Elsholtz, Johann Sigismund: Vom Gartenbaw. Cölln (Spree), 1666.Des IV. Buchs IV. Cap. 4. Observatio de juvenculis. Bäumlein gar jung zu pfropffen ist kein vor- theil/ sintemahl sie doch ihre behörliche stärcke erst erlangen müssen/ ehe sie frucht bringen können: und solche stärcke kan ihnen das Reiß nicht geben/ sondern die zeit. 5. Observ. de sylvestribus. Die Wildfänge sollen genaw an der erden ge- pfropfft werden/ solches hilfft ihnen nicht allein zu desto geschwinderm Wachstum/ sondern auch zur zierde. Denn im fall man sie hoch pfropffet/ pfleget das gepfropff- te dicker zu werden/ als der stamm selbst: Welches nicht allein heßlich stehet/ son- dern es werden dergleichen bäume nach etlichen jahren vom winde gebogen und wach- sen krumm. 6. Observ. de jamdum insitis. Wann euch Obstbäume zu handen kommen/ welche zwar allbereit gepfropffet und in die höhe gewachsen sind/ ihr aber gleichwol der früchte halber nicht versichert seyd: so pfropffet sie noch eins/ und zwar gerad un- ter den ästen/ ja wo müglich so hoch/ daß ein Mann mit auffgesetztem Hut unverhin- dert darunter gehen könne. Solch wiederholtes Pfropffen ist keines weges schädlich/ sondern vielmehr vor ein Meisterstück der Pfropffkunst zu achten: dieweil je öff- ter ein baum gepfropffet wird/ je grösser und schöner werden hernach desselben früchte. VI. Von dem Zweig-pfropffen. Und so viel sey gesaget von dem Pfropffen auff die jungen Stämme: wenn Derohalben wenn in einem garten ein starcker Obstbaum sich befindet/ wel- Es stehen bisweilen auch wilde bäume ausser den gärten/ oder gar auff dem VII. Von dem Stuben-pfropffen. Kurtz zuvor haben wir gehöret/ daß ein Stamm/ der mit nutz gepfropffet und
Des IV. Buchs IV. Cap. 4. Obſervatio de juvenculis. Baͤumlein gar jung zu pfropffen iſt kein vor- theil/ ſintemahl ſie doch ihre behoͤrliche ſtaͤrcke erſt erlangen muͤſſen/ ehe ſie frucht bringen koͤnnen: und ſolche ſtaͤrcke kan ihnen das Reiß nicht geben/ ſondern die zeit. 5. Obſerv. de ſylveſtribus. Die Wildfaͤnge ſollen genaw an der erden ge- pfropfft werden/ ſolches hilfft ihnen nicht allein zu deſto geſchwinderm Wachſtum/ ſondern auch zur zierde. Denn im fall man ſie hoch pfropffet/ pfleget das gepfropff- te dicker zu werden/ als der ſtamm ſelbſt: Welches nicht allein heßlich ſtehet/ ſon- dern es werden dergleichen baͤume nach etlichen jahren vom winde gebogen und wach- ſen krumm. 6. Obſerv. de jamdum inſitis. Wann euch Obſtbaͤume zu handen kommen/ welche zwar allbereit gepfropffet und in die hoͤhe gewachſen ſind/ ihr aber gleichwol der fruͤchte halber nicht verſichert ſeyd: ſo pfropffet ſie noch eins/ und zwar gerad un- ter den aͤſten/ ja wo muͤglich ſo hoch/ daß ein Mann mit auffgeſetztem Hut unverhin- dert darunter gehen koͤnne. Solch wiederholtes Pfropffen iſt keines weges ſchaͤdlich/ ſondern vielmehr vor ein Meiſterſtuͤck der Pfropffkunſt zu achten: dieweil je oͤff- ter ein baum gepfropffet wird/ je groͤſſer und ſchoͤner werden hernach deſſelben fruͤchte. VI. Von dem Zweig-pfropffen. Und ſo viel ſey geſaget von dem Pfropffen auff die jungen Staͤmme: wenn Derohalben wenn in einem garten ein ſtarcker Obſtbaum ſich befindet/ wel- Es ſtehen bisweilen auch wilde baͤume auſſer den gaͤrten/ oder gar auff dem VII. Von dem Stuben-pfropffen. Kurtz zuvor haben wir gehoͤret/ daß ein Stamm/ der mit nutz gepfropffet und
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Des IV. Buchs IV. Cap.
4. Obſervatio de juvenculis. Baͤumlein gar jung zu pfropffen iſt kein vor-
theil/ ſintemahl ſie doch ihre behoͤrliche ſtaͤrcke erſt erlangen muͤſſen/ ehe ſie frucht
bringen koͤnnen: und ſolche ſtaͤrcke kan ihnen das Reiß nicht geben/ ſondern die
zeit.
5. Obſerv. de ſylveſtribus. Die Wildfaͤnge ſollen genaw an der erden ge-
pfropfft werden/ ſolches hilfft ihnen nicht allein zu deſto geſchwinderm Wachſtum/
ſondern auch zur zierde. Denn im fall man ſie hoch pfropffet/ pfleget das gepfropff-
te dicker zu werden/ als der ſtamm ſelbſt: Welches nicht allein heßlich ſtehet/ ſon-
dern es werden dergleichen baͤume nach etlichen jahren vom winde gebogen und wach-
ſen krumm.
6. Obſerv. de jamdum inſitis. Wann euch Obſtbaͤume zu handen kommen/
welche zwar allbereit gepfropffet und in die hoͤhe gewachſen ſind/ ihr aber gleichwol
der fruͤchte halber nicht verſichert ſeyd: ſo pfropffet ſie noch eins/ und zwar gerad un-
ter den aͤſten/ ja wo muͤglich ſo hoch/ daß ein Mann mit auffgeſetztem Hut unverhin-
dert darunter gehen koͤnne. Solch wiederholtes Pfropffen iſt keines weges ſchaͤdlich/
ſondern vielmehr vor ein Meiſterſtuͤck der Pfropffkunſt zu achten: dieweil je oͤff-
ter ein baum gepfropffet wird/ je groͤſſer und ſchoͤner werden hernach deſſelben
fruͤchte.
VI. Von dem Zweig-pfropffen.
Und ſo viel ſey geſaget von dem Pfropffen auff die jungen Staͤmme: wenn
aber ein baum allbereit ſo erſtarcket/ daß er zwey/ drey oder mehr Spannen in der di-
cke hat/ ſo pfropffet man ihn nicht am ſtamm/ ſondern an den zweigen: und daher
iſt der name Zweig-pfropffen entſprungen.
Derohalben wenn in einem garten ein ſtarcker Obſtbaum ſich befindet/ wel-
cher nur geringe fruͤchte traͤget: ſo iſt ihm dergeſtalt am beſten zu helffen/ daß man
ſeine aͤſte abſaͤge/ und mit guten Reiſern beſetze. Man benimt ihm aber nicht zu-
gleich alle aͤſte/ ſondern anfangs nur die helffte/ damit der auffwallende Safft ſich in
die uͤbrigen mit vertheilen moͤge/ welcher ſonſt alles erſticket/ ſonderlich an Apffel-
baͤumen/ wenn ihnen zugleich alle aͤſte abgeworffen wuͤrden. Auff jeden zweig ſetzet
man ein/ zwey oder drey reiſer/ nachdem er ſtarck iſt/ und verwahret ſie mit beyge-
bundenen ſtaͤblein wieder den wind. Wofern nun dieſe bepfropffte zweige wol be-
kommen und viel holtz treiben/ ſo pfropffet man das folgende jahr wieder ein theil der-
ſelben/ und das dritte jahr die uͤbrigen.
Es ſtehen bisweilen auch wilde baͤume auſſer den gaͤrten/ oder gar auff dem
Felde: ſotane/ wenn ſie ſchon noch ſo groß und dick ſind/ koͤnnen durch das Zweig-
pfropffen nutzbar gemachet werden. Uberdem kan ein ſolch eintziger bepfroffter
baum/ wann er wol anſchlaͤget/ ſchon im dritten oder vierten jahre mehr fruͤchte brin-
gen/ als ſechs junge baͤume nicht vermoͤgen.
VII. Von dem Stuben-pfropffen.
Kurtz zuvor haben wir gehoͤret/ daß ein Stamm/ der mit nutz gepfropffet
werden ſol/ damit er vorher ſeine wurzeln feſt ſetzen moͤge/ zum wenigſten ein halb
jahr an ſeinem ort unverruͤckt ſol geſtanden haben. Von ſolcher Regel wird ausge-
nommen das alſo genante Stuben-pfropffen/ ſintemahl bey ſelbigem eine verſetzung
und
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