Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767.

Bild:
<< vorherige Seite

von den leibeigenen bauern.
nicht gut. An einigen orten müssen auch die bau-
ern, wenn etwa des edelmanns tochter heiratet, ei-
nes, und das andere zur hochzeit geben; imgleichen
den koch auf eigene kosten holen. Der edelmann,
welcher auch keine gerichtbarkeit hat, darf doch
den leibeigenen einstecken lassen, und hirdurch züch-
tigen, arg. des R. a. 1555 § 44 sqq., besage mei-
ner alten kleinen schriften im 5ten stücke des 2ten
bandes cap. V, § 71 s. 146, fg., Potgieser am a. o.
lib. II, cap. 1 § 23 fg. s. 320 fg.; nach der praxi
juris civilis aber darf kein bauer, auch kein bauer-
junge, wenn er auch nur 14 jar alt wäre, geschla-
gen werden; widrigen falles, wenn der bauer kla-
get, bekömmt man grossen verdruß, und kosten
davon.

§ 393

Die sreilassung (manumissio) der Teutschenvon der loßlas-
sung der leibei-
genen, auch
ministerialen.

ist von der römischen sehr unterschiden. Sie ge-
schahe ehedem entweder bei dem nidern adel, da ei-
ner aus der ministerialitaet entlediget, oder bei den
leibeigenen, da ein eigenbehöriger aus der leibeigen-
schaft losgelassen wurde (§ 358), von Pistorius
amoen. th. III s. 817 fg., th. I s. 95 s. 210 fg.,
Schilter in iure publ. P. I lib. I tit. 7 § 9 fg. Der
leibeigene hat die vermutung wider sich; und die
loslassung bestehet in facto; folglich muß er, wenn
er sich für frei ausgivet, die entlassung aus der leib-
eigenschaft erweisen. Der freigelassene bleibet bald
an eben dem orte, oder begibet sich an einen andern,
auch in eine stadt. Jn ersten falle wird inen
zwar, dem namen nach, und für ire personen, die
freibeit erteilet; allein die fronen, dinste, pächte, und
liferungen bleiben auf den gütern; es wird auch
wohl dasjenige, was sie für iren leib haben abge-
ben müssen, zu einem gewissen anschlag gebracht,

und
X 5

von den leibeigenen bauern.
nicht gut. An einigen orten muͤſſen auch die bau-
ern, wenn etwa des edelmanns tochter heiratet, ei-
nes, und das andere zur hochzeit geben; imgleichen
den koch auf eigene koſten holen. Der edelmann,
welcher auch keine gerichtbarkeit hat, darf doch
den leibeigenen einſtecken laſſen, und hirdurch zuͤch-
tigen, arg. des R. a. 1555 § 44 ſqq., beſage mei-
ner alten kleinen ſchriften im 5ten ſtuͤcke des 2ten
bandes cap. V, § 71 ſ. 146, fg., Potgieſer am a. o.
lib. II, cap. 1 § 23 fg. ſ. 320 fg.; nach der praxi
juris civilis aber darf kein bauer, auch kein bauer-
junge, wenn er auch nur 14 jar alt waͤre, geſchla-
gen werden; widrigen falles, wenn der bauer kla-
get, bekoͤmmt man groſſen verdruß, und koſten
davon.

§ 393

Die ſreilaſſung (manumiſſio) der Teutſchenvon der loßlaſ-
ſung der leibei-
genen, auch
miniſterialen.

iſt von der roͤmiſchen ſehr unterſchiden. Sie ge-
ſchahe ehedem entweder bei dem nidern adel, da ei-
ner aus der miniſterialitaet entlediget, oder bei den
leibeigenen, da ein eigenbehoͤriger aus der leibeigen-
ſchaft losgelaſſen wurde (§ 358), von Piſtorius
amoen. th. III ſ. 817 fg., th. I ſ. 95 ſ. 210 fg.,
Schilter in iure publ. P. I lib. I tit. 7 § 9 fg. Der
leibeigene hat die vermutung wider ſich; und die
loslaſſung beſtehet in facto; folglich muß er, wenn
er ſich fuͤr frei ausgivet, die entlaſſung aus der leib-
eigenſchaft erweiſen. Der freigelaſſene bleibet bald
an eben dem orte, oder begibet ſich an einen andern,
auch in eine ſtadt. Jn erſten falle wird inen
zwar, dem namen nach, und fuͤr ire perſonen, die
freibeit erteilet; allein die fronen, dinſte, paͤchte, und
liferungen bleiben auf den guͤtern; es wird auch
wohl dasjenige, was ſie fuͤr iren leib haben abge-
ben muͤſſen, zu einem gewiſſen anſchlag gebracht,

und
X 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0353" n="329"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">von den leibeigenen bauern.</hi></fw><lb/>
nicht gut. An einigen orten mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en auch die bau-<lb/>
ern, wenn etwa des edelmanns tochter heiratet, ei-<lb/>
nes, und das andere zur hochzeit geben; imgleichen<lb/>
den koch auf eigene ko&#x017F;ten holen. Der edelmann,<lb/>
welcher auch keine gerichtbarkeit hat, darf doch<lb/>
den leibeigenen ein&#x017F;tecken la&#x017F;&#x017F;en, und hirdurch zu&#x0364;ch-<lb/>
tigen, arg. des R. a. 1555 § 44 &#x017F;qq., be&#x017F;age mei-<lb/>
ner alten kleinen &#x017F;chriften im 5ten &#x017F;tu&#x0364;cke des 2ten<lb/>
bandes <hi rendition="#aq">cap. V,</hi> § 71 &#x017F;. 146, fg., <hi rendition="#fr">Potgie&#x017F;er</hi> am a. o.<lb/><hi rendition="#aq">lib. II,</hi> cap. 1 § 23 fg. &#x017F;. 320 fg.; nach der praxi<lb/>
juris civilis aber darf kein bauer, auch kein bauer-<lb/>
junge, wenn er auch nur 14 jar alt wa&#x0364;re, ge&#x017F;chla-<lb/>
gen werden; widrigen falles, wenn der bauer kla-<lb/>
get, beko&#x0364;mmt man gro&#x017F;&#x017F;en verdruß, und ko&#x017F;ten<lb/>
davon.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§ 393</head><lb/>
          <p>Die &#x017F;reila&#x017F;&#x017F;ung (manumi&#x017F;&#x017F;io) der Teut&#x017F;chen<note place="right">von der loßla&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ung der leibei-<lb/>
genen, auch<lb/>
mini&#x017F;terialen.</note><lb/>
i&#x017F;t von der ro&#x0364;mi&#x017F;chen &#x017F;ehr unter&#x017F;chiden. Sie ge-<lb/>
&#x017F;chahe ehedem entweder bei dem nidern adel, da ei-<lb/>
ner aus der mini&#x017F;terialitaet entlediget, oder bei den<lb/>
leibeigenen, da ein eigenbeho&#x0364;riger aus der leibeigen-<lb/>
&#x017F;chaft losgela&#x017F;&#x017F;en wurde (§ 358), <hi rendition="#fr">von Pi&#x017F;torius</hi><lb/><hi rendition="#aq">amoen.</hi> th. <hi rendition="#aq">III</hi> &#x017F;. 817 fg., th. <hi rendition="#aq">I</hi> &#x017F;. 95 &#x017F;. 210 fg.,<lb/><hi rendition="#fr">Schilter</hi> in <hi rendition="#aq">iure publ. P. I lib. I</hi> tit. 7 § 9 fg. Der<lb/>
leibeigene hat die vermutung wider &#x017F;ich; und die<lb/>
losla&#x017F;&#x017F;ung be&#x017F;tehet in facto; folglich muß er, wenn<lb/>
er &#x017F;ich fu&#x0364;r frei ausgivet, die entla&#x017F;&#x017F;ung aus der leib-<lb/>
eigen&#x017F;chaft erwei&#x017F;en. Der freigela&#x017F;&#x017F;ene bleibet bald<lb/>
an eben dem orte, oder begibet &#x017F;ich an einen andern,<lb/>
auch in eine &#x017F;tadt. Jn er&#x017F;ten falle wird inen<lb/>
zwar, dem namen nach, und fu&#x0364;r ire per&#x017F;onen, die<lb/>
freibeit erteilet; allein die fronen, din&#x017F;te, pa&#x0364;chte, und<lb/>
liferungen bleiben auf den gu&#x0364;tern; es wird auch<lb/>
wohl dasjenige, was &#x017F;ie fu&#x0364;r iren leib haben abge-<lb/>
ben mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, zu einem gewi&#x017F;&#x017F;en an&#x017F;chlag gebracht,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">X 5</fw><fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[329/0353] von den leibeigenen bauern. nicht gut. An einigen orten muͤſſen auch die bau- ern, wenn etwa des edelmanns tochter heiratet, ei- nes, und das andere zur hochzeit geben; imgleichen den koch auf eigene koſten holen. Der edelmann, welcher auch keine gerichtbarkeit hat, darf doch den leibeigenen einſtecken laſſen, und hirdurch zuͤch- tigen, arg. des R. a. 1555 § 44 ſqq., beſage mei- ner alten kleinen ſchriften im 5ten ſtuͤcke des 2ten bandes cap. V, § 71 ſ. 146, fg., Potgieſer am a. o. lib. II, cap. 1 § 23 fg. ſ. 320 fg.; nach der praxi juris civilis aber darf kein bauer, auch kein bauer- junge, wenn er auch nur 14 jar alt waͤre, geſchla- gen werden; widrigen falles, wenn der bauer kla- get, bekoͤmmt man groſſen verdruß, und koſten davon. § 393 Die ſreilaſſung (manumiſſio) der Teutſchen iſt von der roͤmiſchen ſehr unterſchiden. Sie ge- ſchahe ehedem entweder bei dem nidern adel, da ei- ner aus der miniſterialitaet entlediget, oder bei den leibeigenen, da ein eigenbehoͤriger aus der leibeigen- ſchaft losgelaſſen wurde (§ 358), von Piſtorius amoen. th. III ſ. 817 fg., th. I ſ. 95 ſ. 210 fg., Schilter in iure publ. P. I lib. I tit. 7 § 9 fg. Der leibeigene hat die vermutung wider ſich; und die loslaſſung beſtehet in facto; folglich muß er, wenn er ſich fuͤr frei ausgivet, die entlaſſung aus der leib- eigenſchaft erweiſen. Der freigelaſſene bleibet bald an eben dem orte, oder begibet ſich an einen andern, auch in eine ſtadt. Jn erſten falle wird inen zwar, dem namen nach, und fuͤr ire perſonen, die freibeit erteilet; allein die fronen, dinſte, paͤchte, und liferungen bleiben auf den guͤtern; es wird auch wohl dasjenige, was ſie fuͤr iren leib haben abge- ben muͤſſen, zu einem gewiſſen anſchlag gebracht, und von der loßlaſ- ſung der leibei- genen, auch miniſterialen. X 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/353
Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/353>, abgerufen am 03.12.2024.