Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729.grosse Licht der Lutherischen Kirche, so bald ihn der Wein nur ein wenig erhi- Der geneigte Leser urtheile nunmehro aus diesem und dem übrigen, was er Andere Abhandlung. EIn sehr gelehrter Italiäner, Trajanus Bocalinus genannt, hat ein sich
groſſe Licht der Lutheriſchen Kirche, ſo bald ihn der Wein nur ein wenig erhi- Der geneigte Leſer urtheile nunmehro aus dieſem und dem uͤbrigen, was er Andere Abhandlung. EIn ſehr gelehrter Italiaͤner, Trajanus Bocalinus genannt, hat ein ſich
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0134" n="90"/> groſſe Licht der Lutheriſchen Kirche, ſo bald ihn der Wein nur ein wenig erhi-<lb/> tzet hatte, an, allerhand ſeltſame <hi rendition="#aq">Diſcurſe</hi> zu fuͤhren. Vornemlich redete er<lb/> ſtarck wieder die Roͤmiſch-Catholiſchen, fragte auch endlich den Hertzog, <hi rendition="#fr">ob<lb/> er wohl wiſſe, wann die Roſen-Craͤntze derer Roͤmiſch-Catholiſchen<lb/> am wohlfeilſten waͤren?</hi> Der Hertzog ſagte <hi rendition="#fr">nein, das wiſſe er nicht.</hi> Dar-<lb/> auf ließ ſich der groſſe <hi rendition="#aq">Theologus</hi> alſo heraus: <hi rendition="#fr">Ew. Durchl. geruhen zu ver-<lb/> nehmen, daß die Roſen-Craͤntze derer Catholicken in der Kirchen-Zeit<lb/> am wohlfeilſten, weil ſie alsdann am haͤuffigſten verhanden. Denn es<lb/> laͤſſet zu der Zeit ein jeder Bauer, welcher nur die Hoſen aufmachet,<lb/> und ſeinen Bauch ausleeret, deren einen hinter ſich liegen.</hi> Der Her-<lb/> tzog laͤchelte zwar hieruͤber ein wenig, erroͤthete aber zu gleicher Zeit in ſeinem<lb/> Angeſichte, und ſprach weiter kein Wort bey der Tafel. Nachdem er aber auf<lb/> geſtanden war, und ſich in ſeinem <hi rendition="#aq">Cabinet</hi> befande, ſagte er zu denen Umſtehen-<lb/> den: <hi rendition="#fr">War das nicht ein grober und haͤßlicher Streich, den dieſer geiſt-<lb/> liche Herr begieng? Bewahre mich doch GOtt vor ſolchen Leuten!</hi></p><lb/> <p>Der geneigte Leſer urtheile nunmehro aus dieſem und dem uͤbrigen, was er<lb/> bißhieher geleſen, ob es nicht ſtoltze und aufgeblaſene, tumme und einfaͤltige,<lb/> grobe und ungehobelte, Narren unter denen Gelehrten geben muͤſſe, ſie moͤgen<lb/> ſeyn wes Standes ſie wollen, geiſtlich oder weltlich? Und hiermit mag ſich die<lb/> erſte Abhandlung dieſes <hi rendition="#aq">Tractats</hi> endigen.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">Andere Abhandlung.</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#in">E</hi>In ſehr gelehrter Italiaͤner, <hi rendition="#aq">Trajanus Bocalinus</hi> genannt, hat ein<lb/> Buch heraus gegeben, betitelt: <hi rendition="#aq">Relationes</hi> <hi rendition="#fr">aus dem</hi> <hi rendition="#aq">Parnaſſo,</hi> wor-<lb/> aus ich, bereits in der erſten Abhandlung, eine <hi rendition="#aq">Paſſage</hi> mit angezogen.<lb/> Dieſes Buch iſt in Italiaͤniſcher Sprache geſchrieben, auch nachhero in die<lb/> Hochteutſche uͤberſetzet worden, und man findet darinnen die Thorheit, welche<lb/> ſich mit der Gelehrſamkeit vermiſchet, mit ſehr lebendigen und natuͤrlichen<lb/> Farben abgemahlet; wie dann auch herrliche Lehren dabey gegeben werden.<lb/> Weil nun nicht zu glauben ſtehet, daß dieſes Buch in ſo gar vielen Haͤnden<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ſich</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [90/0134]
groſſe Licht der Lutheriſchen Kirche, ſo bald ihn der Wein nur ein wenig erhi-
tzet hatte, an, allerhand ſeltſame Diſcurſe zu fuͤhren. Vornemlich redete er
ſtarck wieder die Roͤmiſch-Catholiſchen, fragte auch endlich den Hertzog, ob
er wohl wiſſe, wann die Roſen-Craͤntze derer Roͤmiſch-Catholiſchen
am wohlfeilſten waͤren? Der Hertzog ſagte nein, das wiſſe er nicht. Dar-
auf ließ ſich der groſſe Theologus alſo heraus: Ew. Durchl. geruhen zu ver-
nehmen, daß die Roſen-Craͤntze derer Catholicken in der Kirchen-Zeit
am wohlfeilſten, weil ſie alsdann am haͤuffigſten verhanden. Denn es
laͤſſet zu der Zeit ein jeder Bauer, welcher nur die Hoſen aufmachet,
und ſeinen Bauch ausleeret, deren einen hinter ſich liegen. Der Her-
tzog laͤchelte zwar hieruͤber ein wenig, erroͤthete aber zu gleicher Zeit in ſeinem
Angeſichte, und ſprach weiter kein Wort bey der Tafel. Nachdem er aber auf
geſtanden war, und ſich in ſeinem Cabinet befande, ſagte er zu denen Umſtehen-
den: War das nicht ein grober und haͤßlicher Streich, den dieſer geiſt-
liche Herr begieng? Bewahre mich doch GOtt vor ſolchen Leuten!
Der geneigte Leſer urtheile nunmehro aus dieſem und dem uͤbrigen, was er
bißhieher geleſen, ob es nicht ſtoltze und aufgeblaſene, tumme und einfaͤltige,
grobe und ungehobelte, Narren unter denen Gelehrten geben muͤſſe, ſie moͤgen
ſeyn wes Standes ſie wollen, geiſtlich oder weltlich? Und hiermit mag ſich die
erſte Abhandlung dieſes Tractats endigen.
Andere Abhandlung.
EIn ſehr gelehrter Italiaͤner, Trajanus Bocalinus genannt, hat ein
Buch heraus gegeben, betitelt: Relationes aus dem Parnaſſo, wor-
aus ich, bereits in der erſten Abhandlung, eine Paſſage mit angezogen.
Dieſes Buch iſt in Italiaͤniſcher Sprache geſchrieben, auch nachhero in die
Hochteutſche uͤberſetzet worden, und man findet darinnen die Thorheit, welche
ſich mit der Gelehrſamkeit vermiſchet, mit ſehr lebendigen und natuͤrlichen
Farben abgemahlet; wie dann auch herrliche Lehren dabey gegeben werden.
Weil nun nicht zu glauben ſtehet, daß dieſes Buch in ſo gar vielen Haͤnden
ſich
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