Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767.

Bild:
<< vorherige Seite

vom besize, und mitbesize.
sizes nötig ist (§ 1879 des 1ten th.), besonders bei
dem vermögen eines verstorbenen, allwo der besiz
nicht durch das recht übergehet.

§ 1880

Ein besizer auf guten glauben (b. f. possessor)vom besizer auf
guten glauben.

wird genennet, welcher dafür hält, auch nicht an-
ders weiß, und glaubet, daß die sache, welche er be-
sizet, ihm gehöre. Er wird gleichsam als ein eigen-
tümer angesehen, und zwar so lange, bis er vom
waren eigentümer angesprochen, und in klage ge-
nommen wird. Hirdurch wird ihm sein wahn,
und die meinung verrücket; folgbar nicht mehr für
den besizer im guten glauben, noch für den herrn
gehalten; vilmehr muß er nun alles herausgeben,
was er nach dem anspruche des waren eigentümers
eingehoben hat, auch die nachher verzereten früch-
te; in betracht die aufzerung der früchte keinen
rechtlichen titel: das eigentum zu erlangen, abgi-
bet; mithin ist er durch die verzerung derselben in
disem falle nicht herr worden. Jndeß sind ihm
doch die saat, das artlon, und andere nohtwendi-
ger weise bei den gebaueten aeckern etc aufgewendete
kosten wider zu vergüten. Jn praxi folget man
dißfalls den römischen rechten; und wenn auch
schon die rechtsgelehrte hirin vilerlei meinungen hä-
gen, Heinecc in elem. iur. germ. lib. II tit. 3 § 95
s. 441, Stryk im vsu mod. p. lib. VI tit. 1 § 12;
so gefällt mir doch der Ev. Otto in seinem com-
ment. | über die institut. lib. II tit. 1 § 35 noch am
besten. Was heute zu tage in Kur-Sachsen diß-
falls rechtens sey, besagen die neue entscheidungen
1, und 2, Dreßd. 1746 fol., und an des Lüd.
Menkens
syst. iur. ciu. 1754, gr. 4t.

§ 1881
III. Teil. F f f

vom beſize, und mitbeſize.
ſizes noͤtig iſt (§ 1879 des 1ten th.), beſonders bei
dem vermoͤgen eines verſtorbenen, allwo der beſiz
nicht durch das recht uͤbergehet.

§ 1880

Ein beſizer auf guten glauben (b. f. poſſeſſor)vom beſizer auf
guten glauben.

wird genennet, welcher dafuͤr haͤlt, auch nicht an-
ders weiß, und glaubet, daß die ſache, welche er be-
ſizet, ihm gehoͤre. Er wird gleichſam als ein eigen-
tuͤmer angeſehen, und zwar ſo lange, bis er vom
waren eigentuͤmer angeſprochen, und in klage ge-
nommen wird. Hirdurch wird ihm ſein wahn,
und die meinung verruͤcket; folgbar nicht mehr fuͤr
den beſizer im guten glauben, noch fuͤr den herrn
gehalten; vilmehr muß er nun alles herausgeben,
was er nach dem anſpruche des waren eigentuͤmers
eingehoben hat, auch die nachher verzereten fruͤch-
te; in betracht die aufzerung der fruͤchte keinen
rechtlichen titel: das eigentum zu erlangen, abgi-
bet; mithin iſt er durch die verzerung derſelben in
diſem falle nicht herr worden. Jndeß ſind ihm
doch die ſaat, das artlon, und andere nohtwendi-
ger weiſe bei den gebaueten aeckern ꝛc aufgewendete
koſten wider zu verguͤten. Jn praxi folget man
dißfalls den roͤmiſchen rechten; und wenn auch
ſchon die rechtsgelehrte hirin vilerlei meinungen haͤ-
gen, Heinecc in elem. iur. germ. lib. II tit. 3 § 95
ſ. 441, Stryk im vſu mod. π. lib. VI tit. 1 § 12;
ſo gefaͤllt mir doch der Ev. Otto in ſeinem com-
ment. | uͤber die inſtitut. lib. II tit. 1 § 35 noch am
beſten. Was heute zu tage in Kur-Sachſen diß-
falls rechtens ſey, beſagen die neue entſcheidungen
1, und 2, Dreßd. 1746 fol., und an des Luͤd.
Menkens
ſyſt. iur. ciu. 1754, gr. 4t.

§ 1881
III. Teil. F f f
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0841" n="817"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">vom be&#x017F;ize, und mitbe&#x017F;ize.</hi></fw><lb/>
&#x017F;izes no&#x0364;tig i&#x017F;t (§ 1879 des 1ten th.), be&#x017F;onders bei<lb/>
dem vermo&#x0364;gen eines ver&#x017F;torbenen, allwo der be&#x017F;iz<lb/>
nicht durch das recht u&#x0364;bergehet.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§ 1880</head><lb/>
          <p>Ein be&#x017F;izer auf guten glauben (b. f. po&#x017F;&#x017F;e&#x017F;&#x017F;or)<note place="right">vom be&#x017F;izer auf<lb/>
guten glauben.</note><lb/>
wird genennet, welcher dafu&#x0364;r ha&#x0364;lt, auch nicht an-<lb/>
ders weiß, und glaubet, daß die &#x017F;ache, welche er be-<lb/>
&#x017F;izet, ihm geho&#x0364;re. Er wird gleich&#x017F;am als ein eigen-<lb/>
tu&#x0364;mer ange&#x017F;ehen, und zwar &#x017F;o lange, bis er vom<lb/>
waren eigentu&#x0364;mer ange&#x017F;prochen, und in klage ge-<lb/>
nommen wird. Hirdurch wird ihm &#x017F;ein wahn,<lb/>
und die meinung verru&#x0364;cket; folgbar nicht mehr fu&#x0364;r<lb/>
den be&#x017F;izer im guten glauben, noch fu&#x0364;r den herrn<lb/>
gehalten; vilmehr muß er nun alles herausgeben,<lb/>
was er nach dem an&#x017F;pruche des waren eigentu&#x0364;mers<lb/>
eingehoben hat, auch die nachher verzereten fru&#x0364;ch-<lb/>
te; in betracht die aufzerung der fru&#x0364;chte keinen<lb/>
rechtlichen titel: das eigentum zu erlangen, abgi-<lb/>
bet; mithin i&#x017F;t er durch die verzerung der&#x017F;elben in<lb/>
di&#x017F;em falle nicht herr worden. Jndeß &#x017F;ind ihm<lb/>
doch die &#x017F;aat, das artlon, und andere nohtwendi-<lb/>
ger wei&#x017F;e bei den gebaueten aeckern &#xA75B;c aufgewendete<lb/>
ko&#x017F;ten wider zu vergu&#x0364;ten. Jn praxi folget man<lb/>
dißfalls den ro&#x0364;mi&#x017F;chen rechten; und wenn auch<lb/>
&#x017F;chon die rechtsgelehrte hirin vilerlei meinungen ha&#x0364;-<lb/>
gen, <hi rendition="#fr">Heinecc</hi> in <hi rendition="#aq">elem. iur. germ. lib. II tit.</hi> 3 § 95<lb/>
&#x017F;. 441, <hi rendition="#fr">Stryk</hi> im <hi rendition="#aq">v&#x017F;u mod. &#x03C0;. lib. VI tit.</hi> 1 § 12;<lb/>
&#x017F;o gefa&#x0364;llt mir doch der <hi rendition="#fr">Ev. Otto</hi> in &#x017F;einem com-<lb/>
ment. | u&#x0364;ber die in&#x017F;titut. <hi rendition="#aq">lib. II tit.</hi> 1 § 35 noch am<lb/>
be&#x017F;ten. Was heute zu tage in Kur-Sach&#x017F;en diß-<lb/>
falls rechtens &#x017F;ey, be&#x017F;agen die neue ent&#x017F;cheidungen<lb/>
1, und 2, Dreßd. 1746 fol., und an des <hi rendition="#fr">Lu&#x0364;d.<lb/>
Menkens</hi> <hi rendition="#aq">&#x017F;y&#x017F;t. iur. ciu.</hi> 1754, gr. 4t.</p>
        </div><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">III.</hi><hi rendition="#fr">Teil.</hi> F f f</fw>
        <fw place="bottom" type="catch">§ 1881</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[817/0841] vom beſize, und mitbeſize. ſizes noͤtig iſt (§ 1879 des 1ten th.), beſonders bei dem vermoͤgen eines verſtorbenen, allwo der beſiz nicht durch das recht uͤbergehet. § 1880 Ein beſizer auf guten glauben (b. f. poſſeſſor) wird genennet, welcher dafuͤr haͤlt, auch nicht an- ders weiß, und glaubet, daß die ſache, welche er be- ſizet, ihm gehoͤre. Er wird gleichſam als ein eigen- tuͤmer angeſehen, und zwar ſo lange, bis er vom waren eigentuͤmer angeſprochen, und in klage ge- nommen wird. Hirdurch wird ihm ſein wahn, und die meinung verruͤcket; folgbar nicht mehr fuͤr den beſizer im guten glauben, noch fuͤr den herrn gehalten; vilmehr muß er nun alles herausgeben, was er nach dem anſpruche des waren eigentuͤmers eingehoben hat, auch die nachher verzereten fruͤch- te; in betracht die aufzerung der fruͤchte keinen rechtlichen titel: das eigentum zu erlangen, abgi- bet; mithin iſt er durch die verzerung derſelben in diſem falle nicht herr worden. Jndeß ſind ihm doch die ſaat, das artlon, und andere nohtwendi- ger weiſe bei den gebaueten aeckern ꝛc aufgewendete koſten wider zu verguͤten. Jn praxi folget man dißfalls den roͤmiſchen rechten; und wenn auch ſchon die rechtsgelehrte hirin vilerlei meinungen haͤ- gen, Heinecc in elem. iur. germ. lib. II tit. 3 § 95 ſ. 441, Stryk im vſu mod. π. lib. VI tit. 1 § 12; ſo gefaͤllt mir doch der Ev. Otto in ſeinem com- ment. | uͤber die inſtitut. lib. II tit. 1 § 35 noch am beſten. Was heute zu tage in Kur-Sachſen diß- falls rechtens ſey, beſagen die neue entſcheidungen 1, und 2, Dreßd. 1746 fol., und an des Luͤd. Menkens ſyſt. iur. ciu. 1754, gr. 4t. vom beſizer auf guten glauben. § 1881 III. Teil. F f f

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/841
Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767, S. 817. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/841>, abgerufen am 21.12.2024.