Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724.

Bild:
<< vorherige Seite

des stili insonderheit.
richten könne. Jch müste anführen, was den
Jcarum der flügel beraubet, und ihn aus der
gemeinschaft der gestirne in den tiefsten ab-
grund gestürtzet, nehmlich seine von abge-
schmackter einbildung verursachte verände-
rung. Sie erlauben mir also H. und H. A.
nur noch dieses hinzuzufügen, daß der gezie-
menden veränderung des gemüthes, vor dem
pöbel, als welchem der glantz der wichtigsten
wahrheiten nur die augen zu blenden u. ihn zum
haß zu verändern pfleget, eine decke kluger auf-
führung und verschwiegenheit müsse fürgehan-
gen werden. Denn unter denenjenigen wel-
che mit ihrem verstande unwissenheit und vor-
urtheile überwunden, ist es eine ausgemachte
sache, daß die beständigkeit zwar eine der
vornehmsten tugenden, allein härte und halß-
starrigkeit des gemüthes ein weit grösseres la-
ster sey.

Dixi.

§. 4. Endlich ist der hohe stilus der präch-
tigste, aber auch der gefährlichste.a) Er ist
nur bey hohen obiectis zugebrauchen, davon
man nur die ideen der hoheit zusammen sucht,
b) selbige durch lauter tropos und figuren, oder
mit worten und redens-arten, welche die neben-
ideen einer hoheit haben, mit dazu genom-
menen emphatische beywörtern, ausdrucket,
die iunctur der rede durch den zusammenfall
der consonantium und langer vocalium etwas
maiestätisch, und den numerum donnernd und

prasselnd
S 3

des ſtili inſonderheit.
richten koͤnne. Jch muͤſte anfuͤhren, was den
Jcarum der fluͤgel beraubet, und ihn aus der
gemeinſchaft der geſtirne in den tiefſten ab-
grund geſtuͤrtzet, nehmlich ſeine von abge-
ſchmackter einbildung verurſachte veraͤnde-
rung. Sie erlauben mir alſo H. und H. A.
nur noch dieſes hinzuzufuͤgen, daß der gezie-
menden veraͤnderung des gemuͤthes, vor dem
poͤbel, als welchem der glantz der wichtigſten
wahrheiten nur die augen zu blenden u. ihn zum
haß zu veraͤndern pfleget, eine decke kluger auf-
fuͤhrung und verſchwiegenheit muͤſſe fuͤrgehan-
gen werden. Denn unter denenjenigen wel-
che mit ihrem verſtande unwiſſenheit und vor-
urtheile uͤberwunden, iſt es eine ausgemachte
ſache, daß die beſtaͤndigkeit zwar eine der
vornehmſten tugenden, allein haͤrte und halß-
ſtarrigkeit des gemuͤthes ein weit groͤſſeres la-
ſter ſey.

Dixi.

§. 4. Endlich iſt der hohe ſtilus der praͤch-
tigſte, aber auch der gefaͤhrlichſte.a) Er iſt
nur bey hohen obiectis zugebrauchen, davon
man nur die ideen der hoheit zuſammen ſucht,
b) ſelbige durch lauter tropos und figuren, oder
mit worten und redens-arten, welche die neben-
ideen einer hoheit haben, mit dazu genom-
menen emphatiſche beywoͤrtern, ausdrucket,
die iunctur der rede durch den zuſammenfall
der conſonantium und langer vocalium etwas
maieſtaͤtiſch, und den numerum donnernd und

praſſelnd
S 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0295" n="277"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">des &#x017F;tili                                     in&#x017F;onderheit.</hi></fw><lb/>
richten ko&#x0364;nne. Jch                             mu&#x0364;&#x017F;te anfu&#x0364;hren, was den<lb/><hi rendition="#fr">Jcarum</hi> der flu&#x0364;gel beraubet, und ihn aus                             der<lb/>
gemein&#x017F;chaft der ge&#x017F;tirne in den tief&#x017F;ten                             ab-<lb/>
grund ge&#x017F;tu&#x0364;rtzet, nehmlich &#x017F;eine von                             abge-<lb/>
&#x017F;chmackter einbildung verur&#x017F;achte                             vera&#x0364;nde-<lb/>
rung. Sie erlauben mir al&#x017F;o H. und H.                             A.<lb/>
nur noch die&#x017F;es hinzuzufu&#x0364;gen, daß der gezie-<lb/>
menden vera&#x0364;nderung des gemu&#x0364;thes, vor dem<lb/>
po&#x0364;bel, als welchem der glantz der wichtig&#x017F;ten<lb/>
wahrheiten nur die augen zu blenden u. ihn zum<lb/>
haß zu                             vera&#x0364;ndern pfleget, eine decke kluger auf-<lb/>
fu&#x0364;hrung                             und ver&#x017F;chwiegenheit mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e                             fu&#x0364;rgehan-<lb/>
gen werden. Denn unter denenjenigen wel-<lb/>
che                             mit ihrem ver&#x017F;tande unwi&#x017F;&#x017F;enheit und vor-<lb/>
urtheile u&#x0364;berwunden, i&#x017F;t es eine ausgemachte<lb/>
&#x017F;ache, daß die be&#x017F;ta&#x0364;ndigkeit zwar eine der<lb/>
vornehm&#x017F;ten tugenden, allein ha&#x0364;rte und halß-<lb/>
&#x017F;tarrigkeit des gemu&#x0364;thes ein weit                             gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;eres la-<lb/>
&#x017F;ter &#x017F;ey.</p><lb/>
            <closer>
              <salute> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#aq">Dixi.</hi> </hi> </salute>
            </closer>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <p>§. 4. Endlich i&#x017F;t der hohe &#x017F;tilus der pra&#x0364;ch-<lb/>
tig&#x017F;te, aber auch der gefa&#x0364;hrlich&#x017F;te.<note xml:id="notefn-a-67" next="#note-a-67" place="end" n="a)"/> Er i&#x017F;t<lb/>
nur bey hohen obiectis                             zugebrauchen, davon<lb/>
man nur die ideen der hoheit zu&#x017F;ammen &#x017F;ucht,<lb/><note xml:id="notefn-b-50" next="#note-b-50" place="end" n="b)"/> &#x017F;elbige durch lauter tropos und                             figuren, oder<lb/>
mit worten und redens-arten, welche die neben-<lb/>
ideen einer hoheit haben, mit dazu genom-<lb/>
menen emphati&#x017F;che                             beywo&#x0364;rtern, ausdrucket,<lb/>
die iunctur der rede durch den                             zu&#x017F;ammenfall<lb/>
der con&#x017F;onantium und langer vocalium                             etwas<lb/>
maie&#x017F;ta&#x0364;ti&#x017F;ch, und den numerum donnernd und<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">S 3</fw><fw place="bottom" type="catch">pra&#x017F;&#x017F;elnd</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[277/0295] des ſtili inſonderheit. richten koͤnne. Jch muͤſte anfuͤhren, was den Jcarum der fluͤgel beraubet, und ihn aus der gemeinſchaft der geſtirne in den tiefſten ab- grund geſtuͤrtzet, nehmlich ſeine von abge- ſchmackter einbildung verurſachte veraͤnde- rung. Sie erlauben mir alſo H. und H. A. nur noch dieſes hinzuzufuͤgen, daß der gezie- menden veraͤnderung des gemuͤthes, vor dem poͤbel, als welchem der glantz der wichtigſten wahrheiten nur die augen zu blenden u. ihn zum haß zu veraͤndern pfleget, eine decke kluger auf- fuͤhrung und verſchwiegenheit muͤſſe fuͤrgehan- gen werden. Denn unter denenjenigen wel- che mit ihrem verſtande unwiſſenheit und vor- urtheile uͤberwunden, iſt es eine ausgemachte ſache, daß die beſtaͤndigkeit zwar eine der vornehmſten tugenden, allein haͤrte und halß- ſtarrigkeit des gemuͤthes ein weit groͤſſeres la- ſter ſey. Dixi. §. 4. Endlich iſt der hohe ſtilus der praͤch- tigſte, aber auch der gefaͤhrlichſte. a⁾ Er iſt nur bey hohen obiectis zugebrauchen, davon man nur die ideen der hoheit zuſammen ſucht, b⁾ ſelbige durch lauter tropos und figuren, oder mit worten und redens-arten, welche die neben- ideen einer hoheit haben, mit dazu genom- menen emphatiſche beywoͤrtern, ausdrucket, die iunctur der rede durch den zuſammenfall der conſonantium und langer vocalium etwas maieſtaͤtiſch, und den numerum donnernd und praſſelnd S 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/295
Zitationshilfe: Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/295>, abgerufen am 03.12.2024.