Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837.Der Schalk. Läuten kaum die Mayenglocken Leise durch den lauen Wind, Hebt ein Knabe froh erschrocken Aus dem Grase sich geschwind, Schüttelt in den Blüthenflocken Seine feinen blonden Locken, Schelmisch sinnend wie ein Kind. Und nun wehen Lerchenlieder Und es schlägt die Nachtigall, Rauschend von den Bergen nieder Kommt der kühle Wasserfall, Rings im Walde bunt Gefieder: -- Frühling, Frühling ist es wieder Und ein Jauchzen überall. Und den Knaben hört man schwirren, Gold'ne Fäden zart und lind Durch die Lüfte künstlich wirren -- Und ein süßer Krieg beginnt: Suchen, Fliehen, schmachtend Irren, Bis sich alle hold verwirren. -- O beglücktes Labyrinth! Der Schalk. Laͤuten kaum die Mayenglocken Leiſe durch den lauen Wind, Hebt ein Knabe froh erſchrocken Aus dem Graſe ſich geſchwind, Schuͤttelt in den Bluͤthenflocken Seine feinen blonden Locken, Schelmiſch ſinnend wie ein Kind. Und nun wehen Lerchenlieder Und es ſchlaͤgt die Nachtigall, Rauſchend von den Bergen nieder Kommt der kuͤhle Waſſerfall, Rings im Walde bunt Gefieder: — Fruͤhling, Fruͤhling iſt es wieder Und ein Jauchzen uͤberall. Und den Knaben hoͤrt man ſchwirren, Gold'ne Faͤden zart und lind Durch die Luͤfte kuͤnſtlich wirren — Und ein ſuͤßer Krieg beginnt: Suchen, Fliehen, ſchmachtend Irren, Bis ſich alle hold verwirren. — O begluͤcktes Labyrinth! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0240" n="222"/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b #g">Der Schalk</hi> <hi rendition="#b">.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">L</hi>aͤuten kaum die Mayenglocken</l><lb/> <l>Leiſe durch den lauen Wind,</l><lb/> <l>Hebt ein Knabe froh erſchrocken</l><lb/> <l>Aus dem Graſe ſich geſchwind,</l><lb/> <l>Schuͤttelt in den Bluͤthenflocken</l><lb/> <l>Seine feinen blonden Locken,</l><lb/> <l>Schelmiſch ſinnend wie ein Kind.</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Und nun wehen Lerchenlieder</l><lb/> <l>Und es ſchlaͤgt die Nachtigall,</l><lb/> <l>Rauſchend von den Bergen nieder</l><lb/> <l>Kommt der kuͤhle Waſſerfall,</l><lb/> <l>Rings im Walde bunt Gefieder: —</l><lb/> <l>Fruͤhling, Fruͤhling iſt es wieder</l><lb/> <l>Und ein Jauchzen uͤberall.</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Und den Knaben hoͤrt man ſchwirren,</l><lb/> <l>Gold'ne Faͤden zart und lind</l><lb/> <l>Durch die Luͤfte kuͤnſtlich wirren —</l><lb/> <l>Und ein ſuͤßer Krieg beginnt:</l><lb/> <l>Suchen, Fliehen, ſchmachtend Irren,</l><lb/> <l>Bis ſich alle hold verwirren. —</l><lb/> <l>O begluͤcktes Labyrinth!</l><lb/> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [222/0240]
Der Schalk.
Laͤuten kaum die Mayenglocken
Leiſe durch den lauen Wind,
Hebt ein Knabe froh erſchrocken
Aus dem Graſe ſich geſchwind,
Schuͤttelt in den Bluͤthenflocken
Seine feinen blonden Locken,
Schelmiſch ſinnend wie ein Kind.
Und nun wehen Lerchenlieder
Und es ſchlaͤgt die Nachtigall,
Rauſchend von den Bergen nieder
Kommt der kuͤhle Waſſerfall,
Rings im Walde bunt Gefieder: —
Fruͤhling, Fruͤhling iſt es wieder
Und ein Jauchzen uͤberall.
Und den Knaben hoͤrt man ſchwirren,
Gold'ne Faͤden zart und lind
Durch die Luͤfte kuͤnſtlich wirren —
Und ein ſuͤßer Krieg beginnt:
Suchen, Fliehen, ſchmachtend Irren,
Bis ſich alle hold verwirren. —
O begluͤcktes Labyrinth!
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