Grade nach einander gleichen, aber insge- sammt mit dem besondern Grad der Strafbar- keit übereinkommenden Strafen, zu wählen.
§. 191.
Die Wahl des Richters kann hier bestimmt werden 1) durch die Vorstellung der Billig- keit a) in Beziehung auf den Verbrecher selbst, indem er diejenige Strafe wählt, welche seinem Fortkommen, nach ausgestandener Strafe, am wenigsten hinderlich ist, oder b) in Beziehung auf andere Personen, indem er einer Strafe, die in ihren Folgen für einen dritten Unschuldigen, für die Kinder oder den Gatten, am wenigsten drückend ist, vor einer andern den Vorzug giebt. 2) Die Vorstellung des öffentlichen Wohls (politische Rücksicht). Er kann daher unter mehrern, nach Befinden der Umstände die- jenige wählen, welche a) die gröste Ab- schreckung bewirkt, oder b) auf die rechtliche Besserung des Verbrechers am sichersten wirkt, oder c) den Staat vor dem Verbrecher am besten sichert, oder d) ihm einen nützlichen, viel- leicht unentbehrlichen Bürger für die Zukunft erhält *).
§. 192.
*) Dass der Richter hier diese Rücksichten nehmen darf, widerspricht unsern bekannten Grundsätzen nicht im geringsten. Er ist in der Wahl der Inten- sität nach einander gleicher Uebel bey willkührlichen Strafen durch keine Rechtsgründe beschränkt; er hat freye Wahl und da ist es denn doch vernünf- tiger, sich nach vernünftigen und bestimmten Gründen in seiner Wahl zu determintren, als, (weil Rechtsgründe mangeln) sich nach gar keinen Grün- den zu bestimmen.
V. d. Verhältniſs dieſ. Straf zu einander.
Grade nach einander gleichen, aber insge- ſammt mit dem beſondern Grad der Strafbar- keit übereinkommenden Strafen, zu wählen.
§. 191.
Die Wahl des Richters kann hier beſtimmt werden 1) durch die Vorſtellung der Billig- keit a) in Beziehung auf den Verbrecher ſelbſt, indem er diejenige Strafe wählt, welche ſeinem Fortkommen, nach ausgeſtandener Strafe, am wenigſten hinderlich iſt, oder b) in Beziehung auf andere Perſonen, indem er einer Strafe, die in ihren Folgen für einen dritten Unſchuldigen, für die Kinder oder den Gatten, am wenigſten drückend iſt, vor einer andern den Vorzug giebt. 2) Die Vorſtellung des öffentlichen Wohls (politiſche Rückſicht). Er kann daher unter mehrern, nach Befinden der Umſtände die- jenige wählen, welche a) die gröſte Ab- ſchreckung bewirkt, oder b) auf die rechtliche Beſſerung des Verbrechers am ſicherſten wirkt, oder c) den Staat vor dem Verbrecher am beſten ſichert, oder d) ihm einen nützlichen, viel- leicht unentbehrlichen Bürger für die Zukunft erhält *).
§. 192.
*) Daſs der Richter hier dieſe Rückſichten nehmen darf, widerſpricht unſern bekannten Grundſätzen nicht im geringſten. Er iſt in der Wahl der Inten- ſität nach einander gleicher Uebel bey willkührlichen Strafen durch keine Rechtsgründe beſchränkt; er hat freye Wahl und da iſt es denn doch vernünf- tiger, ſich nach vernünftigen und beſtimmten Gründen in ſeiner Wahl zu determintren, als, (weil Rechtsgründe mangeln) ſich nach gar keinen Grün- den zu beſtimmen.
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V. d. Verhältniſs dieſ. Straf zu einander.
Grade nach einander gleichen, aber insge-
ſammt mit dem beſondern Grad der Strafbar-
keit übereinkommenden Strafen, zu wählen.
§. 191.
Die Wahl des Richters kann hier beſtimmt
werden 1) durch die Vorſtellung der Billig-
keit a) in Beziehung auf den Verbrecher ſelbſt,
indem er diejenige Strafe wählt, welche ſeinem
Fortkommen, nach ausgeſtandener Strafe, am
wenigſten hinderlich iſt, oder b) in Beziehung
auf andere Perſonen, indem er einer Strafe, die
in ihren Folgen für einen dritten Unſchuldigen,
für die Kinder oder den Gatten, am wenigſten
drückend iſt, vor einer andern den Vorzug
giebt. 2) Die Vorſtellung des öffentlichen Wohls
(politiſche Rückſicht). Er kann daher unter
mehrern, nach Befinden der Umſtände die-
jenige wählen, welche a) die gröſte Ab-
ſchreckung bewirkt, oder b) auf die rechtliche
Beſſerung des Verbrechers am ſicherſten wirkt,
oder c) den Staat vor dem Verbrecher am beſten
ſichert, oder d) ihm einen nützlichen, viel-
leicht unentbehrlichen Bürger für die Zukunft
erhält *).
§. 192.
*) Daſs der Richter hier dieſe Rückſichten nehmen
darf, widerſpricht unſern bekannten Grundſätzen
nicht im geringſten. Er iſt in der Wahl der Inten-
ſität nach einander gleicher Uebel bey willkührlichen
Strafen durch keine Rechtsgründe beſchränkt;
er hat freye Wahl und da iſt es denn doch vernünf-
tiger, ſich nach vernünftigen und beſtimmten
Gründen in ſeiner Wahl zu determintren, als, (weil
Rechtsgründe mangeln) ſich nach gar keinen Grün-
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Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/171>, abgerufen am 22.02.2025.
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