Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801.

Bild:
<< vorherige Seite

II. Buch. III. Theil. III. Titel. II. Abschnitt.
schlaf gesetzwidrig befriedigt hat. Eine
Weibsperson, welche die entgegengesetzten
Eigenschaften hat, heisst Hure (meretrix),
gleichviel, ob sie um Geld *) oder aus blosser
Wollust sich Preiss giebt. Der Beyschlaf mit
ihr, unter den Merkmalen der Schwächung,
ist Hurerey (fornicatio).

§. 485.

Von Seiten des Mannes sind in der Regel
nach allgemeinen Principien beyde Vergehen
einander gleich. Nicht so von Seiten des
Weibes. Das Vergehen der Stuprirten ent-
springt aus Schwäche, das Vergehen der Hure
aus Niederträchtigkeit; jene ist gewöhnlich die
Verführte, diese ist Verführerin und verbrei-
tet das verheerende Gift ihres Lasters.

§. 486.

Strafe Nach röm. R. wird Hurerey
an dem Manne nie, an dem Weibe nur dann
bestraft, wenn sie von der Polizey (dem Aedi-
lis) nicht zum Hurenhandwerk privilegirt wor-
den ist. Wer eine Freygebohrne schwäch-
te
, wurde mit der Hälfte seines Vermögens,
oder, wenn er persona humilior war, mit Lei-

besstrafe
*) Einige machen den Lohn zum Hauptmerkmal.
L. 43 §. 3. D. de R. N. sagt aber: octavenus rectissime
ait, etiam eam, quae sine quaestu palam se prosti-
tuerit, debuisse meretricibus annumerari.

II. Buch. III. Theil. III. Titel. II. Abſchnitt.
ſchlaf geſetzwidrig befriedigt hat. Eine
Weibsperſon, welche die entgegengeſetzten
Eigenſchaften hat, heiſst Hure (meretrix),
gleichviel, ob ſie um Geld *) oder aus bloſser
Wolluſt ſich Preiſs giebt. Der Beyſchlaf mit
ihr, unter den Merkmalen der Schwächung,
iſt Hurerey (fornicatio).

§. 485.

Von Seiten des Mannes ſind in der Regel
nach allgemeinen Principien beyde Vergehen
einander gleich. Nicht ſo von Seiten des
Weibes. Das Vergehen der Stuprirten ent-
ſpringt aus Schwäche, das Vergehen der Hure
aus Niederträchtigkeit; jene iſt gewöhnlich die
Verführte, dieſe iſt Verführerin und verbrei-
tet das verheerende Gift ihres Laſters.

§. 486.

Strafe Nach röm. R. wird Hurerey
an dem Manne nie, an dem Weibe nur dann
beſtraft, wenn ſie von der Polizey (dem Aedi-
lis) nicht zum Hurenhandwerk privilegirt wor-
den iſt. Wer eine Freygebohrne ſchwäch-
te
, wurde mit der Hälfte ſeines Vermögens,
oder, wenn er perſona humilior war, mit Lei-

besſtrafe
*) Einige machen den Lohn zum Hauptmerkmal.
L. 43 §. 3. D. de R. N. ſagt aber: octavenus rectiſſime
ait, etiam eam, quae ſine quaeſtu palam ſe proſti-
tuerit, debuiſſe meretricibus annumerari.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <div n="8">
                      <p><pb facs="#f0420" n="392"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#i">II. Buch. III. Theil. III. Titel. II. Ab&#x017F;chnitt.</hi></fw><lb/>
&#x017F;chlaf ge&#x017F;etzwidrig befriedigt hat. Eine<lb/>
Weibsper&#x017F;on, welche die entgegenge&#x017F;etzten<lb/>
Eigen&#x017F;chaften hat, hei&#x017F;st <hi rendition="#g">Hure</hi> (<hi rendition="#i">meretrix</hi>),<lb/>
gleichviel, ob &#x017F;ie um Geld <note place="foot" n="*)">Einige machen den Lohn zum Hauptmerkmal.<lb/>
L. 43 §. 3. D. <hi rendition="#i">de R. N.</hi> &#x017F;agt aber: octavenus recti&#x017F;&#x017F;ime<lb/>
ait, etiam eam, quae <hi rendition="#i">&#x017F;ine quae&#x017F;tu</hi> palam &#x017F;e pro&#x017F;ti-<lb/>
tuerit, debui&#x017F;&#x017F;e meretricibus annumerari.</note> oder aus blo&#x017F;ser<lb/>
Wollu&#x017F;t &#x017F;ich Prei&#x017F;s giebt. Der Bey&#x017F;chlaf mit<lb/>
ihr, unter den Merkmalen der Schwächung,<lb/>
i&#x017F;t <hi rendition="#g">Hurerey</hi> (<hi rendition="#i">fornicatio</hi>).</p>
                    </div><lb/>
                    <div n="8">
                      <head>§. 485.</head><lb/>
                      <p>Von Seiten des Mannes &#x017F;ind in der Regel<lb/>
nach allgemeinen Principien beyde Vergehen<lb/>
einander gleich. Nicht &#x017F;o von Seiten des<lb/>
Weibes. Das Vergehen der Stuprirten ent-<lb/>
&#x017F;pringt aus Schwäche, das Vergehen der Hure<lb/>
aus Niederträchtigkeit; jene i&#x017F;t gewöhnlich die<lb/>
Verführte, die&#x017F;e i&#x017F;t Verführerin und verbrei-<lb/>
tet das verheerende Gift ihres La&#x017F;ters.</p>
                    </div><lb/>
                    <div n="8">
                      <head>§. 486.</head><lb/>
                      <p><hi rendition="#g">Strafe</hi> Nach <hi rendition="#i">röm. R.</hi> wird <hi rendition="#g">Hurerey</hi><lb/>
an dem Manne nie, an dem Weibe nur dann<lb/>
be&#x017F;traft, wenn &#x017F;ie von der Polizey (dem Aedi-<lb/>
lis) nicht zum Hurenhandwerk privilegirt wor-<lb/>
den i&#x017F;t. Wer eine Freygebohrne <hi rendition="#g">&#x017F;chwäch-<lb/>
te</hi>, wurde mit der Hälfte &#x017F;eines Vermögens,<lb/>
oder, wenn er <hi rendition="#i">per&#x017F;ona humilior</hi> war, mit Lei-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">bes&#x017F;trafe</fw><lb/></p>
                    </div>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[392/0420] II. Buch. III. Theil. III. Titel. II. Abſchnitt. ſchlaf geſetzwidrig befriedigt hat. Eine Weibsperſon, welche die entgegengeſetzten Eigenſchaften hat, heiſst Hure (meretrix), gleichviel, ob ſie um Geld *) oder aus bloſser Wolluſt ſich Preiſs giebt. Der Beyſchlaf mit ihr, unter den Merkmalen der Schwächung, iſt Hurerey (fornicatio). §. 485. Von Seiten des Mannes ſind in der Regel nach allgemeinen Principien beyde Vergehen einander gleich. Nicht ſo von Seiten des Weibes. Das Vergehen der Stuprirten ent- ſpringt aus Schwäche, das Vergehen der Hure aus Niederträchtigkeit; jene iſt gewöhnlich die Verführte, dieſe iſt Verführerin und verbrei- tet das verheerende Gift ihres Laſters. §. 486. Strafe Nach röm. R. wird Hurerey an dem Manne nie, an dem Weibe nur dann beſtraft, wenn ſie von der Polizey (dem Aedi- lis) nicht zum Hurenhandwerk privilegirt wor- den iſt. Wer eine Freygebohrne ſchwäch- te, wurde mit der Hälfte ſeines Vermögens, oder, wenn er perſona humilior war, mit Lei- besſtrafe *) Einige machen den Lohn zum Hauptmerkmal. L. 43 §. 3. D. de R. N. ſagt aber: octavenus rectiſſime ait, etiam eam, quae ſine quaeſtu palam ſe proſti- tuerit, debuiſſe meretricibus annumerari.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/420
Zitationshilfe: Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801, S. 392. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/420>, abgerufen am 19.11.2024.