Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801.

Bild:
<< vorherige Seite

II. Buch. II. Theil. I. Titel. II. Abschnitt.
treibt; II. als Läsion der Persönlichkeit der
Mutter und des werdenden Menschen zugleich,
wenn die Abtreibung von einer andern Person
wider Willen der Mutter geschehen ist. --
Das Abtreiben selbst kann sowohl durch äus-
sere Einwirkung auf den Fötus nach mechani-
schen, als auch durch innerliche Einwirkung
auf denselben nach chemischen Gesetzen er-
folgen *).

§. 432.

Auch der Embryo ist ein Mensch **) und
wenn gleich der Staat nicht verpflichtet
ist, ihn zu schützen, so ist er doch berechtigt,
sich in ihm einen künftigen Bürger zu erhal-
ten. Die Gesetze strafen daher seine Ver-
letzung und unterscheiden zwischen der Ab-
treibung eines schon belebten und eines noch
unbelebten Fötus (f. animatus s. sormatus -- non-
dum animatus s. non formatus
). In jenem Falle
soll dolose Abtreibung mit dem Schwerd an
einem Manne, mit dem Ertränken an einer
Weibsperson; im letzten Falle aber willkünr-
lich bestraft werden ***).


§. 433.
*) Vergl. Ploucquet über d. gewaltsamen Todesar-
ten.
S. 387. ff. Metzger gerichtl. Arzneyw. n. A.
S. 255. ff.
**) Nicht nach Röm. R. L. 9. D. ad L. Falc. L. 2. D.
de mort. infer.
L. 1. §. 1. D. de inspic. ventre. Nur
dann wurde daher die Abtreibung bestraft, wenn
dadurch der Ehemann der Hofnung, Vater zu wer-
den, beraubt wurde. L. 4. D. de extraord. crimin.
L. 39. D. de poenis. L. 8. D. ad L. Corn. de Sicar.
***) P. G. O. Art. 133.

II. Buch. II. Theil. I. Titel. II. Abſchnitt.
treibt; II. als Läſion der Perſönlichkeit der
Mutter und des werdenden Menſchen zugleich,
wenn die Abtreibung von einer andern Perſon
wider Willen der Mutter geſchehen iſt. —
Das Abtreiben ſelbſt kann ſowohl durch äuſ-
ſere Einwirkung auf den Fötus nach mechani-
ſchen, als auch durch innerliche Einwirkung
auf denſelben nach chemiſchen Geſetzen er-
folgen *).

§. 432.

Auch der Embryo iſt ein Menſch **) und
wenn gleich der Staat nicht verpflichtet
iſt, ihn zu ſchützen, ſo iſt er doch berechtigt,
ſich in ihm einen künftigen Bürger zu erhal-
ten. Die Geſetze ſtrafen daher ſeine Ver-
letzung und unterſcheiden zwiſchen der Ab-
treibung eines ſchon belebten und eines noch
unbelebten Fötus (f. animatus ſ. ſormatus — non-
dum animatus ſ. non formatus
). In jenem Falle
ſoll doloſe Abtreibung mit dem Schwerd an
einem Manne, mit dem Ertränken an einer
Weibsperſon; im letzten Falle aber willkünr-
lich beſtraft werden ***).


§. 433.
*) Vergl. Ploucquet über d. gewaltſamen Todesar-
ten.
S. 387. ff. Metzger gerichtl. Arzneyw. n. A.
S. 255. ff.
**) Nicht nach Röm. R. L. 9. D. ad L. Falc. L. 2. D.
de mort. infer.
L. 1. §. 1. D. de inſpic. ventre. Nur
dann wurde daher die Abtreibung beſtraft, wenn
dadurch der Ehemann der Hofnung, Vater zu wer-
den, beraubt wurde. L. 4. D. de extraord. crimin.
L. 39. D. de poenis. L. 8. D. ad L. Corn. de Sicar.
***) P. G. O. Art. 133.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <p><pb facs="#f0376" n="348"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#i">II. Buch. II. Theil. I. Titel. II. Ab&#x017F;chnitt.</hi></fw><lb/>
treibt; II. als Lä&#x017F;ion der Per&#x017F;önlichkeit der<lb/>
Mutter und des werdenden Men&#x017F;chen zugleich,<lb/>
wenn die Abtreibung von einer andern Per&#x017F;on<lb/>
wider Willen der Mutter ge&#x017F;chehen i&#x017F;t. &#x2014;<lb/>
Das Abtreiben &#x017F;elb&#x017F;t kann &#x017F;owohl durch äu&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ere Einwirkung auf den Fötus nach mechani-<lb/>
&#x017F;chen, als auch durch innerliche Einwirkung<lb/>
auf den&#x017F;elben nach chemi&#x017F;chen Ge&#x017F;etzen er-<lb/>
folgen <note place="foot" n="*)">Vergl. <hi rendition="#g">Ploucquet</hi> <hi rendition="#i">über d. gewalt&#x017F;amen Todesar-<lb/>
ten.</hi> S. 387. ff. <hi rendition="#g">Metzger</hi> <hi rendition="#i">gerichtl. Arzneyw.</hi> n. A.<lb/>
S. 255. ff.</note>.</p>
                </div><lb/>
                <div n="6">
                  <head>§. 432.</head><lb/>
                  <p>Auch der Embryo i&#x017F;t ein Men&#x017F;ch <note place="foot" n="**)">Nicht nach Röm. R. L. 9. D. <hi rendition="#i">ad L. Falc.</hi> L. 2. <hi rendition="#i">D.<lb/>
de mort. infer.</hi> L. 1. §. 1. D. <hi rendition="#i">de in&#x017F;pic. ventre.</hi> Nur<lb/>
dann wurde daher die Abtreibung be&#x017F;traft, wenn<lb/>
dadurch der Ehemann der Hofnung, Vater zu wer-<lb/>
den, beraubt wurde. L. 4. D. <hi rendition="#i">de extraord. crimin.</hi><lb/>
L. 39. D. <hi rendition="#i">de poenis.</hi> L. 8. D. <hi rendition="#i">ad L. Corn. de Sicar.</hi></note> und<lb/>
wenn gleich der Staat nicht verpflichtet<lb/>
i&#x017F;t, ihn zu &#x017F;chützen, &#x017F;o i&#x017F;t er doch berechtigt,<lb/>
&#x017F;ich in ihm einen künftigen Bürger zu erhal-<lb/>
ten. Die Ge&#x017F;etze &#x017F;trafen daher &#x017F;eine Ver-<lb/>
letzung und unter&#x017F;cheiden zwi&#x017F;chen der Ab-<lb/>
treibung eines &#x017F;chon <hi rendition="#i">belebten</hi> und eines noch<lb/><hi rendition="#i">unbelebten</hi> Fötus (<hi rendition="#i">f. animatus &#x017F;. &#x017F;ormatus &#x2014; non-<lb/>
dum animatus &#x017F;. non formatus</hi>). In jenem Falle<lb/>
&#x017F;oll dolo&#x017F;e Abtreibung mit dem Schwerd an<lb/>
einem Manne, mit dem Ertränken an einer<lb/>
Weibsper&#x017F;on; im letzten Falle aber willkünr-<lb/>
lich be&#x017F;traft werden <note place="foot" n="***)">P. G. O. Art. 133.</note>.</p>
                </div><lb/>
                <fw place="bottom" type="catch">§. 433.</fw><lb/>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[348/0376] II. Buch. II. Theil. I. Titel. II. Abſchnitt. treibt; II. als Läſion der Perſönlichkeit der Mutter und des werdenden Menſchen zugleich, wenn die Abtreibung von einer andern Perſon wider Willen der Mutter geſchehen iſt. — Das Abtreiben ſelbſt kann ſowohl durch äuſ- ſere Einwirkung auf den Fötus nach mechani- ſchen, als auch durch innerliche Einwirkung auf denſelben nach chemiſchen Geſetzen er- folgen *). §. 432. Auch der Embryo iſt ein Menſch **) und wenn gleich der Staat nicht verpflichtet iſt, ihn zu ſchützen, ſo iſt er doch berechtigt, ſich in ihm einen künftigen Bürger zu erhal- ten. Die Geſetze ſtrafen daher ſeine Ver- letzung und unterſcheiden zwiſchen der Ab- treibung eines ſchon belebten und eines noch unbelebten Fötus (f. animatus ſ. ſormatus — non- dum animatus ſ. non formatus). In jenem Falle ſoll doloſe Abtreibung mit dem Schwerd an einem Manne, mit dem Ertränken an einer Weibsperſon; im letzten Falle aber willkünr- lich beſtraft werden ***). §. 433. *) Vergl. Ploucquet über d. gewaltſamen Todesar- ten. S. 387. ff. Metzger gerichtl. Arzneyw. n. A. S. 255. ff. **) Nicht nach Röm. R. L. 9. D. ad L. Falc. L. 2. D. de mort. infer. L. 1. §. 1. D. de inſpic. ventre. Nur dann wurde daher die Abtreibung beſtraft, wenn dadurch der Ehemann der Hofnung, Vater zu wer- den, beraubt wurde. L. 4. D. de extraord. crimin. L. 39. D. de poenis. L. 8. D. ad L. Corn. de Sicar. ***) P. G. O. Art. 133.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/376
Zitationshilfe: Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/376>, abgerufen am 22.12.2024.