rechtigt ist *) 2) durch Andichtung solcher Thatsachen, welche nothwendig die Erklä- rung der Untauglichkeit des andern als Mit- glied seines Standes, in sich enthalten **).
§. 321.
C. In Ansehung des animus injuriandi ist es im Allgemeinen gleichviel, ob die Ehrenver- letzung Zweck der Person war, oder ob sie die injuriöse Handlung mit dem Bewusstseyn die- ser Eigenschaft, blos als Bedingung zur Errei- chung eines andern Zwecks unternahm. Al- lein bey Privatinjurien (§. 316.), welche blos als Ehrenverletzung unerlaubt sind, und in keiner andern Rücksicht eine Läsion enthalten, wird nicht blos das Bewusstseyn der injuriösen Ei- genschaft, sondern auch die wirkliche Absicht, die Ehre zu kränken, erfordert ***). Hier hebt also Scherz die Injurie auf; bey andern Arten der Injurie nicht.
§. 322.
*)Kleinschrod a. O. §. 3. schliesst diese Fälle, aus ganz unzureichenden Gründen, von der Injurie aus, wie er denn überhaupt die Injurien blos auf Ver- läumdungen beschränkt.
**) Wenn ich z. E. von einem Geistlichen Laster aus- sage, wenn ich sage, dass er ein Trunkenbold sey u. s. w. Nicht deswegen ist dieses Injurie, weil die Moralität desselben dadurch nicht anerkannt wird, sondern weil seine Standesehre leidet.
***) Immer wird diese Rücksicht übersehen. Injuriire ich, wenn ich einen andern unter vier Augen im
Scherz
Verletzung des Rechts auf Ehre.
rechtigt iſt *) 2) durch Andichtung ſolcher Thatſachen, welche nothwendig die Erklä- rung der Untauglichkeit des andern als Mit- glied ſeines Standes, in ſich enthalten **).
§. 321.
C. In Anſehung des animus injuriandi iſt es im Allgemeinen gleichviel, ob die Ehrenver- letzung Zweck der Perſon war, oder ob ſie die injuriöſe Handlung mit dem Bewuſstſeyn die- ſer Eigenſchaft, blos als Bedingung zur Errei- chung eines andern Zwecks unternahm. Al- lein bey Privatinjurien (§. 316.), welche blos als Ehrenverletzung unerlaubt ſind, und in keiner andern Rückſicht eine Läſion enthalten, wird nicht blos das Bewuſstſeyn der injuriöſen Ei- genſchaft, ſondern auch die wirkliche Abſicht, die Ehre zu kränken, erfordert ***). Hier hebt alſo Scherz die Injurie auf; bey andern Arten der Injurie nicht.
§. 322.
*)Kleinſchrod a. O. §. 3. ſchlieſst dieſe Fälle, aus ganz unzureichenden Gründen, von der Injurie aus, wie er denn überhaupt die Injurien blos auf Ver- läumdungen beſchränkt.
**) Wenn ich z. E. von einem Geiſtlichen Laſter aus- ſage, wenn ich ſage, daſs er ein Trunkenbold ſey u. ſ. w. Nicht deswegen iſt dieſes Injurie, weil die Moralität deſſelben dadurch nicht anerkannt wird, ſondern weil ſeine Standesehre leidet.
***) Immer wird dieſe Rückſicht überſehen. Injuriire ich, wenn ich einen andern unter vier Augen im
Scherz
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Verletzung des Rechts auf Ehre.
rechtigt iſt *) 2) durch Andichtung ſolcher
Thatſachen, welche nothwendig die Erklä-
rung der Untauglichkeit des andern als Mit-
glied ſeines Standes, in ſich enthalten **).
§. 321.
C. In Anſehung des animus injuriandi iſt es
im Allgemeinen gleichviel, ob die Ehrenver-
letzung Zweck der Perſon war, oder ob ſie die
injuriöſe Handlung mit dem Bewuſstſeyn die-
ſer Eigenſchaft, blos als Bedingung zur Errei-
chung eines andern Zwecks unternahm. Al-
lein bey Privatinjurien (§. 316.), welche blos als
Ehrenverletzung unerlaubt ſind, und in keiner
andern Rückſicht eine Läſion enthalten, wird
nicht blos das Bewuſstſeyn der injuriöſen Ei-
genſchaft, ſondern auch die wirkliche Abſicht,
die Ehre zu kränken, erfordert ***). Hier hebt alſo
Scherz die Injurie auf; bey andern Arten der
Injurie nicht.
§. 322.
*) Kleinſchrod a. O. §. 3. ſchlieſst dieſe Fälle, aus
ganz unzureichenden Gründen, von der Injurie aus,
wie er denn überhaupt die Injurien blos auf Ver-
läumdungen beſchränkt.
**) Wenn ich z. E. von einem Geiſtlichen Laſter aus-
ſage, wenn ich ſage, daſs er ein Trunkenbold ſey
u. ſ. w. Nicht deswegen iſt dieſes Injurie, weil
die Moralität deſſelben dadurch nicht anerkannt
wird, ſondern weil ſeine Standesehre leidet.
***) Immer wird dieſe Rückſicht überſehen. Injuriire
ich, wenn ich einen andern unter vier Augen im
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Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/277>, abgerufen am 22.02.2025.
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