Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

zu solchem Glück und solcher Herzensfreude, als ich
auf dem nächsten hier gefunden habe."

Fortunat legte den Brief mit ganz eignen Em¬
pfindungen zusammen, es war ihm, als stände er tief
im stillen Abendroth. Vor ihm aber stand Otto mit
Lothario'n an dem Abhang und schaute trunken in die
Ferne, in die er nun bald hinausziehen sollte.


Dreizehntes Kapitel.

Und wo noch kein Wandrer gegangen,
Hoch über Jäger und Roß
Die Felsen im Abendroth hangen
Als wie ein Wolkenschloß.
Dort zwischen den Zinnen und Spitzen
Von wilden Nelken umblüht,
Die schönen Waldfrauen sitzen
Und singen im Wind ihr Lied.
Der Jäger schaut nach dem Schlosse:
Die droben das ist mein Lieb! --
Er sprang vom scheuenden Rosse,
Weiß keiner, wo er blieb.

So sang Lothario, auf einer Waldhöh' auf
seine Büchse gestützt. Fortunat trat zu ihm herauf,

zu ſolchem Gluͤck und ſolcher Herzensfreude, als ich
auf dem naͤchſten hier gefunden habe.“

Fortunat legte den Brief mit ganz eignen Em¬
pfindungen zuſammen, es war ihm, als ſtaͤnde er tief
im ſtillen Abendroth. Vor ihm aber ſtand Otto mit
Lothario'n an dem Abhang und ſchaute trunken in die
Ferne, in die er nun bald hinausziehen ſollte.


Dreizehntes Kapitel.

Und wo noch kein Wandrer gegangen,
Hoch uͤber Jaͤger und Roß
Die Felſen im Abendroth hangen
Als wie ein Wolkenſchloß.
Dort zwiſchen den Zinnen und Spitzen
Von wilden Nelken umbluͤht,
Die ſchoͤnen Waldfrauen ſitzen
Und ſingen im Wind ihr Lied.
Der Jaͤger ſchaut nach dem Schloſſe:
Die droben das iſt mein Lieb! —
Er ſprang vom ſcheuenden Roſſe,
Weiß keiner, wo er blieb.

So ſang Lothario, auf einer Waldhoͤh' auf
ſeine Buͤchſe geſtuͤtzt. Fortunat trat zu ihm herauf,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0177" n="170"/>
zu &#x017F;olchem Glu&#x0364;ck und &#x017F;olcher Herzensfreude, als ich<lb/>
auf dem na&#x0364;ch&#x017F;ten hier gefunden habe.&#x201C;</p><lb/>
          <p>Fortunat legte den Brief mit ganz eignen Em¬<lb/>
pfindungen zu&#x017F;ammen, es war ihm, als &#x017F;ta&#x0364;nde er tief<lb/>
im &#x017F;tillen Abendroth. Vor ihm aber &#x017F;tand Otto mit<lb/>
Lothario'n an dem Abhang und &#x017F;chaute trunken in die<lb/>
Ferne, in die er nun bald hinausziehen &#x017F;ollte.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </div>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">Dreizehntes Kapitel</hi>.</hi><lb/>
          </head>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l rendition="#et">Und wo noch kein Wandrer gegangen,</l><lb/>
              <l>Hoch u&#x0364;ber Ja&#x0364;ger und Roß</l><lb/>
              <l>Die Fel&#x017F;en im Abendroth hangen</l><lb/>
              <l>Als wie ein Wolken&#x017F;chloß.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="2">
              <l rendition="#et">Dort zwi&#x017F;chen den Zinnen und Spitzen</l><lb/>
              <l>Von wilden Nelken umblu&#x0364;ht,</l><lb/>
              <l>Die &#x017F;cho&#x0364;nen Waldfrauen &#x017F;itzen</l><lb/>
              <l>Und &#x017F;ingen im Wind ihr Lied.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="3">
              <l rendition="#et">Der Ja&#x0364;ger &#x017F;chaut nach dem Schlo&#x017F;&#x017F;e:</l><lb/>
              <l>Die droben das i&#x017F;t mein Lieb! &#x2014;</l><lb/>
              <l>Er &#x017F;prang vom &#x017F;cheuenden Ro&#x017F;&#x017F;e,</l><lb/>
              <l>Weiß keiner, wo er blieb.</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
          <p>So &#x017F;ang <hi rendition="#g">Lothario</hi>, auf einer Waldho&#x0364;h' auf<lb/>
&#x017F;eine Bu&#x0364;ch&#x017F;e ge&#x017F;tu&#x0364;tzt. <hi rendition="#g">Fortunat</hi> trat zu ihm herauf,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[170/0177] zu ſolchem Gluͤck und ſolcher Herzensfreude, als ich auf dem naͤchſten hier gefunden habe.“ Fortunat legte den Brief mit ganz eignen Em¬ pfindungen zuſammen, es war ihm, als ſtaͤnde er tief im ſtillen Abendroth. Vor ihm aber ſtand Otto mit Lothario'n an dem Abhang und ſchaute trunken in die Ferne, in die er nun bald hinausziehen ſollte. Dreizehntes Kapitel. Und wo noch kein Wandrer gegangen, Hoch uͤber Jaͤger und Roß Die Felſen im Abendroth hangen Als wie ein Wolkenſchloß. Dort zwiſchen den Zinnen und Spitzen Von wilden Nelken umbluͤht, Die ſchoͤnen Waldfrauen ſitzen Und ſingen im Wind ihr Lied. Der Jaͤger ſchaut nach dem Schloſſe: Die droben das iſt mein Lieb! — Er ſprang vom ſcheuenden Roſſe, Weiß keiner, wo er blieb. So ſang Lothario, auf einer Waldhoͤh' auf ſeine Buͤchſe geſtuͤtzt. Fortunat trat zu ihm herauf,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834/177
Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834/177>, abgerufen am 21.12.2024.