Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837.Der verliebte Reisende. I. Da fahr' ich still im Wagen, Du bist so weit von mir, Wohin er mich mag tragen, Ich bleibe doch bei dir. Da fliegen Wälder, Klüfte Und schöne Thäler tief, Und Lerchen hoch in Lüften, Als ob dein' Stimme rief'. Die Sonne lustig scheinet Weit über das Revier, Ich bin so froh verweinet Und singe still in mir. Vom Berge geht's hinunter, Das Posthorn schallt im Grund, Mein' Seel' wird mir so munter, Grüß' dich aus Herzensgrund! II. Ich geh' durch die dunkeln Gassen Und wandre von Haus zu Haus, Ich kann mich noch immer nicht fassen, Sieht alles so trübe aus. Da gehen viel Männer und Frauen,
Die alle so lustig sehn, Die fahren und lachen und bauen, Daß mir die Sinne vergehn. Der verliebte Reiſende. I. Da fahr' ich ſtill im Wagen, Du biſt ſo weit von mir, Wohin er mich mag tragen, Ich bleibe doch bei dir. Da fliegen Waͤlder, Kluͤfte Und ſchoͤne Thaͤler tief, Und Lerchen hoch in Luͤften, Als ob dein' Stimme rief'. Die Sonne luſtig ſcheinet Weit uͤber das Revier, Ich bin ſo froh verweinet Und ſinge ſtill in mir. Vom Berge geht's hinunter, Das Poſthorn ſchallt im Grund, Mein' Seel' wird mir ſo munter, Gruͤß' dich aus Herzensgrund! II. Ich geh' durch die dunkeln Gaſſen Und wandre von Haus zu Haus, Ich kann mich noch immer nicht faſſen, Sieht alles ſo truͤbe aus. Da gehen viel Maͤnner und Frauen,
Die alle ſo luſtig ſehn, Die fahren und lachen und bauen, Daß mir die Sinne vergehn. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0044" n="26"/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Der verliebte Reiſende.</hi><lb/> </head> <div n="3"> <head> <hi rendition="#aq #b">I</hi> <hi rendition="#b">.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">D</hi>a fahr' ich ſtill im Wagen,</l><lb/> <l>Du biſt ſo weit von mir,</l><lb/> <l>Wohin er mich mag tragen,</l><lb/> <l>Ich bleibe doch bei dir.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Da fliegen Waͤlder, Kluͤfte</l><lb/> <l>Und ſchoͤne Thaͤler tief,</l><lb/> <l>Und Lerchen hoch in Luͤften,</l><lb/> <l>Als ob dein' Stimme rief'.</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Die Sonne luſtig ſcheinet</l><lb/> <l>Weit uͤber das Revier,</l><lb/> <l>Ich bin ſo froh verweinet</l><lb/> <l>Und ſinge ſtill in mir.</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Vom Berge geht's hinunter,</l><lb/> <l>Das Poſthorn ſchallt im Grund,</l><lb/> <l>Mein' Seel' wird mir ſo munter,</l><lb/> <l>Gruͤß' dich aus Herzensgrund!</l><lb/> </lg> </lg> </div> <div n="3"> <head> <hi rendition="#aq #b">II</hi> <hi rendition="#b">.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Ich geh' durch die dunkeln Gaſſen</l><lb/> <l>Und wandre von Haus zu Haus,</l><lb/> <l>Ich kann mich noch immer nicht faſſen,</l><lb/> <l>Sieht alles ſo truͤbe aus.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Da gehen viel Maͤnner und Frauen,</l><lb/> <l>Die alle ſo luſtig ſehn,</l><lb/> <l>Die fahren und lachen und bauen,</l><lb/> <l>Daß mir die Sinne vergehn.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [26/0044]
Der verliebte Reiſende.
I.
Da fahr' ich ſtill im Wagen,
Du biſt ſo weit von mir,
Wohin er mich mag tragen,
Ich bleibe doch bei dir.
Da fliegen Waͤlder, Kluͤfte
Und ſchoͤne Thaͤler tief,
Und Lerchen hoch in Luͤften,
Als ob dein' Stimme rief'.
Die Sonne luſtig ſcheinet
Weit uͤber das Revier,
Ich bin ſo froh verweinet
Und ſinge ſtill in mir.
Vom Berge geht's hinunter,
Das Poſthorn ſchallt im Grund,
Mein' Seel' wird mir ſo munter,
Gruͤß' dich aus Herzensgrund!
II.
Ich geh' durch die dunkeln Gaſſen
Und wandre von Haus zu Haus,
Ich kann mich noch immer nicht faſſen,
Sieht alles ſo truͤbe aus.
Da gehen viel Maͤnner und Frauen,
Die alle ſo luſtig ſehn,
Die fahren und lachen und bauen,
Daß mir die Sinne vergehn.
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