Erstes Haubtstück von der wirklichkeit des teutschen rechtes, des- sen nohtwendigkeit, nuze, quellen, auch hülfsmitteln. § 1
Es sind zwar verschidene: welche baldVon dem fest- zustellenden daseyn des teutschen pri- vat-rechtes, auch der teut- schen gesäze. an dem daseyn des teutschen pri- vat-rechtes zweiffeln; bald dasselbe gar ableugnen wollen; andere aber wänen: das teutsche bürgerliche recht wäre nichts anders, als das blosse natur- oder vernunft-recht; allein die erste verdinen wegen ihrer nicht zu entschuldigenden un- wissenheit eher mitleiden, als einer widerlegung. Denn, wenn der gemeine saz richtig ist: daß kein bürgerlicher staat sonder gesäze, und rechte wohl bestehen könne, welche nach desselben absichten, be- schaffenheit, endzwecke, behandelung, einrichtung, und form, auch nach den guten sitten, edlen triben, und allgemeinen löblichen neigungen der völker- schaft, auch der unterthanen abgefasset werden müssen; gleichwohl die Teutsche, als eine grosse, und krigerische völkerschaft, einen besonderen staat ausgemachet haben; so wird leicht zu begreiffen seyn: daß der Teutschen gemeines wesen bei irem
zwar
III.Teil. A
Erſtes Haubtſtuͤck von der wirklichkeit des teutſchen rechtes, deſ- ſen nohtwendigkeit, nuze, quellen, auch huͤlfsmitteln. § 1
Es ſind zwar verſchidene: welche baldVon dem feſt- zuſtellenden daſeyn des teutſchen pri- vat-rechtes, auch der teut- ſchen geſaͤze. an dem daſeyn des teutſchen pri- vat-rechtes zweiffeln; bald daſſelbe gar ableugnen wollen; andere aber waͤnen: das teutſche buͤrgerliche recht waͤre nichts anders, als das bloſſe natur- oder vernunft-recht; allein die erſte verdinen wegen ihrer nicht zu entſchuldigenden un- wiſſenheit eher mitleiden, als einer widerlegung. Denn, wenn der gemeine ſaz richtig iſt: daß kein buͤrgerlicher ſtaat ſonder geſaͤze, und rechte wohl beſtehen koͤnne, welche nach deſſelben abſichten, be- ſchaffenheit, endzwecke, behandelung, einrichtung, und form, auch nach den guten ſitten, edlen triben, und allgemeinen loͤblichen neigungen der voͤlker- ſchaft, auch der unterthanen abgefaſſet werden muͤſſen; gleichwohl die Teutſche, als eine groſſe, und krigeriſche voͤlkerſchaft, einen beſonderen ſtaat ausgemachet haben; ſo wird leicht zu begreiffen ſeyn: daß der Teutſchen gemeines weſen bei irem
zwar
III.Teil. A
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[[1]/0025]
Erſtes Haubtſtuͤck
von der
wirklichkeit des teutſchen rechtes, deſ-
ſen nohtwendigkeit, nuze, quellen,
auch huͤlfsmitteln.
§ 1
Es ſind zwar verſchidene: welche bald
an dem daſeyn des teutſchen pri-
vat-rechtes zweiffeln; bald daſſelbe
gar ableugnen wollen; andere aber
waͤnen: das teutſche buͤrgerliche
recht waͤre nichts anders, als das
bloſſe natur- oder vernunft-recht; allein die erſte
verdinen wegen ihrer nicht zu entſchuldigenden un-
wiſſenheit eher mitleiden, als einer widerlegung.
Denn, wenn der gemeine ſaz richtig iſt: daß kein
buͤrgerlicher ſtaat ſonder geſaͤze, und rechte wohl
beſtehen koͤnne, welche nach deſſelben abſichten, be-
ſchaffenheit, endzwecke, behandelung, einrichtung,
und form, auch nach den guten ſitten, edlen triben,
und allgemeinen loͤblichen neigungen der voͤlker-
ſchaft, auch der unterthanen abgefaſſet werden
muͤſſen; gleichwohl die Teutſche, als eine groſſe,
und krigeriſche voͤlkerſchaft, einen beſonderen ſtaat
ausgemachet haben; ſo wird leicht zu begreiffen
ſeyn: daß der Teutſchen gemeines weſen bei irem
zwar
Von dem feſt-
zuſtellenden
daſeyn des
teutſchen pri-
vat-rechtes,
auch der teut-
ſchen geſaͤze.
III. Teil. A
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Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767, S. [1]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/25>, abgerufen am 21.12.2024.
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