Ein armer kan auch wohl seyn, welcher derma- len von einkünften, und vom gelte entblösset ist. Allso kan einer in krigesläuften wohl rittergüter haben, auch ein capitalist seyn, und doch kein gelt haben; mithin die proceß-kosten nicht tragen. Dise heissen vermögende arme. Disen gebüret eben- falls, nach befinden, das armen-recht. Man hat nächst dem, arme im processe, und allmosen-bedürf- tige, bettler; (egenus) der nichts hat: mithin we- der bewegliche, noch unbewegliche güter besizet. Das wort: arm, arme leute etc. hat mancherlei be- deutungen, Haltaus sp. 52 fg., und sp. 160, unter bettelstab,repertorium iur. priuati im Iten th. s. 302 fg. daher sind sie zweierlei, 1) nach dem pro- cesse, 2) nach dem unterhalte. Jn Sachsen, nach dem processe sind solche arm, welche keine 50 Mfl. in vermögen haben. Das römische recht sezet die summe auf 50 aureos, Gaillobs. cam. lib. 1065 142 n. 8. Jn Teutschlande sihet man hirbei auf den zustand, und die beschaffenheit, auch die würde, und kömmt eben auf die summe nicht an, ob es 20 und merere gulden sind; sondern es ist genug, wenn einer schwören kan: daß er nicht im stande sei: so vil aufzubringen, als die proceß-kosten, und advo- caten-gebüren erfodern, und sie zu bezalen, auch nicht so vil verdinen könne. Schon in den älteren zeiten sorgeten die Teutsche für den armen so gut, als für den reichen, um ihm recht zu schaffen, re- pert. iur. priu. th. I s. 303, § 2, a. Daher auch die armen-sachen von jeher für sehr befreiet geach- tet worden sind. Die erbarmungswürdige perso- nen standen unter den notarien, und deren aufsicht. Derjenige, welcher zum armenrechte gelassen seyn will, muß sich desfalls bei dem richter gebürend melden; anbeneben die armut beglaubigen: in
betracht
XII haubtſtuͤck
§ 105
von den armen, und dem ar- men-rechte.
Ein armer kan auch wohl ſeyn, welcher derma- len von einkuͤnften, und vom gelte entbloͤſſet iſt. Allſo kan einer in krigeslaͤuften wohl ritterguͤter haben, auch ein capitaliſt ſeyn, und doch kein gelt haben; mithin die proceß-koſten nicht tragen. Diſe heiſſen vermoͤgende arme. Diſen gebuͤret eben- falls, nach befinden, das armen-recht. Man hat naͤchſt dem, arme im proceſſe, und allmoſen-beduͤrf- tige, bettler; (egenus) der nichts hat: mithin we- der bewegliche, noch unbewegliche guͤter beſizet. Das wort: arm, arme leute ꝛc. hat mancherlei be- deutungen, Haltaus ſp. 52 fg., und ſp. 160, unter bettelſtab,repertorium iur. priuati im Iten th. ſ. 302 fg. daher ſind ſie zweierlei, 1) nach dem pro- ceſſe, 2) nach dem unterhalte. Jn Sachſen, nach dem proceſſe ſind ſolche arm, welche keine 50 Mfl. in vermoͤgen haben. Das roͤmiſche recht ſezet die ſumme auf 50 aureos, Gaillobſ. cam. lib. 1065 142 n. 8. Jn Teutſchlande ſihet man hirbei auf den zuſtand, und die beſchaffenheit, auch die wuͤrde, und koͤmmt eben auf die ſumme nicht an, ob es 20 und merere gulden ſind; ſondern es iſt genug, wenn einer ſchwoͤren kan: daß er nicht im ſtande ſei: ſo vil aufzubringen, als die proceß-koſten, und advo- caten-gebuͤren erfodern, und ſie zu bezalen, auch nicht ſo vil verdinen koͤnne. Schon in den aͤlteren zeiten ſorgeten die Teutſche fuͤr den armen ſo gut, als fuͤr den reichen, um ihm recht zu ſchaffen, re- pert. iur. priu. th. I ſ. 303, § 2, a. Daher auch die armen-ſachen von jeher fuͤr ſehr befreiet geach- tet worden ſind. Die erbarmungswuͤrdige perſo- nen ſtanden unter den notarien, und deren aufſicht. Derjenige, welcher zum armenrechte gelaſſen ſeyn will, muß ſich desfalls bei dem richter gebuͤrend melden; anbeneben die armut beglaubigen: in
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XII haubtſtuͤck
§ 105
Ein armer kan auch wohl ſeyn, welcher derma-
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Allſo kan einer in krigeslaͤuften wohl ritterguͤter
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der bewegliche, noch unbewegliche guͤter beſizet.
Das wort: arm, arme leute ꝛc. hat mancherlei be-
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142 n. 8. Jn Teutſchlande ſihet man hirbei auf
den zuſtand, und die beſchaffenheit, auch die wuͤrde,
und koͤmmt eben auf die ſumme nicht an, ob es 20
und merere gulden ſind; ſondern es iſt genug, wenn
einer ſchwoͤren kan: daß er nicht im ſtande ſei: ſo
vil aufzubringen, als die proceß-koſten, und advo-
caten-gebuͤren erfodern, und ſie zu bezalen, auch
nicht ſo vil verdinen koͤnne. Schon in den aͤlteren
zeiten ſorgeten die Teutſche fuͤr den armen ſo gut,
als fuͤr den reichen, um ihm recht zu ſchaffen, re-
pert. iur. priu. th. I ſ. 303, § 2, a. Daher auch
die armen-ſachen von jeher fuͤr ſehr befreiet geach-
tet worden ſind. Die erbarmungswuͤrdige perſo-
nen ſtanden unter den notarien, und deren aufſicht.
Derjenige, welcher zum armenrechte gelaſſen ſeyn
will, muß ſich desfalls bei dem richter gebuͤrend
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Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/144>, abgerufen am 30.12.2024.
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