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Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837.

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Liebe in der Fremde.
I.
Jeder nennet froh die Seine,
Ich nur stehe hier alleine,
Denn was früge wohl die Eine:
Wen der Fremdling eben meine?
Und so muß ich, wie im Strome dort die Welle,
Ungehört verrauschen an des Frühlings Schwelle.
II.
Wie kühl schweift sich's bei nächt'ger Stunde,
Die Zitter treulich in der Hand!
Vom Hügel grüß ich in die Runde
Den Himmel und das stille Land.
Wie ist da alles so verwandelt,
Wo ich so fröhlich war, im Thal.
Im Wald wie still! der Mond nur wandelt
Nun durch den hohen Buchensaal.
Der Winzer Jauchzen ist verklungen
Und all der bunte Lebenslauf,
Die Ströme nur, im Thal geschlungen,
Sie blicken manchmal silbern auf.
Und Nachtigallen wie aus Träumen
Erwachen oft mit süßem Schall,
Erinnernd rührt sich in den Bäumen,
Ein heimlich Flüstern überall. --
Liebe in der Fremde.
I.
Jeder nennet froh die Seine,
Ich nur ſtehe hier alleine,
Denn was fruͤge wohl die Eine:
Wen der Fremdling eben meine?
Und ſo muß ich, wie im Strome dort die Welle,
Ungehoͤrt verrauſchen an des Fruͤhlings Schwelle.
II.
Wie kuͤhl ſchweift ſich's bei naͤcht'ger Stunde,
Die Zitter treulich in der Hand!
Vom Huͤgel gruͤß ich in die Runde
Den Himmel und das ſtille Land.
Wie iſt da alles ſo verwandelt,
Wo ich ſo froͤhlich war, im Thal.
Im Wald wie ſtill! der Mond nur wandelt
Nun durch den hohen Buchenſaal.
Der Winzer Jauchzen iſt verklungen
Und all der bunte Lebenslauf,
Die Stroͤme nur, im Thal geſchlungen,
Sie blicken manchmal ſilbern auf.
Und Nachtigallen wie aus Traͤumen
Erwachen oft mit ſuͤßem Schall,
Erinnernd ruͤhrt ſich in den Baͤumen,
Ein heimlich Fluͤſtern uͤberall. —
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[45/0063] Liebe in der Fremde. I. Jeder nennet froh die Seine, Ich nur ſtehe hier alleine, Denn was fruͤge wohl die Eine: Wen der Fremdling eben meine? Und ſo muß ich, wie im Strome dort die Welle, Ungehoͤrt verrauſchen an des Fruͤhlings Schwelle. II. Wie kuͤhl ſchweift ſich's bei naͤcht'ger Stunde, Die Zitter treulich in der Hand! Vom Huͤgel gruͤß ich in die Runde Den Himmel und das ſtille Land. Wie iſt da alles ſo verwandelt, Wo ich ſo froͤhlich war, im Thal. Im Wald wie ſtill! der Mond nur wandelt Nun durch den hohen Buchenſaal. Der Winzer Jauchzen iſt verklungen Und all der bunte Lebenslauf, Die Stroͤme nur, im Thal geſchlungen, Sie blicken manchmal ſilbern auf. Und Nachtigallen wie aus Traͤumen Erwachen oft mit ſuͤßem Schall, Erinnernd ruͤhrt ſich in den Baͤumen, Ein heimlich Fluͤſtern uͤberall. —

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Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837/63>, abgerufen am 21.12.2024.