Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite
Winter.
Wie von Nacht verhangen,
Wußt' nicht, was ich will,
Schon so lange, lange
War ich todtenstill.
Liegt die Welt voll Schmerzen,
Will's auch draußen schnei'n:
Wache auf, mein Herze,
Frühling muß es sein!
Was mich frech wollt' fassen,
'S ist nur Wogen-Schaum,
Falsche Ehr', Noth, Hassen,
Welt, ich spür' dich kaum.
Breite nur die Flügel
Wieder, schönes Roß,
Frei laß ich die Zügel,
So brich durch, Genoß!
Und hat ausgeklungen
Liebes-Lust und Leid,
Um die wir gerungen
In der schönsten Zeit;
Nun so trag' mich weiter,
Wo das Wünschen aus --
Wie wird mir so heiter,
Roß, bring' mich nach Haus!

Winter.
Wie von Nacht verhangen,
Wußt' nicht, was ich will,
Schon ſo lange, lange
War ich todtenſtill.
Liegt die Welt voll Schmerzen,
Will's auch draußen ſchnei'n:
Wache auf, mein Herze,
Fruͤhling muß es ſein!
Was mich frech wollt' faſſen,
'S iſt nur Wogen-Schaum,
Falſche Ehr', Noth, Haſſen,
Welt, ich ſpuͤr' dich kaum.
Breite nur die Fluͤgel
Wieder, ſchoͤnes Roß,
Frei laß ich die Zuͤgel,
So brich durch, Genoß!
Und hat ausgeklungen
Liebes-Luſt und Leid,
Um die wir gerungen
In der ſchoͤnſten Zeit;
Nun ſo trag' mich weiter,
Wo das Wuͤnſchen aus —
Wie wird mir ſo heiter,
Roß, bring' mich nach Haus!

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0381" n="363"/>
        </div>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b #g">Winter</hi> <hi rendition="#b">.</hi><lb/>
          </head>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#in">W</hi>ie von Nacht verhangen,</l><lb/>
            <l>Wußt' nicht, was ich will,</l><lb/>
            <l>Schon &#x017F;o lange, lange</l><lb/>
            <l>War ich todten&#x017F;till.</l><lb/>
          </lg>
          <lg type="poem">
            <l>Liegt die Welt voll Schmerzen,</l><lb/>
            <l>Will's auch draußen &#x017F;chnei'n:</l><lb/>
            <l>Wache auf, mein Herze,</l><lb/>
            <l>Fru&#x0364;hling muß es &#x017F;ein!</l><lb/>
          </lg>
          <lg type="poem">
            <l>Was mich frech wollt' fa&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
            <l>'S i&#x017F;t nur Wogen-Schaum,</l><lb/>
            <l>Fal&#x017F;che Ehr', Noth, Ha&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
            <l>Welt, ich &#x017F;pu&#x0364;r' dich kaum.</l><lb/>
          </lg>
          <lg type="poem">
            <l>Breite nur die Flu&#x0364;gel</l><lb/>
            <l>Wieder, &#x017F;cho&#x0364;nes Roß,</l><lb/>
            <l>Frei laß ich die Zu&#x0364;gel,</l><lb/>
            <l>So brich durch, Genoß!</l><lb/>
          </lg>
          <lg type="poem">
            <l>Und hat ausgeklungen</l><lb/>
            <l>Liebes-Lu&#x017F;t und Leid,</l><lb/>
            <l>Um die wir gerungen</l><lb/>
            <l>In der &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten Zeit;</l><lb/>
          </lg>
          <lg type="poem">
            <l>Nun &#x017F;o trag' mich weiter,</l><lb/>
            <l>Wo das Wu&#x0364;n&#x017F;chen aus &#x2014;</l><lb/>
            <l>Wie wird mir &#x017F;o heiter,</l><lb/>
            <l>Roß, bring' mich nach Haus!</l><lb/>
          </lg>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[363/0381] Winter. Wie von Nacht verhangen, Wußt' nicht, was ich will, Schon ſo lange, lange War ich todtenſtill. Liegt die Welt voll Schmerzen, Will's auch draußen ſchnei'n: Wache auf, mein Herze, Fruͤhling muß es ſein! Was mich frech wollt' faſſen, 'S iſt nur Wogen-Schaum, Falſche Ehr', Noth, Haſſen, Welt, ich ſpuͤr' dich kaum. Breite nur die Fluͤgel Wieder, ſchoͤnes Roß, Frei laß ich die Zuͤgel, So brich durch, Genoß! Und hat ausgeklungen Liebes-Luſt und Leid, Um die wir gerungen In der ſchoͤnſten Zeit; Nun ſo trag' mich weiter, Wo das Wuͤnſchen aus — Wie wird mir ſo heiter, Roß, bring' mich nach Haus!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837/381
Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837, S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837/381>, abgerufen am 21.12.2024.