Fraue, in den blauen Tagen Hast ein Netz Du ausgehangen, Zart gewebt aus seidnen Haaren, Süßen Worten, weißen Armen.
Und die blauen Augen sprachen, Da ich waldwärts wollte jagen: "Zieh' mir, Schöner, nicht von dannen!" Ach, da war ich Dein Gefangner!
Hörst Du nun den Frühling laden? -- Jägers Waldhorn geht im Walde, Lockend grüßen bunte Flaggen, Nach dem Sänger alle fragen.
Ach! von euch, ihr Frühlings-Fahnen, Kann ich, wie von Dir, nicht lassen! Reisen in den blauen Tagen Muß der Sänger mit dem Klange.
Flügel hat, den Du gefangen -- Alle Schlingen müssen lassen Und er wird Dir weggetragen, Wenn die ersten Lerchen sangen.
Liebst Du, treu dem alten Sange Wie dem Sänger, mich wahrhaftig: Laß' Dein Schloß, den schönen Garten, Führ' Dich heim in Waldesprachten!
Das Zaubernetz.
Fraue, in den blauen Tagen Haſt ein Netz Du ausgehangen, Zart gewebt aus ſeidnen Haaren, Suͤßen Worten, weißen Armen.
Und die blauen Augen ſprachen, Da ich waldwaͤrts wollte jagen: „Zieh' mir, Schoͤner, nicht von dannen!“ Ach, da war ich Dein Gefangner!
Hoͤrſt Du nun den Fruͤhling laden? — Jaͤgers Waldhorn geht im Walde, Lockend gruͤßen bunte Flaggen, Nach dem Saͤnger alle fragen.
Ach! von euch, ihr Fruͤhlings-Fahnen, Kann ich, wie von Dir, nicht laſſen! Reiſen in den blauen Tagen Muß der Saͤnger mit dem Klange.
Fluͤgel hat, den Du gefangen — Alle Schlingen muͤſſen laſſen Und er wird Dir weggetragen, Wenn die erſten Lerchen ſangen.
Liebſt Du, treu dem alten Sange Wie dem Saͤnger, mich wahrhaftig: Laß' Dein Schloß, den ſchoͤnen Garten, Fuͤhr' Dich heim in Waldesprachten!
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Das Zaubernetz.
Fraue, in den blauen Tagen
Haſt ein Netz Du ausgehangen,
Zart gewebt aus ſeidnen Haaren,
Suͤßen Worten, weißen Armen.
Und die blauen Augen ſprachen,
Da ich waldwaͤrts wollte jagen:
„Zieh' mir, Schoͤner, nicht von dannen!“
Ach, da war ich Dein Gefangner!
Hoͤrſt Du nun den Fruͤhling laden? —
Jaͤgers Waldhorn geht im Walde,
Lockend gruͤßen bunte Flaggen,
Nach dem Saͤnger alle fragen.
Ach! von euch, ihr Fruͤhlings-Fahnen,
Kann ich, wie von Dir, nicht laſſen!
Reiſen in den blauen Tagen
Muß der Saͤnger mit dem Klange.
Fluͤgel hat, den Du gefangen —
Alle Schlingen muͤſſen laſſen
Und er wird Dir weggetragen,
Wenn die erſten Lerchen ſangen.
Liebſt Du, treu dem alten Sange
Wie dem Saͤnger, mich wahrhaftig:
Laß' Dein Schloß, den ſchoͤnen Garten,
Fuͤhr' Dich heim in Waldesprachten!
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Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837/238>, abgerufen am 26.02.2025.
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