B. Hängt die Stärke der Indicien von dem Beweis derselben ab. Nämlich I. ein Indicium kann den, aus ihm an sich hervorgehenden Grad des Verdachts, nur dann begründen, wenn es selbst vollständig erwiesen ist. II. Ist das Indi- cium nicht vollständig erwiesen, so sinkt der, aus demselben an sich hervorgehende Verdacht, um so viel, als an dem vollen Beweis der Anzei- gung mangelt, Indicien, die, wenn sie voll- ständig erwiesen wären, einen nahen Verdacht begründen würden, wirken nur entfernten Verdacht, wenn sie halb oder noch weniger bewiesen sind. -- Die Regeln von den Indi- cien gelten auch für die mittelbaren Indi- cien.
§. 593.
Ein Indicium verliert alle Kraft: 1) wenn eine Thatsache erwiesen ist, aus welcher die Unmöglichkeit der Begehung des Verbrechens durch die gravirte Person erkannt wird, wo- hin bey gewissen Verbrechen der Beweis der Abwesenheit (la preuve de l'alibi) gehört; 2) wenn durch eine Thatsache der ganze Grund der Anzeigung aufgehoben wird *); 3) wenn
die
auf das eine als auf das andere zu schliessen. Gleichwohl ist die Entfernung ihrer Natur nach ein Grund der Vermuthung, weil auch da[s] Ver- brechen zu den Erklärungsgründen dieser That- sache gehört.
*) Eine Person z. E. entfernt sich nach begangener That; aber man er[fä]hrt, dass sie wegen bestimmte[r] Geschäfte sich entfernt hat, u. s. w.
III. Buch. I. Titel. I. Abſchn. II. Abtheil.
§. 592.
B. Hängt die Stärke der Indicien von dem Beweis derſelben ab. Nämlich I. ein Indicium kann den, aus ihm an ſich hervorgehenden Grad des Verdachts, nur dann begründen, wenn es ſelbſt vollſtändig erwieſen iſt. II. Iſt das Indi- cium nicht vollſtändig erwieſen, ſo ſinkt der, aus demſelben an ſich hervorgehende Verdacht, um ſo viel, als an dem vollen Beweis der Anzei- gung mangelt, Indicien, die, wenn ſie voll- ſtändig erwieſen wären, einen nahen Verdacht begründen würden, wirken nur entfernten Verdacht, wenn ſie halb oder noch weniger bewieſen ſind. — Die Regeln von den Indi- cien gelten auch für die mittelbaren Indi- cien.
§. 593.
Ein Indicium verliert alle Kraft: 1) wenn eine Thatſache erwieſen iſt, aus welcher die Unmöglichkeit der Begehung des Verbrechens durch die gravirte Perſon erkannt wird, wo- hin bey gewiſſen Verbrechen der Beweis der Abweſenheit (la preuve de l’alibi) gehört; 2) wenn durch eine Thatſache der ganze Grund der Anzeigung aufgehoben wird *); 3) wenn
die
auf das eine als auf das andere zu ſchlieſsen. Gleichwohl iſt die Entfernung ihrer Natur nach ein Grund der Vermuthung, weil auch da[s] Ver- brechen zu den Erklärungsgründen dieſer That- ſache gehört.
*) Eine Perſon z. E. entfernt ſich nach begangener That; aber man er[fä]hrt, daſs ſie wegen beſtimmte[r] Geſchäfte ſich entfernt hat, u. ſ. w.
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III. Buch. I. Titel. I. Abſchn. II. Abtheil.
§. 592.
B. Hängt die Stärke der Indicien von dem
Beweis derſelben ab. Nämlich I. ein Indicium
kann den, aus ihm an ſich hervorgehenden Grad
des Verdachts, nur dann begründen, wenn es
ſelbſt vollſtändig erwieſen iſt. II. Iſt das Indi-
cium nicht vollſtändig erwieſen, ſo ſinkt der,
aus demſelben an ſich hervorgehende Verdacht,
um ſo viel, als an dem vollen Beweis der Anzei-
gung mangelt, Indicien, die, wenn ſie voll-
ſtändig erwieſen wären, einen nahen Verdacht
begründen würden, wirken nur entfernten
Verdacht, wenn ſie halb oder noch weniger
bewieſen ſind. — Die Regeln von den Indi-
cien gelten auch für die mittelbaren Indi-
cien.
§. 593.
Ein Indicium verliert alle Kraft: 1) wenn
eine Thatſache erwieſen iſt, aus welcher die
Unmöglichkeit der Begehung des Verbrechens
durch die gravirte Perſon erkannt wird, wo-
hin bey gewiſſen Verbrechen der Beweis der
Abweſenheit (la preuve de l’alibi) gehört;
2) wenn durch eine Thatſache der ganze Grund
der Anzeigung aufgehoben wird *); 3) wenn
die
***)
*) Eine Perſon z. E. entfernt ſich nach begangener
That; aber man erfährt, daſs ſie wegen beſtimmter
Geſchäfte ſich entfernt hat, u. ſ. w.
***) auf das eine als auf das andere zu ſchlieſsen.
Gleichwohl iſt die Entfernung ihrer Natur nach
ein Grund der Vermuthung, weil auch das Ver-
brechen zu den Erklärungsgründen dieſer That-
ſache gehört.
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Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801, S. 470. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/498>, abgerufen am 22.02.2025.
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