Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837.Am Brunnen steh ich lange, Der rauscht fort, wie vorher, Kommt mancher wohl gegangen, Es kennt mich keiner mehr. Da hört' ich geigen, pfeifen, Die Fenster glänzten weit, Dazwischen drehn und schleifen Viel' fremde, fröhliche Leut'. Und Herz und Sinne mir brannten, Mich trieb's in die weite Welt, Es spielten die Musikanten, Da fiel ich hin im Feld. VIII. Auf einer Burg. Eingeschlafen auf der Lauer Oben ist der alte Ritter; Drüber gehen Regenschauer, Und der Wald rauscht durch das Gitter. Eingewachsen Bart und Haare, Und versteinert Brust und Krause, Sitzt er viele hundert Jahre Oben in der stillen Klause. Draußen ist es still und friedlich,
Alle sind in's Thal gezogen, Waldesvögel einsam singen In den leeren Fensterbogen. Am Brunnen ſteh ich lange, Der rauſcht fort, wie vorher, Kommt mancher wohl gegangen‚ Es kennt mich keiner mehr. Da hoͤrt' ich geigen, pfeifen, Die Fenſter glaͤnzten weit, Dazwiſchen drehn und ſchleifen Viel' fremde, froͤhliche Leut'. Und Herz und Sinne mir brannten‚ Mich trieb's in die weite Welt, Es ſpielten die Muſikanten, Da fiel ich hin im Feld. VIII. Auf einer Burg. Eingeſchlafen auf der Lauer Oben iſt der alte Ritter; Druͤber gehen Regenſchauer, Und der Wald rauſcht durch das Gitter. Eingewachſen Bart und Haare, Und verſteinert Bruſt und Krauſe, Sitzt er viele hundert Jahre Oben in der ſtillen Klauſe. Draußen iſt es ſtill und friedlich,
Alle ſind in's Thal gezogen, Waldesvoͤgel einſam ſingen In den leeren Fenſterbogen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0049" n="31"/> <lg n="3"> <l>Am Brunnen ſteh ich lange,</l><lb/> <l>Der rauſcht fort, wie vorher,</l><lb/> <l>Kommt mancher wohl gegangen‚</l><lb/> <l>Es kennt mich keiner mehr.</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Da hoͤrt' ich geigen, pfeifen,</l><lb/> <l>Die Fenſter glaͤnzten weit,</l><lb/> <l>Dazwiſchen drehn und ſchleifen</l><lb/> <l>Viel' fremde, froͤhliche Leut'.</l><lb/> </lg> <lg n="5"> <l>Und Herz und Sinne mir brannten‚</l><lb/> <l>Mich trieb's in die weite Welt,</l><lb/> <l>Es ſpielten die Muſikanten,</l><lb/> <l>Da fiel ich hin im Feld.</l><lb/> </lg> </lg> </div> <div n="3"> <head> <hi rendition="#aq #b">VIII.</hi><lb/> <hi rendition="#b #g">Auf einer Burg</hi> <hi rendition="#b">.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Eingeſchlafen auf der Lauer</l><lb/> <l>Oben iſt der alte Ritter;</l><lb/> <l>Druͤber gehen Regenſchauer,</l><lb/> <l>Und der Wald rauſcht durch das Gitter.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Eingewachſen Bart und Haare,</l><lb/> <l>Und verſteinert Bruſt und Krauſe,</l><lb/> <l>Sitzt er viele hundert Jahre</l><lb/> <l>Oben in der ſtillen Klauſe.</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Draußen iſt es ſtill und friedlich,</l><lb/> <l>Alle ſind in's Thal gezogen,</l><lb/> <l>Waldesvoͤgel einſam ſingen</l><lb/> <l>In den leeren Fenſterbogen.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [31/0049]
Am Brunnen ſteh ich lange,
Der rauſcht fort, wie vorher,
Kommt mancher wohl gegangen‚
Es kennt mich keiner mehr.
Da hoͤrt' ich geigen, pfeifen,
Die Fenſter glaͤnzten weit,
Dazwiſchen drehn und ſchleifen
Viel' fremde, froͤhliche Leut'.
Und Herz und Sinne mir brannten‚
Mich trieb's in die weite Welt,
Es ſpielten die Muſikanten,
Da fiel ich hin im Feld.
VIII.
Auf einer Burg.
Eingeſchlafen auf der Lauer
Oben iſt der alte Ritter;
Druͤber gehen Regenſchauer,
Und der Wald rauſcht durch das Gitter.
Eingewachſen Bart und Haare,
Und verſteinert Bruſt und Krauſe,
Sitzt er viele hundert Jahre
Oben in der ſtillen Klauſe.
Draußen iſt es ſtill und friedlich,
Alle ſind in's Thal gezogen,
Waldesvoͤgel einſam ſingen
In den leeren Fenſterbogen.
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