Laß, mein Herz, das bange Trauern Um vergang'nes Erdenglück, Ach, von diesen Felsenmauern Schweifet nur umsonst der Blick!
Sind denn alle fortgegangen: Jugend, Sang und Frühlingslust? Lassen, scheidend, nur Verlangen Einsam mir in meiner Brust?
Vöglein hoch in Lüften reisen, Schiffe fahren auf der See, Ihre Seegel, ihre Weisen Mehren nur des Herzens Weh.
Ist vorbei das bunte Ziehen, Lustig über Berg und Kluft, Wenn die Bilder wechselnd fliehen, Waldhorn immer weiter ruft?
Soll die Lieb' auf sonn'gen Matten Nicht mehr bau'n ihr prächtig Zelt, Uebergolden Wald und Schatten Und die weite, schöne Welt? --
Laß das Bangen, laß das Trauern, Helle wieder nur den Blick! Fern von dieser Felsen Mauern, Blüht Dir noch gar manches Glück!
Laß das Trauern.
Laß, mein Herz, das bange Trauern Um vergang'nes Erdengluͤck, Ach, von dieſen Felſenmauern Schweifet nur umſonſt der Blick!
Sind denn alle fortgegangen: Jugend, Sang und Fruͤhlingsluſt? Laſſen, ſcheidend, nur Verlangen Einſam mir in meiner Bruſt?
Voͤglein hoch in Luͤften reiſen, Schiffe fahren auf der See, Ihre Seegel, ihre Weiſen Mehren nur des Herzens Weh.
Iſt vorbei das bunte Ziehen, Luſtig uͤber Berg und Kluft, Wenn die Bilder wechſelnd fliehen, Waldhorn immer weiter ruft?
Soll die Lieb' auf ſonn'gen Matten Nicht mehr bau'n ihr praͤchtig Zelt, Uebergolden Wald und Schatten Und die weite, ſchoͤne Welt? —
Laß das Bangen, laß das Trauern, Helle wieder nur den Blick! Fern von dieſer Felſen Mauern, Bluͤht Dir noch gar manches Gluͤck!
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Laß das Trauern.
Laß, mein Herz, das bange Trauern
Um vergang'nes Erdengluͤck,
Ach, von dieſen Felſenmauern
Schweifet nur umſonſt der Blick!
Sind denn alle fortgegangen:
Jugend, Sang und Fruͤhlingsluſt?
Laſſen, ſcheidend, nur Verlangen
Einſam mir in meiner Bruſt?
Voͤglein hoch in Luͤften reiſen,
Schiffe fahren auf der See,
Ihre Seegel, ihre Weiſen
Mehren nur des Herzens Weh.
Iſt vorbei das bunte Ziehen,
Luſtig uͤber Berg und Kluft,
Wenn die Bilder wechſelnd fliehen,
Waldhorn immer weiter ruft?
Soll die Lieb' auf ſonn'gen Matten
Nicht mehr bau'n ihr praͤchtig Zelt,
Uebergolden Wald und Schatten
Und die weite, ſchoͤne Welt? —
Laß das Bangen, laß das Trauern,
Helle wieder nur den Blick!
Fern von dieſer Felſen Mauern,
Bluͤht Dir noch gar manches Gluͤck!
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Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837/104>, abgerufen am 03.07.2024.
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