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Estor, Johann Georg: Bürgerliche rechtsgelehrsamkeit der Teutschen. Bd. 1. Marburg, 1757.

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CIX haubtst. von den
Moenum ciuibus de filiabus, libere elocandis,
olim dato,
Altdorf 1730, 4.

§ 811
wie die
braut sich
mit dem
bräutigam
verhalten
soll.

Der braut gereichet es zum rume, wofern sie
die geschiklichkeit hat, dem bräutigam die braut-
nacht tolle zu machen, das ist, es dahin einzulei-
ten, daß er durchs tanzen ermüdet, oder in an-
dre wege zum beilager nicht gelangen kan. Ge-
stalt dann auch nach masgebung der Fränkischen
kapitularien VII buches, cap. 463, die neuen ehe-
leute 2 oder 3 tage beten sollten, bevor sie einan-
der ehelich beiwoneten, damit sie fromme kinder
erzilen mögten. Daher rüret zweifelsone der
gebrauch am kaiserlichen hofe, daß, wenn eine
hoffräule am hofe getrauet worden ist, sie nach
eingenommener malzeit nebst dem bräutigam sich
auf etwa 8 tage entfernen müsse, in meinung, daß
die braut zum gebäte in ein Nonnenkloster auf et-
liche tage, und der bräutigam in ein manns-klo-
ster sich wenden sollten; welches aber nun in eine
reise auf ein landgut ist verwandelt worden.

§ 812
die sprüch-
wörter von
den ehen.

Zu vorstehenden ehesachen gehören nachfolgen-
de sprüchwörter: 1) Wenn die libe also zunäme,
wie sie abnimmet, fräsen sich die eheleute für libe;
oder, es ist noch küßmonat. 2) Alle freier reich,
und alle gefangene arm; das ist, man soll den
freiern und freiwerbern als aufschneidern nicht
trauen. Für einen bräutigam ist gut bürge seyn.
3) Ein alter mann und eine junge frau gewisse
kinder. 4) Mann und weib ein leib, wodurch
die gemeinschaft angezeiget wird. 5) Ein harte
nuß und stumpfer zan, ein junges weib und alter
mann, zusammen sich nicht räumen wohl, seines
gleichen ieder nemen soll. 6) Es ist leichter eine
heerde flöhe, als eine einzige frau zu hüten. 7)

Des

CIX haubtſt. von den
Moenum ciuibus de filiabus, libere elocandis,
olim dato,
Altdorf 1730, 4.

§ 811
wie die
braut ſich
mit dem
braͤutigam
verhalten
ſoll.

Der braut gereichet es zum rume, wofern ſie
die geſchiklichkeit hat, dem braͤutigam die braut-
nacht tolle zu machen, das iſt, es dahin einzulei-
ten, daß er durchs tanzen ermuͤdet, oder in an-
dre wege zum beilager nicht gelangen kan. Ge-
ſtalt dann auch nach masgebung der Fraͤnkiſchen
kapitularien VII buches, cap. 463, die neuen ehe-
leute 2 oder 3 tage beten ſollten, bevor ſie einan-
der ehelich beiwoneten, damit ſie fromme kinder
erzilen moͤgten. Daher ruͤret zweifelsone der
gebrauch am kaiſerlichen hofe, daß, wenn eine
hoffraͤule am hofe getrauet worden iſt, ſie nach
eingenommener malzeit nebſt dem braͤutigam ſich
auf etwa 8 tage entfernen muͤſſe, in meinung, daß
die braut zum gebaͤte in ein Nonnenkloſter auf et-
liche tage, und der braͤutigam in ein manns-klo-
ſter ſich wenden ſollten; welches aber nun in eine
reiſe auf ein landgut iſt verwandelt worden.

§ 812
die ſpruͤch-
woͤrter von
den ehen.

Zu vorſtehenden eheſachen gehoͤren nachfolgen-
de ſpruͤchwoͤrter: 1) Wenn die libe alſo zunaͤme,
wie ſie abnimmet, fraͤſen ſich die eheleute fuͤr libe;
oder, es iſt noch kuͤßmonat. 2) Alle freier reich,
und alle gefangene arm; das iſt, man ſoll den
freiern und freiwerbern als aufſchneidern nicht
trauen. Fuͤr einen braͤutigam iſt gut buͤrge ſeyn.
3) Ein alter mann und eine junge frau gewiſſe
kinder. 4) Mann und weib ein leib, wodurch
die gemeinſchaft angezeiget wird. 5) Ein harte
nuß und ſtumpfer zan, ein junges weib und alter
mann, zuſammen ſich nicht raͤumen wohl, ſeines
gleichen ieder nemen ſoll. 6) Es iſt leichter eine
heerde floͤhe, als eine einzige frau zu huͤten. 7)

Des
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[346/0358] CIX haubtſt. von den Moenum ciuibus de filiabus, libere elocandis, olim dato, Altdorf 1730, 4. § 811 Der braut gereichet es zum rume, wofern ſie die geſchiklichkeit hat, dem braͤutigam die braut- nacht tolle zu machen, das iſt, es dahin einzulei- ten, daß er durchs tanzen ermuͤdet, oder in an- dre wege zum beilager nicht gelangen kan. Ge- ſtalt dann auch nach masgebung der Fraͤnkiſchen kapitularien VII buches, cap. 463, die neuen ehe- leute 2 oder 3 tage beten ſollten, bevor ſie einan- der ehelich beiwoneten, damit ſie fromme kinder erzilen moͤgten. Daher ruͤret zweifelsone der gebrauch am kaiſerlichen hofe, daß, wenn eine hoffraͤule am hofe getrauet worden iſt, ſie nach eingenommener malzeit nebſt dem braͤutigam ſich auf etwa 8 tage entfernen muͤſſe, in meinung, daß die braut zum gebaͤte in ein Nonnenkloſter auf et- liche tage, und der braͤutigam in ein manns-klo- ſter ſich wenden ſollten; welches aber nun in eine reiſe auf ein landgut iſt verwandelt worden. § 812 Zu vorſtehenden eheſachen gehoͤren nachfolgen- de ſpruͤchwoͤrter: 1) Wenn die libe alſo zunaͤme, wie ſie abnimmet, fraͤſen ſich die eheleute fuͤr libe; oder, es iſt noch kuͤßmonat. 2) Alle freier reich, und alle gefangene arm; das iſt, man ſoll den freiern und freiwerbern als aufſchneidern nicht trauen. Fuͤr einen braͤutigam iſt gut buͤrge ſeyn. 3) Ein alter mann und eine junge frau gewiſſe kinder. 4) Mann und weib ein leib, wodurch die gemeinſchaft angezeiget wird. 5) Ein harte nuß und ſtumpfer zan, ein junges weib und alter mann, zuſammen ſich nicht raͤumen wohl, ſeines gleichen ieder nemen ſoll. 6) Es iſt leichter eine heerde floͤhe, als eine einzige frau zu huͤten. 7) Des

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Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Bürgerliche rechtsgelehrsamkeit der Teutschen. Bd. 1. Marburg, 1757, S. 346. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit01_1757/358>, abgerufen am 21.11.2024.