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Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837.

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VI.
Der alte Held.

(Tafellied zu Goethe's Geburtstag 1831.)

"Ich habe gewagt und gesungen,
Da die Welt noch stumm lag und bleich,
Ich habe den Bann bezwungen,
Der die schöne Braut hielt umschlungen,
Ich habe erobert das Reich."
"Ich habe geforscht und ergründet
Und that es euch treulich kund:
Was das Leben dunkel verkündet,
Die heilige Schrift, die entzündet,
Der Herr in der Seelen Grund."
"Wie rauschen nun Wälder und Quellen
Und singen vom ewigen Port:
Schon seh' ich Morgenroth schwellen,
Und ihr dort, ihr jungen Gesellen,
Fahrt immer immerfort!"
Und so, wenn es still geworden,
Schaut er vom Thurm bei Nacht
Und segnet den Sänger-Orden,
Der an den blühenden Borden
Das schöne Reich bewacht.
Dort hat er nach Lust und Streiten
Das Panner aufgestellt,
Und die auf dem Strome der Zeiten
Am Felsen vorübergleiten,
Sie grüßen den alten Held.
VI.
Der alte Held.

(Tafellied zu Goethe's Geburtstag 1831.)

„Ich habe gewagt und geſungen,
Da die Welt noch ſtumm lag und bleich,
Ich habe den Bann bezwungen,
Der die ſchoͤne Braut hielt umſchlungen,
Ich habe erobert das Reich.“
„Ich habe geforſcht und ergruͤndet
Und that es euch treulich kund:
Was das Leben dunkel verkuͤndet,
Die heilige Schrift, die entzuͤndet,
Der Herr in der Seelen Grund.“
„Wie rauſchen nun Waͤlder und Quellen
Und ſingen vom ewigen Port:
Schon ſeh' ich Morgenroth ſchwellen,
Und ihr dort, ihr jungen Geſellen,
Fahrt immer immerfort!“
Und ſo, wenn es ſtill geworden,
Schaut er vom Thurm bei Nacht
Und ſegnet den Saͤnger-Orden,
Der an den bluͤhenden Borden
Das ſchoͤne Reich bewacht.
Dort hat er nach Luſt und Streiten
Das Panner aufgeſtellt,
Und die auf dem Strome der Zeiten
Am Felſen voruͤbergleiten,
Sie gruͤßen den alten Held.
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[196/0214] VI. Der alte Held. (Tafellied zu Goethe's Geburtstag 1831.) „Ich habe gewagt und geſungen, Da die Welt noch ſtumm lag und bleich, Ich habe den Bann bezwungen, Der die ſchoͤne Braut hielt umſchlungen, Ich habe erobert das Reich.“ „Ich habe geforſcht und ergruͤndet Und that es euch treulich kund: Was das Leben dunkel verkuͤndet, Die heilige Schrift, die entzuͤndet, Der Herr in der Seelen Grund.“ „Wie rauſchen nun Waͤlder und Quellen Und ſingen vom ewigen Port: Schon ſeh' ich Morgenroth ſchwellen, Und ihr dort, ihr jungen Geſellen, Fahrt immer immerfort!“ Und ſo, wenn es ſtill geworden, Schaut er vom Thurm bei Nacht Und ſegnet den Saͤnger-Orden, Der an den bluͤhenden Borden Das ſchoͤne Reich bewacht. Dort hat er nach Luſt und Streiten Das Panner aufgeſtellt, Und die auf dem Strome der Zeiten Am Felſen voruͤbergleiten, Sie gruͤßen den alten Held.

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Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837/214>, abgerufen am 21.11.2024.