schau- und singspiele eine rechte tugendschul wer- den; immasen das trauerspil das schöne und grose nachamet und die neigungen eines volkes fürtref- lich zu bilden vermag; das lustspiel hergegen das lächerliche vorstellet. Jenes erhebet die sele und bildet das herz; dises aber bessert die sitten und puzet das äußerliche. Die tragödi machet uns durch das mitleiden menschlicher und hält uns durch die furcht von den lastern zurück; die ko- mödi hingegen ziehet uns halb die larve ab und hält uns geschikt den spigel für, Batteux am a. o. s. 132 s. 193, von Justi am a. o. im IIten teile s. 549 fgg.; iedoch ist hirbei dahin zu trachten, daß solche ergözlichkeiten nicht bis zur üppigkeit, zur unordnung, verschwendung und zu andern lastern ausschweifen mögen, sondern erbaulich seynd, von Loen im entwurfe einer staatskunst s. 59 fg., F. Sachsen Gothaische landesordnung P. II cap. III tit. 14 s. 174.
§ 681
Die komödianten sind für ehrlose leute nicht zudie komödi- anten sind nicht ehrlos. halten. Der Cyprian im can. 95 de consecrat. dist. 2 schlüßet sie vom heiligen abendmale aus. Jedoch haben der Wurtado im tr. 1 resol. VIII, Augustin von Leyser übern Schilter II, 27, und Gundling in den pandecten s. 289, auch Sa- muel Stryk im vsu mod. p. lib. III tit. II. § 8 s. 320 vol. I sie für ehrliche leute erkläret. Sihe indessen den Lüder Menken im systemate iuris ciuilis lib. III tit. II § 2 s. 78. In den Kur- Braunschweig-Lüneburgischen landen sollen die komödianten, welche nicht von der landesherr- schaft besonders privilegiret sind, wie auch die gaukler, seiltänzer, rimenstecher, glükstöpfer, marionetten- oder puppen- taschen-spiler, markt- schreier etc. nicht gedultet werden, Kur- Braun-
schweig-
S 5
komoͤdianten, operiſten, ꝛc.
ſchau- und ſingſpiele eine rechte tugendſchul wer- den; immaſen das trauerſpil das ſchoͤne und groſe nachamet und die neigungen eines volkes fuͤrtref- lich zu bilden vermag; das luſtſpiel hergegen das laͤcherliche vorſtellet. Jenes erhebet die ſele und bildet das herz; diſes aber beſſert die ſitten und puzet das aͤußerliche. Die tragoͤdi machet uns durch das mitleiden menſchlicher und haͤlt uns durch die furcht von den laſtern zuruͤck; die ko- moͤdi hingegen ziehet uns halb die larve ab und haͤlt uns geſchikt den ſpigel fuͤr, Batteux am a. o. ſ. 132 ſ. 193, von Juſti am a. o. im IIten teile ſ. 549 fgg.; iedoch iſt hirbei dahin zu trachten, daß ſolche ergoͤzlichkeiten nicht bis zur uͤppigkeit, zur unordnung, verſchwendung und zu andern laſtern ausſchweifen moͤgen, ſondern erbaulich ſeynd, von Loen im entwurfe einer ſtaatskunſt ſ. 59 fg., F. Sachſen Gothaiſche landesordnung P. II cap. III tit. 14 ſ. 174.
§ 681
Die komoͤdianten ſind fuͤr ehrloſe leute nicht zudie komoͤdi- anten ſind nicht ehrlos. halten. Der Cyprian im can. 95 de conſecrat. diſt. 2 ſchluͤßet ſie vom heiligen abendmale aus. Jedoch haben der Wurtado im tr. 1 reſol. VIII, Auguſtin von Leyſer uͤbern Schilter II, 27, und Gundling in den pandecten ſ. 289, auch Sa- muel Stryk im vſu mod. π. lib. III tit. II. § 8 ſ. 320 vol. I ſie fuͤr ehrliche leute erklaͤret. Sihe indeſſen den Luͤder Menken im ſyſtemate iuris ciuilis lib. III tit. II § 2 ſ. 78. In den Kur- Braunſchweig-Luͤneburgiſchen landen ſollen die komoͤdianten, welche nicht von der landesherr- ſchaft beſonders privilegiret ſind, wie auch die gaukler, ſeiltaͤnzer, rimenſtecher, gluͤkstoͤpfer, marionetten- oder puppen- taſchen-ſpiler, markt- ſchreier ꝛc. nicht gedultet werden, Kur- Braun-
ſchweig-
S 5
<TEI><text><body><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0293"n="281"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">komoͤdianten, operiſten, ꝛc.</hi></fw><lb/>ſchau- und ſingſpiele eine rechte tugendſchul wer-<lb/>
den; immaſen das trauerſpil das ſchoͤne und groſe<lb/>
nachamet und die neigungen eines volkes fuͤrtref-<lb/>
lich zu bilden vermag; das luſtſpiel hergegen das<lb/>
laͤcherliche vorſtellet. Jenes erhebet die ſele und<lb/>
bildet das herz; diſes aber beſſert die ſitten und<lb/>
puzet das aͤußerliche. Die tragoͤdi machet uns<lb/>
durch das mitleiden menſchlicher und haͤlt uns<lb/>
durch die furcht von den laſtern zuruͤck; die ko-<lb/>
moͤdi hingegen ziehet uns halb die larve ab und<lb/>
haͤlt uns geſchikt den ſpigel fuͤr, <hirendition="#fr">Batteux</hi> am<lb/>
a. o. ſ. 132 ſ. 193, <hirendition="#fr">von Juſti</hi> am a. o. im <hirendition="#aq">II</hi>ten<lb/>
teile ſ. 549 fgg.; iedoch iſt hirbei dahin zu trachten,<lb/>
daß ſolche ergoͤzlichkeiten nicht bis zur uͤppigkeit,<lb/>
zur unordnung, verſchwendung und zu andern<lb/>
laſtern ausſchweifen moͤgen, ſondern erbaulich<lb/>ſeynd, <hirendition="#fr">von Loen</hi> im entwurfe einer ſtaatskunſt<lb/>ſ. 59 fg., F. Sachſen Gothaiſche landesordnung<lb/><hirendition="#aq">P. II cap. III</hi> tit. 14 ſ. 174.</p></div><lb/><divn="3"><head>§ 681</head><lb/><p>Die komoͤdianten ſind fuͤr ehrloſe leute nicht zu<noteplace="right">die komoͤdi-<lb/>
anten ſind<lb/>
nicht ehrlos.</note><lb/>
halten. Der <hirendition="#fr">Cyprian</hi> im <hirendition="#aq">can. 95 de conſecrat.<lb/>
diſt.</hi> 2 ſchluͤßet ſie vom heiligen abendmale aus.<lb/>
Jedoch haben der <hirendition="#fr">Wurtado</hi> im tr. 1 <hirendition="#aq">reſol. VIII,</hi><lb/><hirendition="#fr">Auguſtin von Leyſer</hi> uͤbern Schilter <hirendition="#aq">II,</hi> 27, und<lb/><hirendition="#fr">Gundling</hi> in den pandecten ſ. 289, auch <hirendition="#fr">Sa-<lb/>
muel Stryk</hi> im <hirendition="#aq">vſu mod. π. lib. III</hi> tit. <hirendition="#aq">II.</hi> § 8<lb/>ſ. 320 vol. <hirendition="#aq">I</hi>ſie fuͤr ehrliche leute erklaͤret. Sihe<lb/>
indeſſen den <hirendition="#fr">Luͤder Menken</hi> im <hirendition="#aq">ſyſtemate iuris<lb/>
ciuilis lib. III</hi> tit. <hirendition="#aq">II</hi> § 2 ſ. 78. In den Kur-<lb/>
Braunſchweig-Luͤneburgiſchen landen ſollen die<lb/>
komoͤdianten, welche nicht von der landesherr-<lb/>ſchaft beſonders privilegiret ſind, wie auch die<lb/>
gaukler, ſeiltaͤnzer, rimenſtecher, gluͤkstoͤpfer,<lb/>
marionetten- oder puppen- taſchen-ſpiler, markt-<lb/>ſchreier ꝛc. nicht gedultet werden, Kur- Braun-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">S 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">ſchweig-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[281/0293]
komoͤdianten, operiſten, ꝛc.
ſchau- und ſingſpiele eine rechte tugendſchul wer-
den; immaſen das trauerſpil das ſchoͤne und groſe
nachamet und die neigungen eines volkes fuͤrtref-
lich zu bilden vermag; das luſtſpiel hergegen das
laͤcherliche vorſtellet. Jenes erhebet die ſele und
bildet das herz; diſes aber beſſert die ſitten und
puzet das aͤußerliche. Die tragoͤdi machet uns
durch das mitleiden menſchlicher und haͤlt uns
durch die furcht von den laſtern zuruͤck; die ko-
moͤdi hingegen ziehet uns halb die larve ab und
haͤlt uns geſchikt den ſpigel fuͤr, Batteux am
a. o. ſ. 132 ſ. 193, von Juſti am a. o. im IIten
teile ſ. 549 fgg.; iedoch iſt hirbei dahin zu trachten,
daß ſolche ergoͤzlichkeiten nicht bis zur uͤppigkeit,
zur unordnung, verſchwendung und zu andern
laſtern ausſchweifen moͤgen, ſondern erbaulich
ſeynd, von Loen im entwurfe einer ſtaatskunſt
ſ. 59 fg., F. Sachſen Gothaiſche landesordnung
P. II cap. III tit. 14 ſ. 174.
§ 681
Die komoͤdianten ſind fuͤr ehrloſe leute nicht zu
halten. Der Cyprian im can. 95 de conſecrat.
diſt. 2 ſchluͤßet ſie vom heiligen abendmale aus.
Jedoch haben der Wurtado im tr. 1 reſol. VIII,
Auguſtin von Leyſer uͤbern Schilter II, 27, und
Gundling in den pandecten ſ. 289, auch Sa-
muel Stryk im vſu mod. π. lib. III tit. II. § 8
ſ. 320 vol. I ſie fuͤr ehrliche leute erklaͤret. Sihe
indeſſen den Luͤder Menken im ſyſtemate iuris
ciuilis lib. III tit. II § 2 ſ. 78. In den Kur-
Braunſchweig-Luͤneburgiſchen landen ſollen die
komoͤdianten, welche nicht von der landesherr-
ſchaft beſonders privilegiret ſind, wie auch die
gaukler, ſeiltaͤnzer, rimenſtecher, gluͤkstoͤpfer,
marionetten- oder puppen- taſchen-ſpiler, markt-
ſchreier ꝛc. nicht gedultet werden, Kur- Braun-
ſchweig-
die komoͤdi-
anten ſind
nicht ehrlos.
S 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Estor, Johann Georg: Bürgerliche rechtsgelehrsamkeit der Teutschen. Bd. 1. Marburg, 1757, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit01_1757/293>, abgerufen am 03.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.