Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729.17) Verkauffet man in diesem Cram grosse Schachteln mit dem allerbesten Biesem-Zucker, denenjenigen geheimen Räthen, Secretariis und Raths-Her- ren einen lieblichen und wohl-riechenden Athem zu machen, welche die Ver- trauten geheimen Sachen bey sich behalten, und in ihrem Leibe verfaulen las- sen müssen. 18) In einem besondern Laden, a part, werden auch gefunden die Ei- sen, so man denen Pferden auf der Weide anzuthun pfleget, von dem Eisen der Weisheit und der Bedachtsamkeit geschmiedet. Und obschon etliche Unver- ständige vor solchen, als Instrumente vor die unvernünfftige Thiere gehörig einen grossen Abscheu tragen; so haben doch andere Verständigere solche in gros- sen Estim, dannenhero sie auch von denen unbedachtsamen und unvorsichtigen Köpffen mit grossem Gelde bezahlet werden, um sich dadurch im Zaum zu hal- ten, welche anderergestalt viel lieber ihre geschäffte über Hals und Kopff auf der Post, als mit einem gemeinen Bothen, der mit Bedachtsamkeit daher gehet, verrichten wollen. 19) Unter allen Waren aber, so in diesem reichen Kauff-Hause feil, ist keine die besser abgehet, als eine Art von Fliegen-Wedeln, so zwar nicht von köstli- chen Straussen, noch von Pfauen oder anderer schönen Vogel-Federn, son- dern von Kräutern und Blumen gemachet sind. Und weil Andreas Matthiolus, Parnaßischer Botanicus, unter diesen Kräutern und Blumen den gifftigen Na- pellum gefunden hat, haben dahero die sämtlichen Räthe in dem Parnasso abge- nommen, daß diese Fliegen-Wedel nicht erfunden seyen in dem Sommer, Wind damit zu machen, sondern vielmehr die verdrießlichen Fliegen von der Nase da- mit zu vertreiben, welche etliche Unverständige mit denen Dolch en zu verjagen vermeynet, ihnen aber darüber die Nasen selbst abgehauen. Poeten und andere stoltze Gelehrte haben folgende Relation aus dem Parnasso in reiffe Erwegung zu ziehen: DAmit die Ungelehrten, und Ignoranten, mit ihren unsaubern Gemüthern, liren.
17) Verkauffet man in dieſem Cram groſſe Schachteln mit dem allerbeſten Bieſem-Zucker, denenjenigen geheimen Raͤthen, Secretariis und Raths-Her- ren einen lieblichen und wohl-riechenden Athem zu machen, welche die Ver- trauten geheimen Sachen bey ſich behalten, und in ihrem Leibe verfaulen laſ- ſen muͤſſen. 18) In einem beſondern Laden, à part, werden auch gefunden die Ei- ſen, ſo man denen Pferden auf der Weide anzuthun pfleget, von dem Eiſen der Weisheit und der Bedachtſamkeit geſchmiedet. Und obſchon etliche Unver- ſtaͤndige vor ſolchen, als Inſtrumente vor die unvernuͤnfftige Thiere gehoͤrig einen groſſen Abſcheu tragen; ſo haben doch andere Verſtaͤndigere ſolche in groſ- ſen Eſtim, dannenhero ſie auch von denen unbedachtſamen und unvorſichtigen Koͤpffen mit groſſem Gelde bezahlet werden, um ſich dadurch im Zaum zu hal- ten, welche anderergeſtalt viel lieber ihre geſchaͤffte uͤber Hals und Kopff auf der Poſt, als mit einem gemeinen Bothen, der mit Bedachtſamkeit daher gehet, verrichten wollen. 19) Unter allen Waren aber, ſo in dieſem reichen Kauff-Hauſe feil, iſt keine die beſſer abgehet, als eine Art von Fliegen-Wedeln, ſo zwar nicht von koͤſtli- chen Strauſſen, noch von Pfauen oder anderer ſchoͤnen Vogel-Federn, ſon- dern von Kraͤutern und Blumen gemachet ſind. Und weil Andreas Matthiolus, Parnaßiſcher Botanicus, unter dieſen Kraͤutern und Blumen den gifftigen Na- pellum gefunden hat, haben dahero die ſaͤmtlichen Raͤthe in dem Parnaſſo abge- nommen, daß dieſe Fliegen-Wedel nicht erfunden ſeyen in dem Sommer, Wind damit zu machen, ſondern vielmehr die verdrießlichen Fliegen von der Naſe da- mit zu vertreiben, welche etliche Unverſtaͤndige mit denen Dolch en zu verjagen vermeynet, ihnen aber daruͤber die Naſen ſelbſt abgehauen. Poëten und andere ſtoltze Gelehrte haben folgende Relation aus dem Parnaſſo in reiffe Erwegung zu ziehen: DAmit die Ungelehrten, und Ignoranten, mit ihren unſaubern Gemuͤthern, liren.
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17) Verkauffet man in dieſem Cram groſſe Schachteln mit dem allerbeſten
Bieſem-Zucker, denenjenigen geheimen Raͤthen, Secretariis und Raths-Her-
ren einen lieblichen und wohl-riechenden Athem zu machen, welche die Ver-
trauten geheimen Sachen bey ſich behalten, und in ihrem Leibe verfaulen laſ-
ſen muͤſſen.
18) In einem beſondern Laden, à part, werden auch gefunden die Ei-
ſen, ſo man denen Pferden auf der Weide anzuthun pfleget, von dem Eiſen
der Weisheit und der Bedachtſamkeit geſchmiedet. Und obſchon etliche Unver-
ſtaͤndige vor ſolchen, als Inſtrumente vor die unvernuͤnfftige Thiere gehoͤrig
einen groſſen Abſcheu tragen; ſo haben doch andere Verſtaͤndigere ſolche in groſ-
ſen Eſtim, dannenhero ſie auch von denen unbedachtſamen und unvorſichtigen
Koͤpffen mit groſſem Gelde bezahlet werden, um ſich dadurch im Zaum zu hal-
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Poſt, als mit einem gemeinen Bothen, der mit Bedachtſamkeit daher gehet,
verrichten wollen.
19) Unter allen Waren aber, ſo in dieſem reichen Kauff-Hauſe feil, iſt keine
die beſſer abgehet, als eine Art von Fliegen-Wedeln, ſo zwar nicht von koͤſtli-
chen Strauſſen, noch von Pfauen oder anderer ſchoͤnen Vogel-Federn, ſon-
dern von Kraͤutern und Blumen gemachet ſind. Und weil Andreas Matthiolus,
Parnaßiſcher Botanicus, unter dieſen Kraͤutern und Blumen den gifftigen Na-
pellum gefunden hat, haben dahero die ſaͤmtlichen Raͤthe in dem Parnaſſo abge-
nommen, daß dieſe Fliegen-Wedel nicht erfunden ſeyen in dem Sommer, Wind
damit zu machen, ſondern vielmehr die verdrießlichen Fliegen von der Naſe da-
mit zu vertreiben, welche etliche Unverſtaͤndige mit denen Dolch en zu verjagen
vermeynet, ihnen aber daruͤber die Naſen ſelbſt abgehauen.
Poëten und andere ſtoltze Gelehrte haben folgende Relation
aus dem Parnaſſo in reiffe Erwegung zu ziehen:
DAmit die Ungelehrten, und Ignoranten, mit ihren unſaubern Gemuͤthern,
den Parnaſſum nicht entheiligten und verunreinigten, hat Apollo ſchon vor
etlichen Jahren zwo Compagnien Poëten aus Sicilien kommen laſſen, ſo in
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