Drittes Kapitel. Von den Mitteln ein Geständniss des Verbrechers zu bewirken.
I. Von den mediis eruendae veritatis überhaupt.
§. 611.
Wenn der, durch Indicien gravirte Ange- schuldigte, weder überführt, noch geständig ist, so tritt die Nothwendigkeit eines Mittels, des Angeschuldigten Geständniss zu bewirken, (medium eruendae veritatis ein. Das Geständ- niss kann bewirkt werden I. durch körperliche Uebel -- Tortur II. durch blosse Vorstellung und intellectuelle Gefühle, 1) durch Ueberra- schung -- Confrontation, 2) durch Furcht vor Uebeln und zwar a) durch die Furcht vor gegenwärtigen körperlichen Schmerzen -- Territion, b) durch die Furcht vor göttli- cher Strafe -- Reinigungseid.
§. 612.
Es kann, wie aus der Natur der Sache fliesst, auf kein medium eruendae veritatis er- kannt werden, wenn nicht 1) die Existenz des Verbrechens an sich gewiss oder doch wahr- scheinlich, und 2) die Person nicht durch zu-
rei-
H h
Von d. Mitt. ein Geſtändn. d. Verbr. zu bewirk.
Drittes Kapitel. Von den Mitteln ein Geſtändniſs des Verbrechers zu bewirken.
I. Von den mediis eruendae veritatis überhaupt.
§. 611.
Wenn der, durch Indicien gravirte Ange- ſchuldigte, weder überführt, noch geſtändig iſt, ſo tritt die Nothwendigkeit eines Mittels, des Angeſchuldigten Geſtändniſs zu bewirken, (medium eruendae veritatis ein. Das Geſtänd- niſs kann bewirkt werden I. durch körperliche Uebel — Tortur II. durch bloſse Vorſtellung und intellectuelle Gefühle, 1) durch Ueberra- ſchung — Confrontation, 2) durch Furcht vor Uebeln und zwar a) durch die Furcht vor gegenwärtigen körperlichen Schmerzen — Territion, b) durch die Furcht vor göttli- cher Strafe — Reinigungseid.
§. 612.
Es kann, wie aus der Natur der Sache flieſst, auf kein medium eruendae veritatis er- kannt werden, wenn nicht 1) die Exiſtenz des Verbrechens an ſich gewiſs oder doch wahr- ſcheinlich, und 2) die Perſon nicht durch zu-
rei-
H h
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><divn="7"><pbfacs="#f0509"n="481"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#i">Von d. Mitt. ein Geſtändn. d. Verbr. zu bewirk.</hi></fw><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="8"><head><hirendition="#g">Drittes Kapitel</hi>.<lb/><hirendition="#i">Von den Mitteln ein Geſtändniſs des Verbrechers<lb/>
zu bewirken.</hi></head><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="9"><head><hirendition="#i">I. <hirendition="#g">Von den mediis eruendae veritatis überhaupt</hi>.</hi></head><lb/><divn="10"><head>§. 611.</head><lb/><p><hirendition="#in">W</hi>enn der, durch Indicien gravirte Ange-<lb/>ſchuldigte, weder überführt, noch geſtändig<lb/>
iſt, ſo tritt die Nothwendigkeit eines Mittels,<lb/>
des Angeſchuldigten Geſtändniſs zu bewirken,<lb/>
(<hirendition="#i">medium eruendae veritatis</hi> ein. Das Geſtänd-<lb/>
niſs kann bewirkt werden I. durch körperliche<lb/>
Uebel —<hirendition="#g">Tortur</hi> II. durch bloſse Vorſtellung<lb/>
und intellectuelle Gefühle, 1) durch Ueberra-<lb/>ſchung —<hirendition="#g">Confrontation</hi>, 2) durch Furcht<lb/>
vor Uebeln und zwar a) durch die Furcht vor<lb/>
gegenwärtigen körperlichen Schmerzen —<lb/><hirendition="#g">Territion</hi>, b) durch die Furcht vor göttli-<lb/>
cher Strafe —<hirendition="#g">Reinigungseid</hi>.</p></div><lb/><divn="10"><head>§. 612.</head><lb/><p>Es kann, wie aus der Natur der Sache<lb/>
flieſst, auf kein <hirendition="#i">medium eruendae veritatis</hi> er-<lb/>
kannt werden, wenn nicht 1) die Exiſtenz des<lb/>
Verbrechens an ſich gewiſs oder doch wahr-<lb/>ſcheinlich, und 2) die Perſon nicht durch zu-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">H h</fw><fwplace="bottom"type="catch">rei-</fw><lb/></p></div></div></div></div></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[481/0509]
Von d. Mitt. ein Geſtändn. d. Verbr. zu bewirk.
Drittes Kapitel.
Von den Mitteln ein Geſtändniſs des Verbrechers
zu bewirken.
I. Von den mediis eruendae veritatis überhaupt.
§. 611.
Wenn der, durch Indicien gravirte Ange-
ſchuldigte, weder überführt, noch geſtändig
iſt, ſo tritt die Nothwendigkeit eines Mittels,
des Angeſchuldigten Geſtändniſs zu bewirken,
(medium eruendae veritatis ein. Das Geſtänd-
niſs kann bewirkt werden I. durch körperliche
Uebel — Tortur II. durch bloſse Vorſtellung
und intellectuelle Gefühle, 1) durch Ueberra-
ſchung — Confrontation, 2) durch Furcht
vor Uebeln und zwar a) durch die Furcht vor
gegenwärtigen körperlichen Schmerzen —
Territion, b) durch die Furcht vor göttli-
cher Strafe — Reinigungseid.
§. 612.
Es kann, wie aus der Natur der Sache
flieſst, auf kein medium eruendae veritatis er-
kannt werden, wenn nicht 1) die Exiſtenz des
Verbrechens an ſich gewiſs oder doch wahr-
ſcheinlich, und 2) die Perſon nicht durch zu-
rei-
H h
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801, S. 481. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/509>, abgerufen am 19.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.