abzuhalten vermöge. Nein! der fluß lässet die mauer wol stehen. Jedoch so bald die flut sich zeiget; alsdann quillet das wasser hinter der mauer vor. Solchenfalls wird die überschwemmung eben so groß, als wie keine mauer da war. Zu- geschweigen, daß man dem wasser die abzucht verschaffen muß, deren es vorher nicht bedurfte, sondern wie der strom file, auch die überschwem- mung von selbst abnam. Dise erfarung leret demnach: daß zwar eine flut durch das hervor- quellen sich eräuge; iedoch das wasser durch seine vorige quellen sich nicht wieder verliere. Denn die drückung des stromes ist weit stärker, das was- ser über sich zu stoßen, als die kraft des über- schwemmeten wassers ist.
§ 2213
die ufer sind zu befesti- gen.
Die befestigung des ufers ist nicht zu vergessen. Ein felsigtes und kisigtes. Den von fligendem sande ist nicht zu trauen, imgleichen die von lei- men und staub-erde, auch aller lockeren erd-arten lassen sich beim ersten anfalle fortreissen; das let- tige und tonige liget etwas fester. Ein krummes ufer verdinet ein wachsames auge, wie auch ein hohes, steiles und lockeres. Hier muß man zuvor kommen, und darf den unfall nicht erwarten.
§ 2214
wie das stei- le ufer zu machen ist?
Das steile (jähe) ufer muß schräge gemachet werden. Darauf bepflanzet man es mit dornen und wasser-waiden, auch rasen und schilfe. Hat das wasser aber ein ufer, das mit dem strome parallel liget, oder wo es vorwärts ausgebogen, alsdann ist weiter nichts zu tun, als nur das weg- gerissene wieder herzustellen, und es wider den weitern anfall zu befestigen; aber ja nicht mit zungen (bunen). Die lücke des eingerissenen schrägen parallel-ufers wird mit schutte, steinen,
trüm-
LVI haubtſtuͤck
abzuhalten vermoͤge. Nein! der fluß laͤſſet die mauer wol ſtehen. Jedoch ſo bald die flut ſich zeiget; alsdann quillet das waſſer hinter der mauer vor. Solchenfalls wird die uͤberſchwemmung eben ſo groß, als wie keine mauer da war. Zu- geſchweigen, daß man dem waſſer die abzucht verſchaffen muß, deren es vorher nicht bedurfte, ſondern wie der ſtrom file, auch die uͤberſchwem- mung von ſelbſt abnam. Diſe erfarung leret demnach: daß zwar eine flut durch das hervor- quellen ſich eraͤuge; iedoch das waſſer durch ſeine vorige quellen ſich nicht wieder verliere. Denn die druͤckung des ſtromes iſt weit ſtaͤrker, das waſ- ſer uͤber ſich zu ſtoßen, als die kraft des uͤber- ſchwemmeten waſſers iſt.
§ 2213
die ufer ſind zu befeſti- gen.
Die befeſtigung des ufers iſt nicht zu vergeſſen. Ein felſigtes und kiſigtes. Den von fligendem ſande iſt nicht zu trauen, imgleichen die von lei- men und ſtaub-erde, auch aller lockeren erd-arten laſſen ſich beim erſten anfalle fortreiſſen; das let- tige und tonige liget etwas feſter. Ein krummes ufer verdinet ein wachſames auge, wie auch ein hohes, ſteiles und lockeres. Hier muß man zuvor kommen, und darf den unfall nicht erwarten.
§ 2214
wie das ſtei- le ufer zu machen iſt?
Das ſteile (jaͤhe) ufer muß ſchraͤge gemachet werden. Darauf bepflanzet man es mit dornen und waſſer-waiden, auch raſen und ſchilfe. Hat das waſſer aber ein ufer, das mit dem ſtrome parallel liget, oder wo es vorwaͤrts ausgebogen, alsdann iſt weiter nichts zu tun, als nur das weg- geriſſene wieder herzuſtellen, und es wider den weitern anfall zu befeſtigen; aber ja nicht mit zungen (bunen). Die luͤcke des eingeriſſenen ſchraͤgen parallel-ufers wird mit ſchutte, ſteinen,
truͤm-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0904"n="892"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">LVI</hi> haubtſtuͤck</hi></fw><lb/>
abzuhalten vermoͤge. Nein! der fluß laͤſſet die<lb/>
mauer wol ſtehen. Jedoch ſo bald die flut ſich<lb/>
zeiget; alsdann quillet das waſſer hinter der mauer<lb/>
vor. Solchenfalls wird die uͤberſchwemmung<lb/>
eben ſo groß, als wie keine mauer da war. Zu-<lb/>
geſchweigen, daß man dem waſſer die abzucht<lb/>
verſchaffen muß, deren es vorher nicht bedurfte,<lb/>ſondern wie der ſtrom file, auch die uͤberſchwem-<lb/>
mung von ſelbſt abnam. Diſe erfarung leret<lb/>
demnach: daß zwar eine flut durch das hervor-<lb/>
quellen ſich eraͤuge; iedoch das waſſer durch ſeine<lb/>
vorige quellen ſich nicht wieder verliere. Denn<lb/>
die druͤckung des ſtromes iſt weit ſtaͤrker, das waſ-<lb/>ſer uͤber ſich zu ſtoßen, als die kraft des uͤber-<lb/>ſchwemmeten waſſers iſt.</p></div><lb/><divn="4"><head>§ 2213</head><lb/><noteplace="left">die ufer ſind<lb/>
zu befeſti-<lb/>
gen.</note><p>Die befeſtigung des ufers iſt nicht zu vergeſſen.<lb/>
Ein felſigtes und kiſigtes. Den von fligendem<lb/>ſande iſt nicht zu trauen, imgleichen die von lei-<lb/>
men und ſtaub-erde, auch aller lockeren erd-arten<lb/>
laſſen ſich beim erſten anfalle fortreiſſen; das let-<lb/>
tige und tonige liget etwas feſter. Ein krummes<lb/>
ufer verdinet ein wachſames auge, wie auch ein<lb/>
hohes, ſteiles und lockeres. Hier muß man zuvor<lb/>
kommen, und darf den unfall nicht erwarten.</p></div><lb/><divn="4"><head>§ 2214</head><lb/><noteplace="left">wie das ſtei-<lb/>
le ufer zu<lb/>
machen iſt?</note><p>Das ſteile (jaͤhe) ufer muß ſchraͤge gemachet<lb/>
werden. Darauf bepflanzet man es mit dornen<lb/>
und waſſer-waiden, auch raſen und ſchilfe. Hat<lb/>
das waſſer aber ein ufer, das mit dem ſtrome<lb/>
parallel liget, oder wo es vorwaͤrts ausgebogen,<lb/>
alsdann iſt weiter nichts zu tun, als nur das weg-<lb/>
geriſſene wieder herzuſtellen, und es wider den<lb/>
weitern anfall zu befeſtigen; aber ja nicht mit<lb/>
zungen (bunen). Die luͤcke des eingeriſſenen<lb/>ſchraͤgen parallel-ufers wird mit ſchutte, ſteinen,<lb/><fwplace="bottom"type="catch">truͤm-</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[892/0904]
LVI haubtſtuͤck
abzuhalten vermoͤge. Nein! der fluß laͤſſet die
mauer wol ſtehen. Jedoch ſo bald die flut ſich
zeiget; alsdann quillet das waſſer hinter der mauer
vor. Solchenfalls wird die uͤberſchwemmung
eben ſo groß, als wie keine mauer da war. Zu-
geſchweigen, daß man dem waſſer die abzucht
verſchaffen muß, deren es vorher nicht bedurfte,
ſondern wie der ſtrom file, auch die uͤberſchwem-
mung von ſelbſt abnam. Diſe erfarung leret
demnach: daß zwar eine flut durch das hervor-
quellen ſich eraͤuge; iedoch das waſſer durch ſeine
vorige quellen ſich nicht wieder verliere. Denn
die druͤckung des ſtromes iſt weit ſtaͤrker, das waſ-
ſer uͤber ſich zu ſtoßen, als die kraft des uͤber-
ſchwemmeten waſſers iſt.
§ 2213
Die befeſtigung des ufers iſt nicht zu vergeſſen.
Ein felſigtes und kiſigtes. Den von fligendem
ſande iſt nicht zu trauen, imgleichen die von lei-
men und ſtaub-erde, auch aller lockeren erd-arten
laſſen ſich beim erſten anfalle fortreiſſen; das let-
tige und tonige liget etwas feſter. Ein krummes
ufer verdinet ein wachſames auge, wie auch ein
hohes, ſteiles und lockeres. Hier muß man zuvor
kommen, und darf den unfall nicht erwarten.
§ 2214
Das ſteile (jaͤhe) ufer muß ſchraͤge gemachet
werden. Darauf bepflanzet man es mit dornen
und waſſer-waiden, auch raſen und ſchilfe. Hat
das waſſer aber ein ufer, das mit dem ſtrome
parallel liget, oder wo es vorwaͤrts ausgebogen,
alsdann iſt weiter nichts zu tun, als nur das weg-
geriſſene wieder herzuſtellen, und es wider den
weitern anfall zu befeſtigen; aber ja nicht mit
zungen (bunen). Die luͤcke des eingeriſſenen
ſchraͤgen parallel-ufers wird mit ſchutte, ſteinen,
truͤm-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Estor, Johann Georg: Bürgerliche rechtsgelehrsamkeit der Teutschen. Bd. 1. Marburg, 1757, S. 892. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit01_1757/904>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.