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Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837.

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Mariä Sehnsucht.
Es ging Maria in den Morgen hinein,
That die Erd' einen lichten Liebesschein,
Und über die fröhlichen, grünen Höh'n,
Sah Sie den bläulichen Himmel still steh'n.
"Ach, hätt' ich ein Brautkleid von Himmelsschein,
Zwei goldene Flüglein -- wie flög' ich hinein!"
Es ging Maria in stiller Nacht,
Die Erde schlief, der Himmel wacht',
Und durch's Herze, wie sie ging und sann und dacht',
Zogen die Sterne mit goldener Pracht.
"Ach, hätt' ich das Brautkleid von Himmelsschein,
Und goldene Sterne gewoben drein!"
Es ging Maria im Garten allein,
Da sangen so lockend bunt' Vögelein,
Und Rosen sah sie im Grünen steh'n,
Viel' rothe und weiße so wunderschön.
"Ach, hätt' ich ein Knäblein, so weiß und roth,
Wie wollt' ich's lieb haben bis in den Tod!"
Nun ist wohl das Brautkleid gewoben gar,
Und goldene Sterne in's dunkele Haar,
Und im Arme die Jungfrau das Knäblein hält,
Hoch über der dunkelerbrausenden Welt,
Und vom Kindlein gehet ein Glänzen aus,
Das ruft uns nur ewig: nach Haus, nach Haus!

Mariaͤ Sehnſucht.
Es ging Maria in den Morgen hinein,
That die Erd' einen lichten Liebesſchein,
Und uͤber die froͤhlichen, gruͤnen Hoͤh'n,
Sah Sie den blaͤulichen Himmel ſtill ſteh'n.
„Ach, haͤtt' ich ein Brautkleid von Himmelsſchein,
Zwei goldene Fluͤglein — wie floͤg' ich hinein!“
Es ging Maria in ſtiller Nacht,
Die Erde ſchlief, der Himmel wacht',
Und durch's Herze, wie ſie ging und ſann und dacht',
Zogen die Sterne mit goldener Pracht.
„Ach, haͤtt' ich das Brautkleid von Himmelsſchein,
Und goldene Sterne gewoben drein!“
Es ging Maria im Garten allein,
Da ſangen ſo lockend bunt' Voͤgelein,
Und Roſen ſah ſie im Gruͤnen ſteh'n,
Viel' rothe und weiße ſo wunderſchoͤn.
„Ach, haͤtt' ich ein Knaͤblein, ſo weiß und roth,
Wie wollt' ich's lieb haben bis in den Tod!“
Nun iſt wohl das Brautkleid gewoben gar,
Und goldene Sterne in's dunkele Haar,
Und im Arme die Jungfrau das Knaͤblein haͤlt,
Hoch uͤber der dunkelerbrauſenden Welt,
Und vom Kindlein gehet ein Glaͤnzen aus,
Das ruft uns nur ewig: nach Haus, nach Haus!

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[341/0359] Mariaͤ Sehnſucht. Es ging Maria in den Morgen hinein, That die Erd' einen lichten Liebesſchein, Und uͤber die froͤhlichen, gruͤnen Hoͤh'n, Sah Sie den blaͤulichen Himmel ſtill ſteh'n. „Ach, haͤtt' ich ein Brautkleid von Himmelsſchein, Zwei goldene Fluͤglein — wie floͤg' ich hinein!“ Es ging Maria in ſtiller Nacht, Die Erde ſchlief, der Himmel wacht', Und durch's Herze, wie ſie ging und ſann und dacht', Zogen die Sterne mit goldener Pracht. „Ach, haͤtt' ich das Brautkleid von Himmelsſchein, Und goldene Sterne gewoben drein!“ Es ging Maria im Garten allein, Da ſangen ſo lockend bunt' Voͤgelein, Und Roſen ſah ſie im Gruͤnen ſteh'n, Viel' rothe und weiße ſo wunderſchoͤn. „Ach, haͤtt' ich ein Knaͤblein, ſo weiß und roth, Wie wollt' ich's lieb haben bis in den Tod!“ Nun iſt wohl das Brautkleid gewoben gar, Und goldene Sterne in's dunkele Haar, Und im Arme die Jungfrau das Knaͤblein haͤlt, Hoch uͤber der dunkelerbrauſenden Welt, Und vom Kindlein gehet ein Glaͤnzen aus, Das ruft uns nur ewig: nach Haus, nach Haus!

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Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837/359>, abgerufen am 21.12.2024.