Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801.III. Buch. I. Titel. I. Abschnitt. II. Abth. und seine Aussage darf nicht zu Protocoll ge-nommen werden *). Erst diejenige Aussage gilt, die er thut, wenn die Marter nachgelas- sen worden ist. Doch wird zur juridischen Glaubwürdigkeit dieser erpressten Aussage erfodert: 1) dass sie umständlich ist und solche Thatsachen enthält, die nicht leicht ein Un- schuldiger wissen kann **), 2) dass sich die Wahr- heit der angegebenen einzelnen Umstände ent- weder aus andern Gründen bestätigt, oder doch keine ihr entgegenstehenden Gründe vorhan- den sind ***), 3) dass der Verbrecher frey von der Marter und von der Furcht derselben seine Aussage ratificirt. §. 617. Die Ratification des gleich nach der Mar- Ge- *) P. G. O. Art. 58. cf. F. A. Hommel Diss. de reo sub tormentis specialiter non interrogando. Lips. 1754. **) P. G. O. Art. 53. 54. 60. ***) P. G. O. Art. 54. 60. +) cf. Walch Glossar. voc. Urgichr. -- F. A. Hom- mel Diss. de ratificatione confessionis per tormenta extor- tae. Lips. 1738. ++) P. G. O. Art. 56.
III. Buch. I. Titel. I. Abſchnitt. II. Abth. und ſeine Ausſage darf nicht zu Protocoll ge-nommen werden *). Erſt diejenige Ausſage gilt, die er thut, wenn die Marter nachgelaſ- ſen worden iſt. Doch wird zur juridiſchen Glaubwürdigkeit dieſer erpreſsten Ausſage erfodert: 1) daſs ſie umſtändlich iſt und ſolche Thatſachen enthält, die nicht leicht ein Un- ſchuldiger wiſſen kann **), 2) daſs ſich die Wahr- heit der angegebenen einzelnen Umſtände ent- weder aus andern Gründen beſtätigt, oder doch keine ihr entgegenſtehenden Gründe vorhan- den ſind ***), 3) daſs der Verbrecher frey von der Marter und von der Furcht derſelben ſeine Ausſage ratificirt. §. 617. Die Ratification des gleich nach der Mar- Ge- *) P. G. O. Art. 58. cf. F. A. Hommel Diſſ. de reo ſub tormentis ſpecialiter non interrogando. Lipſ. 1754. **) P. G. O. Art. 53. 54. 60. ***) P. G. O. Art. 54. 60. †) cf. Walch Gloſſar. voc. Urgichr. — F. A. Hom- mel Diſſ. de ratificatione confeſſionis per tormenta extor- tae. Lipſ. 1738. ††) P. G. O. Art. 56.
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III. Buch. I. Titel. I. Abſchnitt. II. Abth.
und ſeine Ausſage darf nicht zu Protocoll ge-
nommen werden *). Erſt diejenige Ausſage
gilt, die er thut, wenn die Marter nachgelaſ-
ſen worden iſt. Doch wird zur juridiſchen
Glaubwürdigkeit dieſer erpreſsten Ausſage
erfodert: 1) daſs ſie umſtändlich iſt und ſolche
Thatſachen enthält, die nicht leicht ein Un-
ſchuldiger wiſſen kann **), 2) daſs ſich die Wahr-
heit der angegebenen einzelnen Umſtände ent-
weder aus andern Gründen beſtätigt, oder doch
keine ihr entgegenſtehenden Gründe vorhan-
den ſind ***), 3) daſs der Verbrecher frey von
der Marter und von der Furcht derſelben ſeine
Ausſage ratificirt.
§. 617.
Die Ratification des gleich nach der Mar-
ter abgelegten Geſtändniſſes, heiſst die Ur-
gicht †). Sie muſs zwey oder drey Tage
nach der Tortur, vor einem gehörig beſetzten
Criminalgericht, in Abweſenheit des Peini-
gers und an einem von der Marterkammer ver-
ſchiedenen Ort geſchehen ††). Das ratificirte
Ge-
*) P. G. O. Art. 58. cf. F. A. Hommel Diſſ. de reo
ſub tormentis ſpecialiter non interrogando. Lipſ. 1754.
**) P. G. O. Art. 53. 54. 60.
***) P. G. O. Art. 54. 60.
†) cf. Walch Gloſſar. voc. Urgichr. — F. A. Hom-
mel Diſſ. de ratificatione confeſſionis per tormenta extor-
tae. Lipſ. 1738.
††) P. G. O. Art. 56.
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Zitationshilfe: | Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801, S. 484. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/512>, abgerufen am 22.02.2025. |