Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729.Erste Abhandlung. DEr Hochmuth ist an allen Menschen überhaubt, lasterhafft und bla- Niemand darff zweiffeln, daß nicht dergleichen abgeschmackte, von Stoltz, in A
Erſte Abhandlung. DEr Hochmuth iſt an allen Menſchen uͤberhaubt, laſterhafft und bla- Niemand darff zweiffeln, daß nicht dergleichen abgeſchmackte, von Stoltz, in A
<TEI> <text> <body> <pb facs="#f0045" n="[1]"/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">Erſte Abhandlung.</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#in">D</hi>Er Hochmuth iſt an allen Menſchen uͤberhaubt, laſterhafft und <hi rendition="#aq">bla-<lb/> mable.</hi> Aber nichts iſt laͤcherlicher als ein ſtoltzer und hochmuͤthiger<lb/> Gelehrter, welcher vermeynet, daß er einen rechten Geruch der Ge-<lb/> lehrſamkeit von ſich gaͤbe, der die Naſen nicht nur dererjenigen,<lb/> die ſich in der Naͤhe bey ihm befinden, ſondern auch derer die<lb/> ihn von weitem ſehen oder hoͤren, mit einem balſamiſchen Geiſt an-<lb/> fuͤlle; ja der durch ſeine hochgelahrte Gegenwart, alles <hi rendition="#aq">parfumi</hi>re, und wohl-<lb/> riechend mache.</p><lb/> <p>Niemand darff zweiffeln, daß nicht dergleichen abgeſchmackte, von Stoltz,<lb/> Hochmuth und eitlen Einbildungen ſtinckende, Thiere unter denen Gelehrten<lb/> anzutreffen, welche ſich vor Hoffart ſelber nicht kennen. Die Gelehrſamkeit<lb/> ſolte zwar allemal von der Weisheit begleitet ſeyn, und ſie zu einer treuen Ge-<lb/> ſellin und Geſpielin haben. Allein dieſe iſt, leider! von jener, oͤffters weit<lb/> entfernet; worgegen die Narrheit und Thorheit ihre Stelle bey der Gelehrſam-<lb/> keit vertritt. Denn wo der Hochmuth wohnet, da mag die Weißheit nicht<lb/><hi rendition="#aq">reſidi</hi>ren, und viele Gelehrte ſeynd dergeſtalt mit hohen Einbildungen angefuͤl-<lb/> let, daß ſie auch wohl in dem Wahn ſtehen, ſie ſeyn nicht nur vor ihre Perſon<lb/> weit vortefflicher als andere Menſchen, ſondern es muͤſſen auch ihre <hi rendition="#aq">Excre-<lb/> menta</hi> viel beſſer als eines ſogenannten Ungelehrten ſeyn, oder auch eines andern<lb/> Gelehrten, der ihnen an vermeynter Gelehrſamkeit, nicht gleich, noch mit einem<lb/><hi rendition="#aq">Doctor-Licentiaten-Profeſſor-</hi> und <hi rendition="#aq">Magiſter</hi> oder einem andern geiſtlichen Titel<lb/> pranget, als wie ſie. Ein Exempel von einem ſolchen Gelehrten Narren iſt einer<lb/> gewiſſen gantzen Stadt, mir aber inſonderheit bekannt, da ein ſicherer, viel-<lb/> leicht noch jetzo lebender, hochgelahrter Herr ſeine Magd, deswegen, weil ſie<lb/> bey hinwegtragung und ausraͤumung ſeines Nacht-Stuhls geſaget: <hi rendition="#fr">Pfuy!<lb/> wie ſtinckt das,</hi> im Zorn, und mit groſſer Ernſthafftigkeit angefahren, auch<lb/> <fw place="bottom" type="sig">A</fw><fw place="bottom" type="catch">in</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [[1]/0045]
Erſte Abhandlung.
DEr Hochmuth iſt an allen Menſchen uͤberhaubt, laſterhafft und bla-
mable. Aber nichts iſt laͤcherlicher als ein ſtoltzer und hochmuͤthiger
Gelehrter, welcher vermeynet, daß er einen rechten Geruch der Ge-
lehrſamkeit von ſich gaͤbe, der die Naſen nicht nur dererjenigen,
die ſich in der Naͤhe bey ihm befinden, ſondern auch derer die
ihn von weitem ſehen oder hoͤren, mit einem balſamiſchen Geiſt an-
fuͤlle; ja der durch ſeine hochgelahrte Gegenwart, alles parfumire, und wohl-
riechend mache.
Niemand darff zweiffeln, daß nicht dergleichen abgeſchmackte, von Stoltz,
Hochmuth und eitlen Einbildungen ſtinckende, Thiere unter denen Gelehrten
anzutreffen, welche ſich vor Hoffart ſelber nicht kennen. Die Gelehrſamkeit
ſolte zwar allemal von der Weisheit begleitet ſeyn, und ſie zu einer treuen Ge-
ſellin und Geſpielin haben. Allein dieſe iſt, leider! von jener, oͤffters weit
entfernet; worgegen die Narrheit und Thorheit ihre Stelle bey der Gelehrſam-
keit vertritt. Denn wo der Hochmuth wohnet, da mag die Weißheit nicht
reſidiren, und viele Gelehrte ſeynd dergeſtalt mit hohen Einbildungen angefuͤl-
let, daß ſie auch wohl in dem Wahn ſtehen, ſie ſeyn nicht nur vor ihre Perſon
weit vortefflicher als andere Menſchen, ſondern es muͤſſen auch ihre Excre-
menta viel beſſer als eines ſogenannten Ungelehrten ſeyn, oder auch eines andern
Gelehrten, der ihnen an vermeynter Gelehrſamkeit, nicht gleich, noch mit einem
Doctor-Licentiaten-Profeſſor- und Magiſter oder einem andern geiſtlichen Titel
pranget, als wie ſie. Ein Exempel von einem ſolchen Gelehrten Narren iſt einer
gewiſſen gantzen Stadt, mir aber inſonderheit bekannt, da ein ſicherer, viel-
leicht noch jetzo lebender, hochgelahrter Herr ſeine Magd, deswegen, weil ſie
bey hinwegtragung und ausraͤumung ſeines Nacht-Stuhls geſaget: Pfuy!
wie ſtinckt das, im Zorn, und mit groſſer Ernſthafftigkeit angefahren, auch
in
A
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |