tung und zwar im Sinne des gemeinen Rechts, besteht in der Gewalt des Staats, gegebene Hand- lungen nach Strafgesetzen rechtsgültig zu beur- theilen. Die Criminalgerichtsbarkeit umfasst daher in diesem Sinne alle mit öffentlichen Strafen bedrohte Handlungen. *) Da aber nach Partikulargesetzen und Gewohnheiten geringere Verbrechen und Strafen als Objecte des Civilgerichts betrachtet werden, so ist die Criminalgerichtsbarkeit nach deutschem Partiku- larrecht von geringerem Umfang und besteht als besondere Iurisdiction in der Gewalt, nach Gesetzen, welche mit peinlichen Strafen drohen, gegebene Handlungen zu beurtheilen. **)
Anm. Von den Benennungen hohe Gerichtsbarkeit. Fraiss, laut, Blutbann, Malefizgericht u. s. w. und deren verschiedenen Bedeutungen.
§. 528.
Vor die deutsche Criminalgerichtsbarkeit gehören daher blos peinliche Sachenim engern Sinn, d. i. Gegenstände der Beurthei- lung, welche entweder in abstracto (in thesi) oder doch nach den besondern Umständen (in hypothesi) eine besonders schwere Strafe zur Folge haben. Handlungen, welche Leibes- strafen, verstümmelnde Strafen, Confiscation des ganzen Vermögens und ewiges Gefängniss oder lebenswierige Verweisung begründen, gehören wohl überall zu den peinlichen Sa-
chen.
*) §. 10. I. de injur. L. 92. D. de furtis. L. un. C. quando civilis actio.
**)
III. Buch. Einl. I. Titel.
tung und zwar im Sinne des gemeinen Rechts, beſteht in der Gewalt des Staats, gegebene Hand- lungen nach Strafgeſetzen rechtsgültig zu beur- theilen. Die Criminalgerichtsbarkeit umfaſst daher in dieſem Sinne alle mit öffentlichen Strafen bedrohte Handlungen. *) Da aber nach Partikulargeſetzen und Gewohnheiten geringere Verbrechen und Strafen als Objecte des Civilgerichts betrachtet werden, ſo iſt die Criminalgerichtsbarkeit nach deutſchem Partiku- larrecht von geringerem Umfang und beſteht als beſondere Iurisdiction in der Gewalt, nach Geſetzen, welche mit peinlichen Strafen drohen, gegebene Handlungen zu beurtheilen. **)
Anm. Von den Benennungen hohe Gerichtsbarkeit. Fraiſs, laut, Blutbann, Malefizgericht u. ſ. w. und deren verſchiedenen Bedeutungen.
§. 528.
Vor die deutſche Criminalgerichtsbarkeit gehören daher blos peinliche Sachenim engern Sinn, d. i. Gegenſtände der Beurthei- lung, welche entweder in abſtracto (in theſi) oder doch nach den beſondern Umſtänden (in hypotheſi) eine beſonders ſchwere Strafe zur Folge haben. Handlungen, welche Leibes- ſtrafen, verſtümmelnde Strafen, Confiscation des ganzen Vermögens und ewiges Gefängniſs oder lebenswierige Verweiſung begründen, gehören wohl überall zu den peinlichen Sa-
chen.
*) §. 10. I. de injur. L. 92. D. de furtis. L. un. C. quando civilis actio.
**)
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III. Buch. Einl. I. Titel.
tung und zwar im Sinne des gemeinen Rechts,
beſteht in der Gewalt des Staats, gegebene Hand-
lungen nach Strafgeſetzen rechtsgültig zu beur-
theilen. Die Criminalgerichtsbarkeit umfaſst
daher in dieſem Sinne alle mit öffentlichen
Strafen bedrohte Handlungen. *) Da aber
nach Partikulargeſetzen und Gewohnheiten
geringere Verbrechen und Strafen als Objecte
des Civilgerichts betrachtet werden, ſo iſt die
Criminalgerichtsbarkeit nach deutſchem Partiku-
larrecht von geringerem Umfang und beſteht
als beſondere Iurisdiction in der Gewalt, nach
Geſetzen, welche mit peinlichen Strafen drohen,
gegebene Handlungen zu beurtheilen. **)
Anm. Von den Benennungen hohe Gerichtsbarkeit.
Fraiſs, laut, Blutbann, Malefizgericht u. ſ. w. und
deren verſchiedenen Bedeutungen.
§. 528.
Vor die deutſche Criminalgerichtsbarkeit
gehören daher blos peinliche Sachen im
engern Sinn, d. i. Gegenſtände der Beurthei-
lung, welche entweder in abſtracto (in theſi)
oder doch nach den beſondern Umſtänden (in
hypotheſi) eine beſonders ſchwere Strafe zur
Folge haben. Handlungen, welche Leibes-
ſtrafen, verſtümmelnde Strafen, Confiscation
des ganzen Vermögens und ewiges Gefängniſs
oder lebenswierige Verweiſung begründen,
gehören wohl überall zu den peinlichen Sa-
chen.
*) §. 10. I. de injur. L. 92. D. de furtis. L. un. C.
quando civilis actio.
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Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801, S. 426. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/454>, abgerufen am 22.02.2025.
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