meine Bedingung voraus: 1) dass entweder Gewissheit oder doch hohe Wahrscheinlich- keit des begangenen Verbrechens an sich 2) dass zureichender Verdacht vorhanden ist, dass die Person des Verbrechens schuldig sey. Ein Richter, der ohne diese Voraussetzungen, irgend eine dieser Handlungen gegen eine bestimmte Person vornimmt, verletzt ihren guten Namen und wird der Injurie schuldig.
§. 555.
Diese Handlungen des Richters sind noth- wendig verschieden, je nachdem der Ange- schuldigte in dem Gerichtssprengel gegen- wärtig oder abwesend, und in diesem Falle der Flucht verdächtig ist, oder nicht. Ueberall gilt aber die allgemeine Regel: Der Richter hat zu einer, auf die Unterwerfung unter die Gerichtsgewalt gerichteten, Handlung nur in so weit ein Recht, als sie ein nothwendiges Mittel der Ausübung der Criminalgerichtsbarkeit ist.
§. 556.
A. Handlungen gegen den anwesenden Verbre- cher. I. Wenn Gründe vorhanden sind, dass sich der Angeschuldigte der Iustiz freywillig unterwerfe, so ist der Richter zur blossen ordentlichen Citation d. i. dem Befehl des Rich- ters in dem Gericht zu erscheinen, berechtigt. Iedes andere härtere Mittel enthält eine Läsion des Angeschuldigten.
§. 557.
Von d. Theilen d. Criminalproc. überhaupt.
meine Bedingung voraus: 1) daſs entweder Gewiſsheit oder doch hohe Wahrſcheinlich- keit des begangenen Verbrechens an ſich 2) daſs zureichender Verdacht vorhanden iſt, daſs die Perſon des Verbrechens ſchuldig ſey. Ein Richter, der ohne dieſe Vorauſſetzungen, irgend eine dieſer Handlungen gegen eine beſtimmte Perſon vornimmt, verletzt ihren guten Namen und wird der Injurie ſchuldig.
§. 555.
Dieſe Handlungen des Richters ſind noth- wendig verſchieden, je nachdem der Ange- ſchuldigte in dem Gerichtsſprengel gegen- wärtig oder abweſend, und in dieſem Falle der Flucht verdächtig iſt, oder nicht. Ueberall gilt aber die allgemeine Regel: Der Richter hat zu einer, auf die Unterwerfung unter die Gerichtsgewalt gerichteten, Handlung nur in ſo weit ein Recht, als ſie ein nothwendiges Mittel der Ausübung der Criminalgerichtsbarkeit iſt.
§. 556.
A. Handlungen gegen den anweſenden Verbre- cher. I. Wenn Gründe vorhanden ſind, daſs ſich der Angeſchuldigte der Iuſtiz freywillig unterwerfe, ſo iſt der Richter zur bloſsen ordentlichen Citation d. i. dem Befehl des Rich- ters in dem Gericht zu erſcheinen, berechtigt. Iedes andere härtere Mittel enthält eine Läſion des Angeſchuldigten.
§. 557.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><divn="7"><p><pbfacs="#f0475"n="447"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#i">Von d. Theilen d. Criminalproc. überhaupt.</hi></fw><lb/>
meine Bedingung voraus: 1) daſs entweder<lb/>
Gewiſsheit oder doch hohe Wahrſcheinlich-<lb/>
keit des begangenen Verbrechens an ſich<lb/>
2) daſs zureichender Verdacht vorhanden iſt,<lb/>
daſs die Perſon des Verbrechens ſchuldig ſey.<lb/>
Ein Richter, der ohne dieſe Vorauſſetzungen,<lb/>
irgend eine dieſer Handlungen gegen eine<lb/>
beſtimmte Perſon vornimmt, verletzt ihren<lb/>
guten Namen und wird der Injurie ſchuldig.</p></div><lb/><divn="7"><head>§. 555.</head><lb/><p>Dieſe Handlungen des Richters ſind noth-<lb/>
wendig verſchieden, je nachdem der Ange-<lb/>ſchuldigte in dem Gerichtsſprengel gegen-<lb/>
wärtig oder abweſend, und in dieſem Falle<lb/>
der Flucht verdächtig iſt, oder nicht. Ueberall<lb/>
gilt aber die allgemeine Regel: <hirendition="#i">Der Richter<lb/>
hat zu einer, auf die Unterwerfung unter die<lb/>
Gerichtsgewalt gerichteten, Handlung nur in ſo<lb/>
weit ein Recht, als ſie ein nothwendiges Mittel<lb/>
der Ausübung der Criminalgerichtsbarkeit iſt</hi>.</p></div><lb/><divn="7"><head>§. 556.</head><lb/><p>A. <hirendition="#i">Handlungen gegen den anweſenden Verbre-<lb/>
cher</hi>. I. Wenn Gründe vorhanden ſind, daſs<lb/>ſich der Angeſchuldigte der Iuſtiz freywillig<lb/>
unterwerfe, ſo iſt der Richter zur bloſsen<lb/><hirendition="#i">ordentlichen Citation</hi> d. i. dem Befehl des Rich-<lb/>
ters in dem Gericht zu erſcheinen, berechtigt.<lb/>
Iedes andere härtere Mittel enthält eine Läſion<lb/>
des Angeſchuldigten.</p></div><lb/><fwplace="bottom"type="catch">§. 557.</fw><lb/></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[447/0475]
Von d. Theilen d. Criminalproc. überhaupt.
meine Bedingung voraus: 1) daſs entweder
Gewiſsheit oder doch hohe Wahrſcheinlich-
keit des begangenen Verbrechens an ſich
2) daſs zureichender Verdacht vorhanden iſt,
daſs die Perſon des Verbrechens ſchuldig ſey.
Ein Richter, der ohne dieſe Vorauſſetzungen,
irgend eine dieſer Handlungen gegen eine
beſtimmte Perſon vornimmt, verletzt ihren
guten Namen und wird der Injurie ſchuldig.
§. 555.
Dieſe Handlungen des Richters ſind noth-
wendig verſchieden, je nachdem der Ange-
ſchuldigte in dem Gerichtsſprengel gegen-
wärtig oder abweſend, und in dieſem Falle
der Flucht verdächtig iſt, oder nicht. Ueberall
gilt aber die allgemeine Regel: Der Richter
hat zu einer, auf die Unterwerfung unter die
Gerichtsgewalt gerichteten, Handlung nur in ſo
weit ein Recht, als ſie ein nothwendiges Mittel
der Ausübung der Criminalgerichtsbarkeit iſt.
§. 556.
A. Handlungen gegen den anweſenden Verbre-
cher. I. Wenn Gründe vorhanden ſind, daſs
ſich der Angeſchuldigte der Iuſtiz freywillig
unterwerfe, ſo iſt der Richter zur bloſsen
ordentlichen Citation d. i. dem Befehl des Rich-
ters in dem Gericht zu erſcheinen, berechtigt.
Iedes andere härtere Mittel enthält eine Läſion
des Angeſchuldigten.
§. 557.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801, S. 447. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/475>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.