Weit in einem Walde droben Zwischen hoher Felsen Zinnen, Steht ein altes Schloß erhoben, Wohnet eine Zaub'rin drinne. Von dem Schloß, der Zaub'rin Schöne Gehen wunderbare Sagen, Lockend schweifen fremde Töne Plötzlich her oft aus dem Walde. Wem sie recht das Herz getroffen, Der muß nach dem Walde gehen, Ewig diesen Klängen folgend, Und wird nimmer mehr gesehen. Tief in wundersamer Grüne Steht das Schloß, schon halb verfallen, Hell die gold'nen Zinnen glühen, Einsam sind die weiten Hallen. Auf des Hofes stein'gem Rasen Sitzen von der Tafelrunde All' die Helden dort gelagert, Ueberdeckt mit Staub und Wunden. Heinrich liegt auf seinem Löwen, Gottfried auch, Siegfried der Scharfe, König Alfred, eingeschlafen Ueber seiner gold'nen Harfe. Don Quixot' hoch auf der Mauer Sinnend tief in nächt'ger Stunde, Steht gerüstet auf der Lauer Und bewacht die heil'ge Runde.
Die wunderliche Prinzeſſin.
Weit in einem Walde droben Zwiſchen hoher Felſen Zinnen, Steht ein altes Schloß erhoben, Wohnet eine Zaub'rin drinne. Von dem Schloß, der Zaub'rin Schoͤne Gehen wunderbare Sagen, Lockend ſchweifen fremde Toͤne Ploͤtzlich her oft aus dem Walde. Wem ſie recht das Herz getroffen, Der muß nach dem Walde gehen, Ewig dieſen Klaͤngen folgend, Und wird nimmer mehr geſehen. Tief in wunderſamer Gruͤne Steht das Schloß, ſchon halb verfallen, Hell die gold'nen Zinnen gluͤhen, Einſam ſind die weiten Hallen. Auf des Hofes ſtein'gem Raſen Sitzen von der Tafelrunde All' die Helden dort gelagert, Ueberdeckt mit Staub und Wunden. Heinrich liegt auf ſeinem Loͤwen, Gottfried auch, Siegfried der Scharfe, Koͤnig Alfred, eingeſchlafen Ueber ſeiner gold'nen Harfe. Don Quixot' hoch auf der Mauer Sinnend tief in naͤcht'ger Stunde, Steht geruͤſtet auf der Lauer Und bewacht die heil'ge Runde.
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Die wunderliche Prinzeſſin.
Weit in einem Walde droben
Zwiſchen hoher Felſen Zinnen,
Steht ein altes Schloß erhoben,
Wohnet eine Zaub'rin drinne.
Von dem Schloß, der Zaub'rin Schoͤne
Gehen wunderbare Sagen,
Lockend ſchweifen fremde Toͤne
Ploͤtzlich her oft aus dem Walde.
Wem ſie recht das Herz getroffen,
Der muß nach dem Walde gehen,
Ewig dieſen Klaͤngen folgend,
Und wird nimmer mehr geſehen.
Tief in wunderſamer Gruͤne
Steht das Schloß, ſchon halb verfallen,
Hell die gold'nen Zinnen gluͤhen,
Einſam ſind die weiten Hallen.
Auf des Hofes ſtein'gem Raſen
Sitzen von der Tafelrunde
All' die Helden dort gelagert,
Ueberdeckt mit Staub und Wunden.
Heinrich liegt auf ſeinem Loͤwen,
Gottfried auch, Siegfried der Scharfe,
Koͤnig Alfred, eingeſchlafen
Ueber ſeiner gold'nen Harfe.
Don Quixot' hoch auf der Mauer
Sinnend tief in naͤcht'ger Stunde,
Steht geruͤſtet auf der Lauer
Und bewacht die heil'ge Runde.
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Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837, S. 461. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837/479>, abgerufen am 26.02.2025.
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