0117] Von der Erden. waͤchſt. Damit aber nicht allein der Saame, ſondern auch das bereits ver- handene junge Holtz ungehindert deſto beſſer wachſen koͤnne, muß ſolcher Ort vor allen Dingen mit Viehhuͤthen und Graſen verſchonet werden: Denn ſol- cher junger Wuchs, weil er noch zart, wird von dem Vieh ſowohl des Winters, wegen junger Rinde, als auch des Fruͤh- lings an ſeinem Jahr-Wuchs, vornehm- lich am Gipffel abgebiſſen, daß es nicht hoͤher wachſen, ſondern knorricht, kurtz und krum bleiben muß; Durch das Gra- ſen aber wird der Schatten denen Wur- tzeln benommen, und die jungen Pflaͤntz- gen unvorſichtig ausgeriſſen, oder abge- ſchnitten, darumb muß der Ort gleich vom erſten Jahre an mit Viehhuͤthen und Graſen verſchonet werden, biß das Vieh den Gipffel nicht mehr erreichen kan. Die Schaafe aber, ſonderlich die Ziegen, muͤſſen, weil ſie ein ſchaͤdlich Ge- biß haben, gar vom Holtze wegbleiben; Nicht weniger thun die Zimmer-Leute mit ihren Spaͤhnen und langwierigem Trempeln, wie auch die Fuhr-Leute in weichem und naſſem Erdboden dem Wi- derwachs Schaden, daß ſolcher nicht auf- kommen oder wachſen kan; Jſt dahero am beſten, wann das Bau-Holtz im Winter bey dem harten Froſte unbeſchla- gen an einen beſondern Ort gefuͤhret wird. Die alten Staͤmme und ver- faulten Stoͤcke ſind zwar vor Alters ein langhergebrachtes Accidens derer Forſt-Bedienten geweſen; Weiln aber durch Berechnung der angewieſenen Baͤume ſolche Staͤmme mit dem Stem- pel oder Eyſen bezeichnet worden ſind, koͤnte der Forſt-Herr, oder der Obere nicht wiſſen, was verkaufft oder geſtoh- len worden; Zudem werden heutiges Tages die Kuͤhn-Staͤmme denen Pech- Brennern an Ofen-Zinß uͤberlaſſen, weiln darinnen der beſte Kiehn, wodurch mancher Baum erſpahret wird. Es wuͤrde auch nur denen Forſt-Bedienten einen Verdacht machen und durch das Ausreiſſen derer Wurtzeln von alten Staͤmmen viel jung Holtz zu Schaden gehen. Wo das Holtz durch Ungluͤck oder Verwahrloſung des Feuers Scha- den gethan, da will bey Mannsgeden- cken der junge Saame nicht aufgehen, ſondern wird durch die verbrannte Erde oder Aſche gantz untuͤchtig und verbiſſen, es werde dann die friſche Erde aufgea- ckert oder gehacket, ſo wurtzelt es noch eher auf. Es koͤmmt oͤffters, daß, ob- gleich eine Art Holtzes weggehauen, dan- noch an ſelbigem Orte eine andere Art, ſo vor langen Zeiten da geſtanden, aus verfaulter Holtz-Erde ſich aus denen Wurtzeln generiret, und wie die Kraͤu- ter nach voriger Geſtalt renaſciret, und wieder hervor waͤchſet, woran die ſeltſa- me Eigenſchafft der Natur zu erkennen, und goͤttliche Allmacht nicht genugſam wundernswuͤrdig zu preiſen. Gleich- falls ſchadet dem jungen Anflug und Wie- derwachs nicht wenig das uͤberfluͤßige Mooß und allzu geitzige Streuling re- chen, wormit man die kleinen Pflaͤntz- gen unvorſichtig ausreiſſet und alſo hier- durch groſſen Schaden verurſachet. Von Beſtraͤuche und jungen Dickigten. Gleichwie alle lebendige und lebloſe, vernuͤnfftige und unvernuͤnfftige Crea- turen, nemlich die Menſchen, die wilden Thiere, die Baͤume und Kraͤuter, ja auch wohl gar die Steine und unterirdiſche uns meiſtens noch unbekante Gewaͤchſe, nachdem ſie aus ihrem Saamen generi- ret, vermittelſt der Erden Vegetation und deren Nutriment auf die Welt kom- men und das Tage-Licht erblicken oder ihren Lebens-Geiſt oder Animam vege- tativam erhalten: alſo beginnen dieſel- ben allmaͤhlich je mehr und mehr durch ihren erlangten Nahrungs-Safft ferner zu wachſen, von Tage zu Tage in die Hoͤ- he und Staͤrcke mercklich zuzunehmen und hierinnen den Anfang ihres Lebens oder die Kindheit und Jugend vorzuſtel- len. Die fernere Zeit geſchiehet mit Ver- groͤſſerung und Vermehrung ihres Wachsthums und zunehmenden Kraͤff- te, wird Adoleſcentiae oder eines Juͤng- lings Alter billig verglichen. Die Voll- kommenheit der Natur in ihrem beſten und kraͤfftigſten erhaltenen Flor iſt, wann gleich dem Maͤnnlichen Alter auch Trieb der Natur durch Fruͤchte oder Saamen jegliches nach ſeiner Art zu fernerer Ver- mehrung und Propagation nunmehro tuͤchtig worden iſt; Und dann letztens der Untergang oder Abnehmen der Natur, wann die Bluͤth und Frucht, auch der Safft und Krafft ſich verringern, und endlich zum Untergange neigen, kan wohl F

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/117
Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/117>, abgerufen am 21.12.2024.