Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837.An Philipp. (Nach einer Wiener Redouten-Melodie.) Kennst Du noch den Zaubersaal, Wo süß' Melodieen wehen, Zwischen Sternen ohne Zahl Frauen auf und nieder gehen? Kennst Du noch den Strom von Tönen, Der sich durch die bunten Reihen schlang, Von noch unbekannten Schönen Und von fernen blauen Bergen sang? Sieh! die lichte Pracht erneut Fröhlich sich in allen Jahren, Doch die Brüder sind zerstreut, Die dort froh beisammen waren. Und der Blick wird irre schweifen, Einsam stehst Du nun in Pracht und Scherz, Und die alten Töne greifen Dir mit tausend Schmerzen an das Herz. Uhren schlagen durch die Nacht, Drein verschlafne Geigen streichen, Aus dem Saale, überwacht, Sich die letzten Paare schleichen. So ist unser Fest vergangen, Und die lust'gen Kerzen löschen aus, Doch die Sterne draußen prangen, Und die führen mich und Dich nach Haus. An Philipp. (Nach einer Wiener Redouten-Melodie.) Kennſt Du noch den Zauberſaal, Wo ſuͤß' Melodieen wehen, Zwiſchen Sternen ohne Zahl Frauen auf und nieder gehen? Kennſt Du noch den Strom von Toͤnen, Der ſich durch die bunten Reihen ſchlang, Von noch unbekannten Schoͤnen Und von fernen blauen Bergen ſang? Sieh! die lichte Pracht erneut Froͤhlich ſich in allen Jahren, Doch die Bruͤder ſind zerſtreut, Die dort froh beiſammen waren. Und der Blick wird irre ſchweifen, Einſam ſtehſt Du nun in Pracht und Scherz, Und die alten Toͤne greifen Dir mit tauſend Schmerzen an das Herz. Uhren ſchlagen durch die Nacht, Drein verſchlafne Geigen ſtreichen, Aus dem Saale, uͤberwacht, Sich die letzten Paare ſchleichen. So iſt unſer Feſt vergangen, Und die luſt'gen Kerzen loͤſchen aus, Doch die Sterne draußen prangen, Und die fuͤhren mich und Dich nach Haus. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0204" n="186"/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b #g">An Philipp</hi> <hi rendition="#b">.</hi><lb/> </head> <argument> <p rendition="#c">(Nach einer Wiener Redouten-Melodie.)</p> </argument><lb/> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">K</hi>ennſt Du noch den Zauberſaal,</l><lb/> <l>Wo ſuͤß' Melodieen wehen,</l><lb/> <l>Zwiſchen Sternen ohne Zahl</l><lb/> <l>Frauen auf und nieder gehen?</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Kennſt Du noch den Strom von Toͤnen,</l><lb/> <l>Der ſich durch die bunten Reihen ſchlang,</l><lb/> <l>Von noch unbekannten Schoͤnen</l><lb/> <l>Und von fernen blauen Bergen ſang?</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Sieh! die lichte Pracht erneut</l><lb/> <l>Froͤhlich ſich in allen Jahren,</l><lb/> <l>Doch die Bruͤder ſind zerſtreut,</l><lb/> <l>Die dort froh beiſammen waren.</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Und der Blick wird irre ſchweifen,</l><lb/> <l>Einſam ſtehſt Du nun in Pracht und Scherz,</l><lb/> <l>Und die alten Toͤne greifen</l><lb/> <l>Dir mit tauſend Schmerzen an das Herz.</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Uhren ſchlagen durch die Nacht,</l><lb/> <l>Drein verſchlafne Geigen ſtreichen,</l><lb/> <l>Aus dem Saale, uͤberwacht,</l><lb/> <l>Sich die letzten Paare ſchleichen.</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>So iſt unſer Feſt vergangen,</l><lb/> <l>Und die luſt'gen Kerzen loͤſchen aus,</l><lb/> <l>Doch die Sterne draußen prangen,</l><lb/> <l>Und die fuͤhren mich und Dich nach Haus.</l><lb/> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [186/0204]
An Philipp.
(Nach einer Wiener Redouten-Melodie.)
Kennſt Du noch den Zauberſaal,
Wo ſuͤß' Melodieen wehen,
Zwiſchen Sternen ohne Zahl
Frauen auf und nieder gehen?
Kennſt Du noch den Strom von Toͤnen,
Der ſich durch die bunten Reihen ſchlang,
Von noch unbekannten Schoͤnen
Und von fernen blauen Bergen ſang?
Sieh! die lichte Pracht erneut
Froͤhlich ſich in allen Jahren,
Doch die Bruͤder ſind zerſtreut,
Die dort froh beiſammen waren.
Und der Blick wird irre ſchweifen,
Einſam ſtehſt Du nun in Pracht und Scherz,
Und die alten Toͤne greifen
Dir mit tauſend Schmerzen an das Herz.
Uhren ſchlagen durch die Nacht,
Drein verſchlafne Geigen ſtreichen,
Aus dem Saale, uͤberwacht,
Sich die letzten Paare ſchleichen.
So iſt unſer Feſt vergangen,
Und die luſt'gen Kerzen loͤſchen aus,
Doch die Sterne draußen prangen,
Und die fuͤhren mich und Dich nach Haus.
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