Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837.An eine Tänzerin. Castagnetten lustig schwingen Seh' ich Dich, Du zierlich Kind! Mit der Locken schwarzen Ringen Spielt der sommerlaue Wind. Künstlich regst Du schöne Glieder, Glühendwild Zärtlichmild Tauchest in Musik Du nieder, Und die Woge hebt Dich wieder. Warum sind so blaß die Wangen, Dunkelfeucht der Augen Glanz, Und ein heimliches Verlangen Schimmert glühend durch den Tanz? Schalkhaft lockend schaust Du nieder, Liebesnacht Süßerwacht, Wollüstig erklingen Lieder -- Schlag nicht so die Augen nieder! Wecke nicht die Zauberlieder In der dunklen Tiefe Schooß, Selbst verzaubert sinkst Du nieder, Und sie lassen Dich nicht los. Tödtlich schlingt sich um die Glieder Sündlich Glüh'n, Und verblüh'n Müssen Schönheit, Tanz und Lieder, Ach, ich kenne Dich nicht wieder! An eine Taͤnzerin. Caſtagnetten luſtig ſchwingen Seh' ich Dich, Du zierlich Kind! Mit der Locken ſchwarzen Ringen Spielt der ſommerlaue Wind. Kuͤnſtlich regſt Du ſchoͤne Glieder, Gluͤhendwild Zaͤrtlichmild Taucheſt in Muſik Du nieder, Und die Woge hebt Dich wieder. Warum ſind ſo blaß die Wangen, Dunkelfeucht der Augen Glanz, Und ein heimliches Verlangen Schimmert gluͤhend durch den Tanz? Schalkhaft lockend ſchauſt Du nieder, Liebesnacht Suͤßerwacht, Wolluͤſtig erklingen Lieder — Schlag nicht ſo die Augen nieder! Wecke nicht die Zauberlieder In der dunklen Tiefe Schooß, Selbſt verzaubert ſinkſt Du nieder, Und ſie laſſen Dich nicht los. Toͤdtlich ſchlingt ſich um die Glieder Suͤndlich Gluͤh'n, Und verbluͤh'n Muͤſſen Schoͤnheit, Tanz und Lieder, Ach, ich kenne Dich nicht wieder! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0284" n="266"/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">An eine Taͤnzerin.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">C</hi>aſtagnetten luſtig ſchwingen</l><lb/> <l>Seh' ich Dich, Du zierlich Kind!</l><lb/> <l>Mit der Locken ſchwarzen Ringen</l><lb/> <l>Spielt der ſommerlaue Wind.</l><lb/> <l>Kuͤnſtlich regſt Du ſchoͤne Glieder,</l><lb/> <l>Gluͤhendwild</l><lb/> <l>Zaͤrtlichmild</l><lb/> <l>Taucheſt in Muſik Du nieder,</l><lb/> <l>Und die Woge hebt Dich wieder.</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Warum ſind ſo blaß die Wangen,</l><lb/> <l>Dunkelfeucht der Augen Glanz,</l><lb/> <l>Und ein heimliches Verlangen</l><lb/> <l>Schimmert gluͤhend durch den Tanz?</l><lb/> <l>Schalkhaft lockend ſchauſt Du nieder,</l><lb/> <l>Liebesnacht</l><lb/> <l>Suͤßerwacht,</l><lb/> <l>Wolluͤſtig erklingen Lieder —</l><lb/> <l>Schlag nicht ſo die Augen nieder!</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Wecke nicht die Zauberlieder</l><lb/> <l>In der dunklen Tiefe Schooß,</l><lb/> <l>Selbſt verzaubert ſinkſt Du nieder,</l><lb/> <l>Und ſie laſſen Dich nicht los.</l><lb/> <l>Toͤdtlich ſchlingt ſich um die Glieder</l><lb/> <l>Suͤndlich Gluͤh'n,</l><lb/> <l>Und verbluͤh'n</l><lb/> <l>Muͤſſen Schoͤnheit, Tanz und Lieder,</l><lb/> <l>Ach, ich kenne Dich nicht wieder!</l><lb/> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [266/0284]
An eine Taͤnzerin.
Caſtagnetten luſtig ſchwingen
Seh' ich Dich, Du zierlich Kind!
Mit der Locken ſchwarzen Ringen
Spielt der ſommerlaue Wind.
Kuͤnſtlich regſt Du ſchoͤne Glieder,
Gluͤhendwild
Zaͤrtlichmild
Taucheſt in Muſik Du nieder,
Und die Woge hebt Dich wieder.
Warum ſind ſo blaß die Wangen,
Dunkelfeucht der Augen Glanz,
Und ein heimliches Verlangen
Schimmert gluͤhend durch den Tanz?
Schalkhaft lockend ſchauſt Du nieder,
Liebesnacht
Suͤßerwacht,
Wolluͤſtig erklingen Lieder —
Schlag nicht ſo die Augen nieder!
Wecke nicht die Zauberlieder
In der dunklen Tiefe Schooß,
Selbſt verzaubert ſinkſt Du nieder,
Und ſie laſſen Dich nicht los.
Toͤdtlich ſchlingt ſich um die Glieder
Suͤndlich Gluͤh'n,
Und verbluͤh'n
Muͤſſen Schoͤnheit, Tanz und Lieder,
Ach, ich kenne Dich nicht wieder!
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