Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826.Wo ist nun hin die bunte Lust, Des Freundes Trost und treue Brust, Des Weibes süßer Augenschein? Will keiner mit mir munter seyn? Da's nun so stille auf der Welt, Zieh'n Wolken einsam übers Feld, Und Feld und Baum besprechen sich, -- O Menschenkind! was schauert Dich? Wie weit die falsche Welt auch sey, Bleibt mir doch Einer nur getreu, Der mit mir weint, der mit mir wacht, Wenn ich nur recht an Ihn gedacht. Frisch auf denn, liebe Nachtigall, Du Wasserfall mit hellem Schall! Gott loben wollen wir vereint, Bis daß der lichte Morgen scheint! Die deutsche Jungfrau. Es stand ein Fräulein auf dem Schloß, Erschlagen war im Streit ihr Roß, Schnob wie ein See die finstre Nacht, Wollt' überschrei'n die wilde Schlacht. Im Thal die Brüder lagen todt,
Es brannt' die Burg so blutigroth, In Lohen stand sie auf der Wand, Hielt hoch die Fahne in der Hand. Wo iſt nun hin die bunte Luſt, Des Freundes Troſt und treue Bruſt, Des Weibes ſuͤßer Augenſchein? Will keiner mit mir munter ſeyn? Da's nun ſo ſtille auf der Welt, Zieh'n Wolken einſam uͤbers Feld, Und Feld und Baum beſprechen ſich, — O Menſchenkind! was ſchauert Dich? Wie weit die falſche Welt auch ſey, Bleibt mir doch Einer nur getreu, Der mit mir weint, der mit mir wacht, Wenn ich nur recht an Ihn gedacht. Friſch auf denn, liebe Nachtigall, Du Waſſerfall mit hellem Schall! Gott loben wollen wir vereint, Bis daß der lichte Morgen ſcheint! Die deutſche Jungfrau. Es ſtand ein Fraͤulein auf dem Schloß, Erſchlagen war im Streit ihr Roß, Schnob wie ein See die finſtre Nacht, Wollt' uͤberſchrei'n die wilde Schlacht. Im Thal die Bruͤder lagen todt,
Es brannt' die Burg ſo blutigroth, In Lohen ſtand ſie auf der Wand, Hielt hoch die Fahne in der Hand. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0265" n="255"/> <lg n="2"> <l>Wo iſt nun hin die bunte Luſt,</l><lb/> <l>Des Freundes Troſt und treue Bruſt,</l><lb/> <l>Des Weibes ſuͤßer Augenſchein?</l><lb/> <l>Will keiner mit mir munter ſeyn?</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Da's nun ſo ſtille auf der Welt,</l><lb/> <l>Zieh'n Wolken einſam uͤbers Feld,</l><lb/> <l>Und Feld und Baum beſprechen ſich, —</l><lb/> <l>O Menſchenkind! was ſchauert Dich?</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Wie weit die falſche Welt auch ſey,</l><lb/> <l>Bleibt mir doch Einer nur getreu,</l><lb/> <l>Der mit mir weint, der mit mir wacht,</l><lb/> <l>Wenn ich nur recht an Ihn gedacht.</l><lb/> </lg> <lg n="5"> <l>Friſch auf denn, liebe Nachtigall,</l><lb/> <l>Du Waſſerfall mit hellem Schall!</l><lb/> <l><hi rendition="#g">Gott</hi> loben wollen wir vereint,</l><lb/> <l>Bis daß der lichte Morgen ſcheint!</l><lb/> </lg> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b #g">Die deutſche Jungfrau.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">E</hi>s ſtand ein Fraͤulein auf dem Schloß,</l><lb/> <l>Erſchlagen war im Streit ihr Roß,</l><lb/> <l>Schnob wie ein See die finſtre Nacht,</l><lb/> <l>Wollt' uͤberſchrei'n die wilde Schlacht.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Im Thal die Bruͤder lagen todt,</l><lb/> <l>Es brannt' die Burg ſo blutigroth,</l><lb/> <l>In Lohen ſtand ſie auf der Wand,</l><lb/> <l>Hielt hoch die Fahne in der Hand.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [255/0265]
Wo iſt nun hin die bunte Luſt,
Des Freundes Troſt und treue Bruſt,
Des Weibes ſuͤßer Augenſchein?
Will keiner mit mir munter ſeyn?
Da's nun ſo ſtille auf der Welt,
Zieh'n Wolken einſam uͤbers Feld,
Und Feld und Baum beſprechen ſich, —
O Menſchenkind! was ſchauert Dich?
Wie weit die falſche Welt auch ſey,
Bleibt mir doch Einer nur getreu,
Der mit mir weint, der mit mir wacht,
Wenn ich nur recht an Ihn gedacht.
Friſch auf denn, liebe Nachtigall,
Du Waſſerfall mit hellem Schall!
Gott loben wollen wir vereint,
Bis daß der lichte Morgen ſcheint!
Die deutſche Jungfrau.
Es ſtand ein Fraͤulein auf dem Schloß,
Erſchlagen war im Streit ihr Roß,
Schnob wie ein See die finſtre Nacht,
Wollt' uͤberſchrei'n die wilde Schlacht.
Im Thal die Bruͤder lagen todt,
Es brannt' die Burg ſo blutigroth,
In Lohen ſtand ſie auf der Wand,
Hielt hoch die Fahne in der Hand.
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Zitationshilfe: | Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_taugenichts_1826/265>, abgerufen am 22.02.2025. |