Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801.II. Buch. I. Theil. II. Titel. I. Abschnitt. §. 313. A.) Da die Injurie ein wirkliches Zwangs- §. 314. Auf die Anerkennung des theoretischen sckrän- Handlung enthalten sind. Dies ist aber ganz den deut-
lichen Worten obiger Gesetze und der Natur der Sache entgegen. Grolman C. R. W. §. 341. läug- net die ganze Bedingung schlechthin, ob er gleich -- selbst behauptet, dass culpose Injurien nicht be- straft würden, auch nach den Gesetzen nicht ein- mal der Begriff und Name vorhanden sey. Was bleibt denn einer culposen Injurie übrig? II. Buch. I. Theil. II. Titel. I. Abſchnitt. §. 313. A.) Da die Injurie ein wirkliches Zwangs- §. 314. Auf die Anerkennung des theoretiſchen ſckrän- Handlung enthalten ſind. Dies iſt aber ganz den deut-
lichen Worten obiger Geſetze und der Natur der Sache entgegen. Grolman C. R. W. §. 341. läug- net die ganze Bedingung ſchlechthin, ob er gleich — ſelbſt behauptet, daſs culpoſe Injurien nicht be- ſtraft würden, auch nach den Geſetzen nicht ein- mal der Begriff und Name vorhanden ſey. Was bleibt denn einer culpoſen Injurie übrig? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <pb facs="#f0272" n="244"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#i">II. Buch. I. Theil. II. Titel. I. Abſchnitt.</hi> </fw><lb/> <div n="8"> <head>§. 313.</head><lb/> <p>A.) Da die Injurie ein wirkliches Zwangs-<lb/> recht des Andern auf Ehre vorausſetzt, ſo-<lb/> kann die Injurie blos umfaſſen I. die Verletzung<lb/> des Rechts auf den <hi rendition="#i">guten Namen</hi> und II. die Ver-<lb/> letzung der <hi rendition="#i">bürgerlichen Ehre</hi>, ſowohl der ge-<lb/> meinen, als der vorzüglichen. Eine Verle-<lb/> tzung der bürgerlichen Ehre heiſst <hi rendition="#g">Injurie<lb/> im engern Sinne</hi>; eine Verletzung des<lb/> Rechts auf guten Namen, <hi rendition="#g">Verläumdung</hi><lb/> (<hi rendition="#i">Calumnie</hi>).</p> </div><lb/> <div n="8"> <head>§. 314.</head><lb/> <p>Auf die Anerkennung des <hi rendition="#i">theoretiſchen</hi><lb/> und <hi rendition="#i">moraliſchen</hi> Werths, als eines ſolchen, kann<lb/> der Staat kein vollkommnes Recht ertheilen.<lb/> Eine Handlung, welche <hi rendition="#i">blos</hi> eine Nichtaner-<lb/> kennung dieſes Werths enthält, kann daher<lb/> keine Injurie ſeyn. Nur dann und in ſo ferne<lb/> iſt ſie es, wenn und in wie ferne ſie zugleich<lb/> eine Verletzung der bürgerlichen Ehre in ſich<lb/> enthält (§. 311). — Die Anerkennung des<lb/> Werths, welche der allgemeinen Ehre zum<lb/> Grunde liegt (§. 310) beſteht blos in der Un-<lb/> terlaſſung von Läſionen, von wirklichen Be-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ſckrän-</fw><lb/><note xml:id="note-0272" prev="#note-0271" place="foot" n="*)">Handlung enthalten ſind. Dies iſt aber ganz den deut-<lb/> lichen Worten obiger Geſetze und der Natur der<lb/> Sache entgegen. <hi rendition="#g">Grolman</hi> <hi rendition="#i">C. R. W.</hi> §. 341. läug-<lb/> net die ganze Bedingung ſchlechthin, ob er gleich<lb/> — ſelbſt behauptet, daſs culpoſe Injurien nicht be-<lb/> ſtraft würden, auch nach den Geſetzen nicht ein-<lb/> mal der Begriff und Name vorhanden ſey. Was<lb/> bleibt denn einer culpoſen Injurie übrig?</note><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [244/0272]
II. Buch. I. Theil. II. Titel. I. Abſchnitt.
§. 313.
A.) Da die Injurie ein wirkliches Zwangs-
recht des Andern auf Ehre vorausſetzt, ſo-
kann die Injurie blos umfaſſen I. die Verletzung
des Rechts auf den guten Namen und II. die Ver-
letzung der bürgerlichen Ehre, ſowohl der ge-
meinen, als der vorzüglichen. Eine Verle-
tzung der bürgerlichen Ehre heiſst Injurie
im engern Sinne; eine Verletzung des
Rechts auf guten Namen, Verläumdung
(Calumnie).
§. 314.
Auf die Anerkennung des theoretiſchen
und moraliſchen Werths, als eines ſolchen, kann
der Staat kein vollkommnes Recht ertheilen.
Eine Handlung, welche blos eine Nichtaner-
kennung dieſes Werths enthält, kann daher
keine Injurie ſeyn. Nur dann und in ſo ferne
iſt ſie es, wenn und in wie ferne ſie zugleich
eine Verletzung der bürgerlichen Ehre in ſich
enthält (§. 311). — Die Anerkennung des
Werths, welche der allgemeinen Ehre zum
Grunde liegt (§. 310) beſteht blos in der Un-
terlaſſung von Läſionen, von wirklichen Be-
ſckrän-
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*) Handlung enthalten ſind. Dies iſt aber ganz den deut-
lichen Worten obiger Geſetze und der Natur der
Sache entgegen. Grolman C. R. W. §. 341. läug-
net die ganze Bedingung ſchlechthin, ob er gleich
— ſelbſt behauptet, daſs culpoſe Injurien nicht be-
ſtraft würden, auch nach den Geſetzen nicht ein-
mal der Begriff und Name vorhanden ſey. Was
bleibt denn einer culpoſen Injurie übrig?
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