Feuerbach, Ludwig: Das Wesen des Christentums. Leipzig, 1841.voller, desto concreter, wie man zu reden beliebt, desto reicher Hier haben wir den wahren Erklärungsgrund, warum Das Geheimniß des Logos und göttlichen Ebenbildes. Die wesentliche Bedeutung der Trinität für die Religion *) Aus demselben Grunde bestand auch die lateinische Kirche so fest auf
dem Dogma, daß der heil. Geist nicht vom Vater allein, wie die grie- chische Kirche behauptete, sondern zugleich auch vom Sohne ausgehe. S. hierüber J. G. Walchii Hist. Contr. Gr. et Lat. de proc. Spiritus s. Jenae 1751. voller, deſto concreter, wie man zu reden beliebt, deſto reicher Hier haben wir den wahren Erklärungsgrund, warum Das Geheimniß des Logos und göttlichen Ebenbildes. Die weſentliche Bedeutung der Trinität für die Religion *) Aus demſelben Grunde beſtand auch die lateiniſche Kirche ſo feſt auf
dem Dogma, daß der heil. Geiſt nicht vom Vater allein, wie die grie- chiſche Kirche behauptete, ſondern zugleich auch vom Sohne ausgehe. S. hierüber J. G. Walchii Hist. Contr. Gr. et Lat. de proc. Spiritus s. Jenae 1751. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0103" n="85"/><hi rendition="#g">voller</hi>, deſto concreter, wie man zu reden beliebt, deſto reicher<lb/> iſt <hi rendition="#g">Gott</hi>. Die Entleerung der wirklichen Welt und die Er-<lb/> füllung der Gottheit iſt <hi rendition="#g">ein</hi> Act. Gott entſpringt aus dem<lb/><hi rendition="#g">Gefühl eines Mangels</hi>; was der Menſch <hi rendition="#g">vermißt</hi> — ſei<lb/> dieſes nun ein beſtimmtes, bewußtes oder unbeſtimmtes Ver-<lb/> miſſen — das iſt <hi rendition="#g">Gott</hi>. So bedarf das troſtloſe Gefühl der<lb/> Leere und Einſamkeit einen Gott, in dem <hi rendition="#g">Geſellſchaft</hi>, ein<lb/> Verein ſich innigſt liebender Weſen iſt.</p><lb/> <p>Hier haben wir den wahren Erklärungsgrund, warum<lb/> die Trinität in der neuern Zeit zuerſt ihre <hi rendition="#g">praktiſche</hi> und end-<lb/> lich auch ihre <hi rendition="#g">theoretiſche</hi> Bedeutung verlor.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Das Geheimniß des Logos und göttlichen Ebenbildes.</hi> </head><lb/> <p>Die weſentliche Bedeutung der Trinität für die Religion<lb/> concentrirt ſich in dem Begriffe der zweiten Perſon. Das<lb/> warme Intereſſe der chriſtlichen Menſchheit an der Trinität<lb/> war hauptſächlich nur das Intereſſe an dem Sohne Gottes.<lb/> Der heftige Streit über das Homouſios und Homoiouſios<lb/> war kein leerer, obwohl nur ein Buchſtabe den Unterſchied aus-<lb/> macht. Es handelte ſich hier um die Gottebenbürtigkeit, um<lb/> die göttliche Würde der zweiten Perſon, hiemit um die <hi rendition="#g">Ehre</hi><lb/> der chriſtlichen Religion ſelbſt <note place="foot" n="*)">Aus demſelben Grunde beſtand auch die lateiniſche Kirche ſo feſt auf<lb/> dem Dogma, daß der heil. Geiſt <hi rendition="#g">nicht vom Vater allein</hi>, wie die grie-<lb/> chiſche Kirche behauptete, ſondern zugleich <hi rendition="#g">auch vom Sohne</hi> ausgehe.<lb/> S. hierüber <hi rendition="#aq">J. G. <hi rendition="#g">Walchii</hi> Hist. Contr. Gr. et Lat. de proc. Spiritus s.<lb/> Jenae</hi> 1751.</note>; denn ihr weſentlicher <hi rendition="#g">cha-<lb/> rakteriſtiſcher</hi> Gegenſtand iſt eben die zweite Perſon; was<lb/> aber der weſentliche Gegenſtand einer Religion, das iſt auch<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [85/0103]
voller, deſto concreter, wie man zu reden beliebt, deſto reicher
iſt Gott. Die Entleerung der wirklichen Welt und die Er-
füllung der Gottheit iſt ein Act. Gott entſpringt aus dem
Gefühl eines Mangels; was der Menſch vermißt — ſei
dieſes nun ein beſtimmtes, bewußtes oder unbeſtimmtes Ver-
miſſen — das iſt Gott. So bedarf das troſtloſe Gefühl der
Leere und Einſamkeit einen Gott, in dem Geſellſchaft, ein
Verein ſich innigſt liebender Weſen iſt.
Hier haben wir den wahren Erklärungsgrund, warum
die Trinität in der neuern Zeit zuerſt ihre praktiſche und end-
lich auch ihre theoretiſche Bedeutung verlor.
Das Geheimniß des Logos und göttlichen Ebenbildes.
Die weſentliche Bedeutung der Trinität für die Religion
concentrirt ſich in dem Begriffe der zweiten Perſon. Das
warme Intereſſe der chriſtlichen Menſchheit an der Trinität
war hauptſächlich nur das Intereſſe an dem Sohne Gottes.
Der heftige Streit über das Homouſios und Homoiouſios
war kein leerer, obwohl nur ein Buchſtabe den Unterſchied aus-
macht. Es handelte ſich hier um die Gottebenbürtigkeit, um
die göttliche Würde der zweiten Perſon, hiemit um die Ehre
der chriſtlichen Religion ſelbſt *); denn ihr weſentlicher cha-
rakteriſtiſcher Gegenſtand iſt eben die zweite Perſon; was
aber der weſentliche Gegenſtand einer Religion, das iſt auch
*) Aus demſelben Grunde beſtand auch die lateiniſche Kirche ſo feſt auf
dem Dogma, daß der heil. Geiſt nicht vom Vater allein, wie die grie-
chiſche Kirche behauptete, ſondern zugleich auch vom Sohne ausgehe.
S. hierüber J. G. Walchii Hist. Contr. Gr. et Lat. de proc. Spiritus s.
Jenae 1751.
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