Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837.Die Einsame. I. Wenn Morgens das fröhliche Licht bricht ein, Tret' ich zum offenen Fensterlein, Draußen geh'n lau die Lüft' auf den Auen, Singen die Lerchen schon hoch im Blauen, Rauschen am Fenster die Bäume gar munter, Zieh'n die Brüder in den Wald hinunter; Und bei dem Sange und Hörnerklange Wird mir immer so bange, bange. Wüßt' ich nur immer wo Du jetzo bist, Würd' mir schon wohler auf kurze Frist. Könntest Du mich nur über die Berge sehen Dein gedenkend im Garten gehen: Dort rauschen die Brunnen jetzt alle so eigen, Die Blumen vor Trauern im Wind sich neigen. Ach! von den Vöglein über die Thale Sei mir gegrüßt viel tausendmale! Du sagtest gar oft wie süß und rein Sind Deine blauen Aeugelein! Jetzo müssen sie immerfort weinen, Da sie nicht finden mehr, was sie meinen. Wird auch der rothe Mund erblassen, Seit Du mich, süßer Buhle, verlassen. Eh Du wohl denkst, kann das Blatt sich wenden, Geht alles gar bald zu seinem Ende. Die Einſame. I. Wenn Morgens das froͤhliche Licht bricht ein, Tret' ich zum offenen Fenſterlein, Draußen geh'n lau die Luͤft' auf den Auen, Singen die Lerchen ſchon hoch im Blauen, Rauſchen am Fenſter die Baͤume gar munter, Zieh'n die Bruͤder in den Wald hinunter; Und bei dem Sange und Hoͤrnerklange Wird mir immer ſo bange, bange. Wuͤßt' ich nur immer wo Du jetzo biſt, Wuͤrd' mir ſchon wohler auf kurze Friſt. Koͤnnteſt Du mich nur uͤber die Berge ſehen Dein gedenkend im Garten gehen: Dort rauſchen die Brunnen jetzt alle ſo eigen, Die Blumen vor Trauern im Wind ſich neigen. Ach! von den Voͤglein uͤber die Thale Sei mir gegruͤßt viel tauſendmale! Du ſagteſt gar oft wie ſuͤß und rein Sind Deine blauen Aeugelein! Jetzo muͤſſen ſie immerfort weinen, Da ſie nicht finden mehr, was ſie meinen. Wird auch der rothe Mund erblaſſen, Seit Du mich, ſuͤßer Buhle, verlaſſen. Eh Du wohl denkſt, kann das Blatt ſich wenden, Geht alles gar bald zu ſeinem Ende. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0313" n="295"/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b #g">Die Einſame</hi> <hi rendition="#b">.</hi><lb/> </head> <lg> <head> <hi rendition="#aq #b">I</hi> <hi rendition="#b">.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">W</hi>enn Morgens das froͤhliche Licht bricht ein,</l><lb/> <l>Tret' ich zum offenen Fenſterlein,</l><lb/> <l>Draußen geh'n lau die Luͤft' auf den Auen,</l><lb/> <l>Singen die Lerchen ſchon hoch im Blauen,</l><lb/> <l>Rauſchen am Fenſter die Baͤume gar munter,</l><lb/> <l>Zieh'n die Bruͤder in den Wald hinunter;</l><lb/> <l>Und bei dem Sange und Hoͤrnerklange</l><lb/> <l>Wird mir immer ſo bange, bange.</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Wuͤßt' ich nur immer wo Du jetzo biſt,</l><lb/> <l>Wuͤrd' mir ſchon wohler auf kurze Friſt.</l><lb/> <l>Koͤnnteſt Du mich nur uͤber die Berge ſehen</l><lb/> <l>Dein gedenkend im Garten gehen:</l><lb/> <l>Dort rauſchen die Brunnen jetzt alle ſo eigen,</l><lb/> <l>Die Blumen vor Trauern im Wind ſich neigen.</l><lb/> <l>Ach! von den Voͤglein uͤber die Thale</l><lb/> <l>Sei mir gegruͤßt viel tauſendmale!</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Du ſagteſt gar oft wie ſuͤß und rein</l><lb/> <l>Sind Deine blauen Aeugelein!</l><lb/> <l>Jetzo muͤſſen ſie immerfort weinen,</l><lb/> <l>Da ſie nicht finden mehr, was ſie meinen.</l><lb/> <l>Wird auch der rothe Mund erblaſſen,</l><lb/> <l>Seit Du mich, ſuͤßer Buhle, verlaſſen.</l><lb/> <l>Eh Du wohl denkſt, kann das Blatt ſich wenden,</l><lb/> <l>Geht alles gar bald zu ſeinem Ende.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [295/0313]
Die Einſame.
I.
Wenn Morgens das froͤhliche Licht bricht ein,
Tret' ich zum offenen Fenſterlein,
Draußen geh'n lau die Luͤft' auf den Auen,
Singen die Lerchen ſchon hoch im Blauen,
Rauſchen am Fenſter die Baͤume gar munter,
Zieh'n die Bruͤder in den Wald hinunter;
Und bei dem Sange und Hoͤrnerklange
Wird mir immer ſo bange, bange.
Wuͤßt' ich nur immer wo Du jetzo biſt,
Wuͤrd' mir ſchon wohler auf kurze Friſt.
Koͤnnteſt Du mich nur uͤber die Berge ſehen
Dein gedenkend im Garten gehen:
Dort rauſchen die Brunnen jetzt alle ſo eigen,
Die Blumen vor Trauern im Wind ſich neigen.
Ach! von den Voͤglein uͤber die Thale
Sei mir gegruͤßt viel tauſendmale!
Du ſagteſt gar oft wie ſuͤß und rein
Sind Deine blauen Aeugelein!
Jetzo muͤſſen ſie immerfort weinen,
Da ſie nicht finden mehr, was ſie meinen.
Wird auch der rothe Mund erblaſſen,
Seit Du mich, ſuͤßer Buhle, verlaſſen.
Eh Du wohl denkſt, kann das Blatt ſich wenden,
Geht alles gar bald zu ſeinem Ende.
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