Gegen eine Sentenz hat der Angeschul- digte folgende Rechtsmittel I. die Appellation, sowohl im Accusations - als Inquisitions- process *), aber nur an die höhern Landes- collegien, nie, in eigentlich peinlichen Sachen, an die höchsten Reichsgerichte **). II. Die Nichtigkeitsbeschwerde (rem. nullitatis), die bey den höhern Landes- und bey den höchsten Reichsgerichten angebracht werden kann. III. Die weitere Vertheidigung, welche an vielen Orten die Stelle der Appellation ver- tritt und in Capital-Sachen selbst bis zum viertenmal verstattet wird.
Supplication an dem Landesberrn.
§. 644.
Der Publication der Sentenz folgt die Execution. Die Execution der absolutorischen Sentenz, wie auch geringerer Strafen, ge- schieht gleich nach der Publication, wenn sich nicht, besonders in Ansehung der letzten, rechtliche Gründe des Aufschubs zeigen
(§. 166.
*) Darüber wurde ein heftiger Streit zwischen Carp- zov und Oldekop geführt, und man nimmt nun allgemein die verneinende Meinung in Ansehung des Inquisitionsprocesses an. Man stützt sich auf eine allgemeine Gewohnheit; als wenn eine solche mög- lich sey und als wenn nicht viele Territorien diese Gewohnheit widerlegten. cf. LudoviciEinl. zum peinlieben Process. Kap. XI.
**) R. A. v. I. 1530. §. 95. C. G. O. P. II. tit. 28. §. 5.
III. Buch. I. Titel. II. Abſchn. IV. Abth.
§. 643.
Gegen eine Sentenz hat der Angeſchul- digte folgende Rechtsmittel I. die Appellation, ſowohl im Accuſations ‒ als Inquiſitions- proceſs *), aber nur an die höhern Landes- collegien, nie, in eigentlich peinlichen Sachen, an die höchſten Reichsgerichte **). II. Die Nichtigkeitsbeſchwerde (rem. nullitatis), die bey den höhern Landes- und bey den höchſten Reichsgerichten angebracht werden kann. III. Die weitere Vertheidigung, welche an vielen Orten die Stelle der Appellation ver- tritt und in Capital-Sachen ſelbſt bis zum viertenmal verſtattet wird.
Supplication an dem Landesberrn.
§. 644.
Der Publication der Sentenz folgt die Execution. Die Execution der abſolutoriſchen Sentenz, wie auch geringerer Strafen, ge- ſchieht gleich nach der Publication, wenn ſich nicht, beſonders in Anſehung der letzten, rechtliche Gründe des Aufſchubs zeigen
(§. 166.
*) Darüber wurde ein heftiger Streit zwiſchen Carp- zov und Oldekop geführt, und man nimmt nun allgemein die verneinende Meinung in Anſehung des Inquiſitionsproceſſes an. Man ſtützt ſich auf eine allgemeine Gewohnheit; als wenn eine ſolche mög- lich ſey und als wenn nicht viele Territorien dieſe Gewohnheit widerlegten. cf. LudoviciEinl. zum peinlieben Proceſs. Kap. XI.
**) R. A. v. I. 1530. §. 95. C. G. O. P. II. tit. 28. §. 5.
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III. Buch. I. Titel. II. Abſchn. IV. Abth.
§. 643.
Gegen eine Sentenz hat der Angeſchul-
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ſowohl im Accuſations ‒ als Inquiſitions-
proceſs *), aber nur an die höhern Landes-
collegien, nie, in eigentlich peinlichen Sachen,
an die höchſten Reichsgerichte **). II. Die
Nichtigkeitsbeſchwerde (rem. nullitatis), die bey
den höhern Landes- und bey den höchſten
Reichsgerichten angebracht werden kann.
III. Die weitere Vertheidigung, welche an
vielen Orten die Stelle der Appellation ver-
tritt und in Capital-Sachen ſelbſt bis zum
viertenmal verſtattet wird.
Supplication an dem Landesberrn.
§. 644.
Der Publication der Sentenz folgt die
Execution. Die Execution der abſolutoriſchen
Sentenz, wie auch geringerer Strafen, ge-
ſchieht gleich nach der Publication, wenn
ſich nicht, beſonders in Anſehung der letzten,
rechtliche Gründe des Aufſchubs zeigen
(§. 166.
*) Darüber wurde ein heftiger Streit zwiſchen Carp-
zov und Oldekop geführt, und man nimmt nun
allgemein die verneinende Meinung in Anſehung
des Inquiſitionsproceſſes an. Man ſtützt ſich auf eine
allgemeine Gewohnheit; als wenn eine ſolche mög-
lich ſey und als wenn nicht viele Territorien dieſe
Gewohnheit widerlegten. cf. Ludovici Einl.
zum peinlieben Proceſs. Kap. XI.
**) R. A. v. I. 1530. §. 95. C. G. O. P. II. tit. 28.
§. 5.
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Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801, S. 500. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/528>, abgerufen am 22.02.2025.
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