Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837.Gebet . 1810. Was soll ich, auf Gott nur bauend, Schlechter sein, als all' die Andern, Die, so wohlbehaglich schauend, Froh dem eigenen Nichts vertrauend, Die gemeine Straße wandern? Warum gabst Du mir die Güte, Die Gedanken himmelwärts, Und ein ritterlich Gemüthe, Das die Treue heilig hüte In der Zeit treulosem Scherz? Was hast Du mich blank gerüstet, Wenn mein Volk mich nicht begehrt, Keinem mehr nach Freiheit lüstet, Daß mein Herz, betrübt, verwüstet, Nur dem Grabe zugekehrt? -- Laß die Ketten mich zerschlagen, Frei zum schönen Gottesstreit Deine hellen Waffen tragen, Fröhlich beten, herrlich wagen, Gieb zur Kraft die Freudigkeit! Gebet . 1810. Was ſoll ich, auf Gott nur bauend, Schlechter ſein, als all' die Andern, Die, ſo wohlbehaglich ſchauend, Froh dem eigenen Nichts vertrauend, Die gemeine Straße wandern? Warum gabſt Du mir die Guͤte, Die Gedanken himmelwaͤrts, Und ein ritterlich Gemuͤthe, Das die Treue heilig huͤte In der Zeit treuloſem Scherz? Was haſt Du mich blank geruͤſtet, Wenn mein Volk mich nicht begehrt, Keinem mehr nach Freiheit luͤſtet, Daß mein Herz, betruͤbt, verwuͤſtet, Nur dem Grabe zugekehrt? — Laß die Ketten mich zerſchlagen, Frei zum ſchoͤnen Gottesſtreit Deine hellen Waffen tragen, Froͤhlich beten, herrlich wagen, Gieb zur Kraft die Freudigkeit! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0172" n="154"/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b #g">Gebet</hi> <hi rendition="#b">.<lb/> 1810.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">W</hi>as ſoll ich, auf Gott nur bauend,</l><lb/> <l>Schlechter ſein, als all' die Andern,</l><lb/> <l>Die, ſo wohlbehaglich ſchauend,</l><lb/> <l>Froh dem eigenen Nichts vertrauend,</l><lb/> <l>Die gemeine Straße wandern?</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Warum gabſt Du mir die Guͤte,</l><lb/> <l>Die Gedanken himmelwaͤrts,</l><lb/> <l>Und ein ritterlich Gemuͤthe,</l><lb/> <l>Das die Treue heilig huͤte</l><lb/> <l>In der Zeit treuloſem Scherz?</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Was haſt Du mich blank geruͤſtet,</l><lb/> <l>Wenn mein Volk mich nicht begehrt,</l><lb/> <l>Keinem mehr nach Freiheit luͤſtet,</l><lb/> <l>Daß mein Herz, betruͤbt, verwuͤſtet,</l><lb/> <l>Nur dem Grabe zugekehrt? —</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Laß die Ketten mich zerſchlagen,</l><lb/> <l>Frei zum ſchoͤnen Gottesſtreit</l><lb/> <l>Deine hellen Waffen tragen,</l><lb/> <l>Froͤhlich beten, herrlich wagen,</l><lb/> <l>Gieb zur Kraft die Freudigkeit!</l><lb/> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [154/0172]
Gebet .
1810.
Was ſoll ich, auf Gott nur bauend,
Schlechter ſein, als all' die Andern,
Die, ſo wohlbehaglich ſchauend,
Froh dem eigenen Nichts vertrauend,
Die gemeine Straße wandern?
Warum gabſt Du mir die Guͤte,
Die Gedanken himmelwaͤrts,
Und ein ritterlich Gemuͤthe,
Das die Treue heilig huͤte
In der Zeit treuloſem Scherz?
Was haſt Du mich blank geruͤſtet,
Wenn mein Volk mich nicht begehrt,
Keinem mehr nach Freiheit luͤſtet,
Daß mein Herz, betruͤbt, verwuͤſtet,
Nur dem Grabe zugekehrt? —
Laß die Ketten mich zerſchlagen,
Frei zum ſchoͤnen Gottesſtreit
Deine hellen Waffen tragen,
Froͤhlich beten, herrlich wagen,
Gieb zur Kraft die Freudigkeit!
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