O wunderbares, tiefes Schweigen, Wie einsam ist's noch auf der Welt! Die Wälder nur sich leise neigen, Als ging' der Herr durch's stille Feld.
Ich fühl' mich recht wie neu geschaffen, Wo ist die Sorge nun und Noth? Was mich noch gestern wollt' erschlaffen, Ich schäm' mich deß im Morgenroth.
Die Welt mit ihrem Gram und Glücke Will ich, ein Pilger frohbereit, Betreten nur wie eine Brücke Zu Dir, Herr, über'n Strom der Zeit.
Und buhlt mein Lied, auf Weltgunst lauernd, Um schnöden Sold der Eitelkeit: Zerschlag' mein Saitenspiel und schauernd Schweig' ich vor Dir in Ewigkeit.
23
Morgengebet.
O wunderbares, tiefes Schweigen, Wie einſam iſt's noch auf der Welt! Die Waͤlder nur ſich leiſe neigen, Als ging' der Herr durch's ſtille Feld.
Ich fuͤhl' mich recht wie neu geſchaffen, Wo iſt die Sorge nun und Noth? Was mich noch geſtern wollt' erſchlaffen, Ich ſchaͤm' mich deß im Morgenroth.
Die Welt mit ihrem Gram und Gluͤcke Will ich, ein Pilger frohbereit, Betreten nur wie eine Bruͤcke Zu Dir, Herr, uͤber'n Strom der Zeit.
Und buhlt mein Lied, auf Weltgunſt lauernd, Um ſchnoͤden Sold der Eitelkeit: Zerſchlag' mein Saitenſpiel und ſchauernd Schweig' ich vor Dir in Ewigkeit.
23
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0371"n="353"/></div><divn="2"><head><hirendition="#b">Morgengebet.</hi><lb/></head><lgtype="poem"><l><hirendition="#in">O</hi> wunderbares, tiefes Schweigen,</l><lb/><l>Wie einſam iſt's noch auf der Welt!</l><lb/><l>Die Waͤlder nur ſich leiſe neigen,</l><lb/><l>Als ging' der Herr durch's ſtille Feld.</l><lb/></lg><lgtype="poem"><l>Ich fuͤhl' mich recht wie neu geſchaffen,</l><lb/><l>Wo iſt die Sorge nun und Noth?</l><lb/><l>Was mich noch geſtern wollt' erſchlaffen,</l><lb/><l>Ich ſchaͤm' mich deß im Morgenroth.</l><lb/></lg><lgtype="poem"><l>Die Welt mit ihrem Gram und Gluͤcke</l><lb/><l>Will ich, ein Pilger frohbereit,</l><lb/><l>Betreten nur wie eine Bruͤcke</l><lb/><l>Zu Dir, Herr, uͤber'n Strom der Zeit.</l><lb/></lg><lgtype="poem"><l>Und buhlt mein Lied, auf Weltgunſt lauernd,</l><lb/><l>Um ſchnoͤden Sold der Eitelkeit:</l><lb/><l>Zerſchlag' mein Saitenſpiel und ſchauernd</l><lb/><l>Schweig' ich vor Dir in Ewigkeit.</l><lb/></lg><milestonerendition="#hr"unit="section"/><fwplace="bottom"type="sig">23<lb/></fw></div></div></body></text></TEI>
[353/0371]
Morgengebet.
O wunderbares, tiefes Schweigen,
Wie einſam iſt's noch auf der Welt!
Die Waͤlder nur ſich leiſe neigen,
Als ging' der Herr durch's ſtille Feld.
Ich fuͤhl' mich recht wie neu geſchaffen,
Wo iſt die Sorge nun und Noth?
Was mich noch geſtern wollt' erſchlaffen,
Ich ſchaͤm' mich deß im Morgenroth.
Die Welt mit ihrem Gram und Gluͤcke
Will ich, ein Pilger frohbereit,
Betreten nur wie eine Bruͤcke
Zu Dir, Herr, uͤber'n Strom der Zeit.
Und buhlt mein Lied, auf Weltgunſt lauernd,
Um ſchnoͤden Sold der Eitelkeit:
Zerſchlag' mein Saitenſpiel und ſchauernd
Schweig' ich vor Dir in Ewigkeit.
23
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837/371>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.