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Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815.

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schlich, das war ich, der auf jener Redoute -- hier
hielt er inne. -- Betrügerisch, verbuhlt, falsch und
erbärmlich bin ich ganz, fuhr er weiter fort. Der
Mäßigung, der Gerechtigkeit, der großen, schönen
Entwürfe und was wir da zusammen beschlossen,
geschrieben und besprochen, dem bin ich nicht ge¬
wachsen, sondern im Innersten voller Neid, daß
ich's nicht bin. Es war mir nie Ernst damit und
mit nichts in der Welt. -- Ach, daß Gott sich mei¬
ner erbarme! -- Hiebey zerriß er sein Gedicht in
kleine Stückchen wie ein Kind, und weinte fast.
Friedrich, wie aus den Wolken gefallen, sprach kein
einziges Wort der Liebe und Tröstung, sondern,
die Brust voll Schmerzen und kalt wandte er sich
zum offenen Fenster von dem gefallenen Fürsten,
der nicht einmal ein Mann seyn konnte.


Siebenzehntes Kapitel.

Rosa saß frühmorgens am Putztische und er¬
zählte ihrem Kammermädchen folgenden Traum, den
sie heut Nacht gehabt: Ich stand zu Hause in mei¬
ner Heymath im Garten. Der Garten war noch
ganz so, wie er ehedem gewesen, ich erinnere mich
wohl, mit allen den Alleen, Gängen und Figuren
aus Buxbaum. Ich selber war klein wie damals,

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ſchlich, das war ich, der auf jener Redoute — hier
hielt er inne. — Betrügeriſch, verbuhlt, falſch und
erbärmlich bin ich ganz, fuhr er weiter fort. Der
Mäßigung, der Gerechtigkeit, der großen, ſchönen
Entwürfe und was wir da zuſammen beſchloſſen,
geſchrieben und beſprochen, dem bin ich nicht ge¬
wachſen, ſondern im Innerſten voller Neid, daß
ich's nicht bin. Es war mir nie Ernſt damit und
mit nichts in der Welt. — Ach, daß Gott ſich mei¬
ner erbarme! — Hiebey zerriß er ſein Gedicht in
kleine Stückchen wie ein Kind, und weinte faſt.
Friedrich, wie aus den Wolken gefallen, ſprach kein
einziges Wort der Liebe und Tröſtung, ſondern,
die Bruſt voll Schmerzen und kalt wandte er ſich
zum offenen Fenſter von dem gefallenen Fürſten,
der nicht einmal ein Mann ſeyn konnte.


Siebenzehntes Kapitel.

Roſa ſaß frühmorgens am Putztiſche und er¬
zählte ihrem Kammermädchen folgenden Traum, den
ſie heut Nacht gehabt: Ich ſtand zu Hauſe in mei¬
ner Heymath im Garten. Der Garten war noch
ganz ſo, wie er ehedem geweſen, ich erinnere mich
wohl, mit allen den Alleen, Gängen und Figuren
aus Buxbaum. Ich ſelber war klein wie damals,

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[305/0311] ſchlich, das war ich, der auf jener Redoute — hier hielt er inne. — Betrügeriſch, verbuhlt, falſch und erbärmlich bin ich ganz, fuhr er weiter fort. Der Mäßigung, der Gerechtigkeit, der großen, ſchönen Entwürfe und was wir da zuſammen beſchloſſen, geſchrieben und beſprochen, dem bin ich nicht ge¬ wachſen, ſondern im Innerſten voller Neid, daß ich's nicht bin. Es war mir nie Ernſt damit und mit nichts in der Welt. — Ach, daß Gott ſich mei¬ ner erbarme! — Hiebey zerriß er ſein Gedicht in kleine Stückchen wie ein Kind, und weinte faſt. Friedrich, wie aus den Wolken gefallen, ſprach kein einziges Wort der Liebe und Tröſtung, ſondern, die Bruſt voll Schmerzen und kalt wandte er ſich zum offenen Fenſter von dem gefallenen Fürſten, der nicht einmal ein Mann ſeyn konnte. Siebenzehntes Kapitel. Roſa ſaß frühmorgens am Putztiſche und er¬ zählte ihrem Kammermädchen folgenden Traum, den ſie heut Nacht gehabt: Ich ſtand zu Hauſe in mei¬ ner Heymath im Garten. Der Garten war noch ganz ſo, wie er ehedem geweſen, ich erinnere mich wohl, mit allen den Alleen, Gängen und Figuren aus Buxbaum. Ich ſelber war klein wie damals, 20

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Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_ahnung_1815/311>, abgerufen am 21.11.2024.