aber zugleich kein anderes Recht verletzten -- Symbolische Injurien. Diese können begangen werden, 1) sowohl durch Worte, schriftlich oder mündlich -- Wortinjurien (injuriae verbales), oder durch andere Zeichen der Gedanken -- symbolische Injurien im engern Sinne *).
§. 328.
Die Realinjurien setzen nothwendig vor- aus, dass die ein andres Recht verletzende Handlung an und für sich eine Ehrenverletzung sey, also entweder eine Verläumdung in sich enthalte **) oder den Andern beschimpfe, oder doch, nach der gemeinen Vorstellungsart, als Zeichen einer positiven Verachtung betrachtet werde ***). Eine Rechtsverletzung, die diese Eigenschaften nicht hat, wird nicht dadurch zur Injurie, dass sie in der Absicht, die Ehre zu kränken, zugefügt worden ist ****).
§. 329.
*) L. 1. §. 1. 2. D. de injuriis. Weber a. a. O. Abthl. 1. S. 17. f.
**) z. E. Betastung eines Frauenzimmers wider ihren Willen.
***) z. E. Ohrfeigen, Nasenstüber, Anspeyen etc. L. 1. §. 1, D. de extraord. crim.
****) Dagegen scheinen zwar Gesetze zu seyn, wie L. 3. §. 1. 2. L. 13. §. 7. D. de injur. L. 1. §. 38. D. de- positi. L. 53. pr. D. de furcis. L. 41. pr. D. ad L. Aquil. Allein 1) was bey den Römern beschim- pfende Rechtsverletzung war, ist es darum nicht
bey
II. Buch. I. Theil. II Titel. I. Abſchnitt.
aber zugleich kein anderes Recht verletzten — Symboliſche Injurien. Dieſe können begangen werden, 1) ſowohl durch Worte, ſchriftlich oder mündlich — Wortinjurien (injuriae verbales), oder durch andere Zeichen der Gedanken — ſymboliſche Injurien im engern Sinne *).
§. 328.
Die Realinjurien ſetzen nothwendig vor- aus, daſs die ein andres Recht verletzende Handlung an und für ſich eine Ehrenverletzung ſey, alſo entweder eine Verläumdung in ſich enthalte **) oder den Andern beſchimpfe, oder doch, nach der gemeinen Vorſtellungsart, als Zeichen einer poſitiven Verachtung betrachtet werde ***). Eine Rechtsverletzung, die dieſe Eigenſchaften nicht hat, wird nicht dadurch zur Injurie, daſs ſie in der Abſicht, die Ehre zu kränken, zugefügt worden iſt ****).
§. 329.
*) L. 1. §. 1. 2. D. de injuriis. Weber a. a. O. Abthl. 1. S. 17. f.
**) z. E. Betaſtung eines Frauenzimmers wider ihren Willen.
***) z. E. Ohrfeigen, Naſenſtüber, Anſpeyen etc. L. 1. §. 1, D. de extraord. crim.
****) Dagegen ſcheinen zwar Geſetze zu ſeyn, wie L. 3. §. 1. 2. L. 13. §. 7. D. de injur. L. 1. §. 38. D. de- poſiti. L. 53. pr. D. de furcis. L. 41. pr. D. ad L. Aquil. Allein 1) was bey den Römern beſchim- pfende Rechtsverletzung war, iſt es darum nicht
bey
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II. Buch. I. Theil. II Titel. I. Abſchnitt.
aber zugleich kein anderes Recht verletzten —
Symboliſche Injurien. Dieſe können
begangen werden, 1) ſowohl durch Worte,
ſchriftlich oder mündlich — Wortinjurien
(injuriae verbales), oder durch andere Zeichen
der Gedanken — ſymboliſche Injurien
im engern Sinne *).
§. 328.
Die Realinjurien ſetzen nothwendig vor-
aus, daſs die ein andres Recht verletzende
Handlung an und für ſich eine Ehrenverletzung
ſey, alſo entweder eine Verläumdung in ſich
enthalte **) oder den Andern beſchimpfe, oder
doch, nach der gemeinen Vorſtellungsart, als
Zeichen einer poſitiven Verachtung betrachtet
werde ***). Eine Rechtsverletzung, die dieſe
Eigenſchaften nicht hat, wird nicht dadurch
zur Injurie, daſs ſie in der Abſicht, die Ehre
zu kränken, zugefügt worden iſt ****).
§. 329.
*) L. 1. §. 1. 2. D. de injuriis. Weber a. a. O. Abthl.
1. S. 17. f.
**) z. E. Betaſtung eines Frauenzimmers wider ihren
Willen.
***) z. E. Ohrfeigen, Naſenſtüber, Anſpeyen etc. L.
1. §. 1, D. de extraord. crim.
****) Dagegen ſcheinen zwar Geſetze zu ſeyn, wie L. 3.
§. 1. 2. L. 13. §. 7. D. de injur. L. 1. §. 38. D. de-
poſiti. L. 53. pr. D. de furcis. L. 41. pr. D. ad L.
Aquil. Allein 1) was bey den Römern beſchim-
pfende Rechtsverletzung war, iſt es darum nicht
bey
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Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/282>, abgerufen am 22.02.2025.
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