Ich nehme Deine Frage auf, Konstant, und will Dir mit aller mir möglichen Strenge beantwor- ten, was Du nur fragen kannst. Du wirst ent- weder mich nöthigen, durch eine vollständige Be- leuchtung der Sache, meine Vorliebe für sie auf- zugeben, oder Dich, ihr Deine Achtung zu schen- ken. Laß es uns Beide auf diese Gefahr immer wagen; wir werden an Wahrheit gewinnen, was wir etwa an vorgefaßten Meinungen verlieren sollten. Ich werde dabei nicht vergessen, daß Du ein Ungeweihter bist, und sonach alle die kleinen Vortheile verlieren, die meine Deduktion durch dein Gefühl haben könnte; vergiß auch Du nur Deine maurerische Gelehrsamkeit und Deine Bü- cher, und gieb dadurch die vermeinten Vortheile auf, die Du durch etwanige historische Kennt-
Erstes Bändch. A
I. Briefe an Konſtant.
Erſter Brief.
Ich nehme Deine Frage auf, Konſtant, und will Dir mit aller mir moͤglichen Strenge beantwor- ten, was Du nur fragen kannſt. Du wirſt ent- weder mich noͤthigen, durch eine vollſtaͤndige Be- leuchtung der Sache, meine Vorliebe fuͤr ſie auf- zugeben, oder Dich, ihr Deine Achtung zu ſchen- ken. Laß es uns Beide auf dieſe Gefahr immer wagen; wir werden an Wahrheit gewinnen, was wir etwa an vorgefaßten Meinungen verlieren ſollten. Ich werde dabei nicht vergeſſen, daß Du ein Ungeweihter biſt, und ſonach alle die kleinen Vortheile verlieren, die meine Deduktion durch dein Gefuͤhl haben koͤnnte; vergiß auch Du nur Deine maureriſche Gelehrſamkeit und Deine Buͤ- cher, und gieb dadurch die vermeinten Vortheile auf, die Du durch etwanige hiſtoriſche Kennt-
Erſtes Baͤndch. A
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[[1]/0019]
I.
Briefe an Konſtant.
Erſter Brief.
Ich nehme Deine Frage auf, Konſtant, und will
Dir mit aller mir moͤglichen Strenge beantwor-
ten, was Du nur fragen kannſt. Du wirſt ent-
weder mich noͤthigen, durch eine vollſtaͤndige Be-
leuchtung der Sache, meine Vorliebe fuͤr ſie auf-
zugeben, oder Dich, ihr Deine Achtung zu ſchen-
ken. Laß es uns Beide auf dieſe Gefahr immer
wagen; wir werden an Wahrheit gewinnen, was
wir etwa an vorgefaßten Meinungen verlieren
ſollten. Ich werde dabei nicht vergeſſen, daß Du
ein Ungeweihter biſt, und ſonach alle die kleinen
Vortheile verlieren, die meine Deduktion durch
dein Gefuͤhl haben koͤnnte; vergiß auch Du nur
Deine maureriſche Gelehrſamkeit und Deine Buͤ-
cher, und gieb dadurch die vermeinten Vortheile
auf, die Du durch etwanige hiſtoriſche Kennt-
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[Fessler, Ignaz Aurelius]: Eleusinien des neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 1. Berlin, 1802, S. [1]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fessler_eleusinien01_1802/19>, abgerufen am 03.03.2025.
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