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Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815.

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der Gräfin zu wetteifern, arbeitete in ihrer Seele.
Friedrich drückte das schöne trostlose Mädchen an
sich. Da fiel sie ihm schnell und heftig um den
Hals und sagte aus Grund der Seele: mein lieber
Mann! Es war das erstemal in seinem Leben, daß
sie ihn so genannt hatte.

Es kamen so eben mehrere andere hinzu und
alles fieng an Abschied zu nehmen und auseinander
zu geh'n; er konnte nichts mehr mit ihr sprechen.
Noch im Weggeh'n trat der Minister zu ihm und
fragte ihn, wie es ihm hier gefallen habe? Er
antwortete mit einer zweydeutigen Höflichkeit. Der
Minister sah ihn ernsthaft und ausforschend an und
gieng fort. Friedrich aber eilte durch die nächtliche
Stadt seiner Wohnung zu. Ein rauher Wind gieng
durch die Strassen. Er hatte sich noch nie so unbe¬
haglich, leer und müde gefühlt.


Dreyzehntes Kapitel.

Es war ein schöner Herbstmorgen, da ritt Frie¬
drich eine von den langen Strassen-Alleen hinun¬
ter, die von der Residenz ins Land hinausführten.
Er hatte es schon längst der schönen Gräfin Roma¬
na versprechen müssen, sie auf ihrem Landguthe,
das einige Meilen von der Stadt entfernt lag, zu
besuchen, und der blaue Himmel hatte ihn heute

der Gräfin zu wetteifern, arbeitete in ihrer Seele.
Friedrich drückte das ſchöne troſtloſe Mädchen an
ſich. Da fiel ſie ihm ſchnell und heftig um den
Hals und ſagte aus Grund der Seele: mein lieber
Mann! Es war das erſtemal in ſeinem Leben, daß
ſie ihn ſo genannt hatte.

Es kamen ſo eben mehrere andere hinzu und
alles fieng an Abſchied zu nehmen und auseinander
zu geh'n; er konnte nichts mehr mit ihr ſprechen.
Noch im Weggeh'n trat der Miniſter zu ihm und
fragte ihn, wie es ihm hier gefallen habe? Er
antwortete mit einer zweydeutigen Höflichkeit. Der
Miniſter ſah ihn ernſthaft und ausforſchend an und
gieng fort. Friedrich aber eilte durch die nächtliche
Stadt ſeiner Wohnung zu. Ein rauher Wind gieng
durch die Straſſen. Er hatte ſich noch nie ſo unbe¬
haglich, leer und müde gefühlt.


Dreyzehntes Kapitel.

Es war ein ſchöner Herbſtmorgen, da ritt Frie¬
drich eine von den langen Straſſen-Alleen hinun¬
ter, die von der Reſidenz ins Land hinausführten.
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na verſprechen müſſen, ſie auf ihrem Landguthe,
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[226/0232] der Gräfin zu wetteifern, arbeitete in ihrer Seele. Friedrich drückte das ſchöne troſtloſe Mädchen an ſich. Da fiel ſie ihm ſchnell und heftig um den Hals und ſagte aus Grund der Seele: mein lieber Mann! Es war das erſtemal in ſeinem Leben, daß ſie ihn ſo genannt hatte. Es kamen ſo eben mehrere andere hinzu und alles fieng an Abſchied zu nehmen und auseinander zu geh'n; er konnte nichts mehr mit ihr ſprechen. Noch im Weggeh'n trat der Miniſter zu ihm und fragte ihn, wie es ihm hier gefallen habe? Er antwortete mit einer zweydeutigen Höflichkeit. Der Miniſter ſah ihn ernſthaft und ausforſchend an und gieng fort. Friedrich aber eilte durch die nächtliche Stadt ſeiner Wohnung zu. Ein rauher Wind gieng durch die Straſſen. Er hatte ſich noch nie ſo unbe¬ haglich, leer und müde gefühlt. Dreyzehntes Kapitel. Es war ein ſchöner Herbſtmorgen, da ritt Frie¬ drich eine von den langen Straſſen-Alleen hinun¬ ter, die von der Reſidenz ins Land hinausführten. Er hatte es ſchon längſt der ſchönen Gräfin Roma¬ na verſprechen müſſen, ſie auf ihrem Landguthe, das einige Meilen von der Stadt entfernt lag, zu beſuchen, und der blaue Himmel hatte ihn heute

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Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_ahnung_1815/232>, abgerufen am 03.12.2024.